Das Geheimprojekt: die Ausrottung der weißen, grauhaarigen, alten Männer

Agentin A, wie ist Ihr Fortschritt?

Erhabene Meisterin, heute waren es sechsundneunzig.

Sechsundneunzig?

Ich hatte heute Mittag eine kostenlose Filmvorführung von “Ritter der Kokosnuss” organisiert. Jeder erhielt ein Gummischwert mit Eisenkern. Vierundvierzig starben mit dem Satz “Ist doch nur eine Fleischwunde” auf den Lippen. Die Restlichen hielten das für den “Tödlichsten Witz der Menschheitsgeschichte” und erstickten an ihrem Lachen.

Sehr gut, sehr gut.

Zusätzlich organisierte ich noch ausschließlich für Erz-Boomer-Kleriker “Das Leben des Brians”. Die kamen, sahen und regten sich wie erwartet über Gebühr auf und gingen mit Herzinfarkt über die Wupper. Siebenundneunzig. Die Hartnäckigen, die während jenem Film eingeschlafen waren, erhielten noch im Anschluss den Film “The last Temptation of Christ”. Sechs wirklich Hartgesottene überlebten allerdings auch dieses, ich konnte denen noch heimlich iranische Pässe in die Soutane stecken. Am Ausgang wartete bereits die Polizei und hat jene aufgrund Kindesmissbrauchsvergehen einkassiert. Die Priester wurden direkt mit Tatvorwurfsbeschreibung in neun Sprachen in ein Flugzeug nach Teheran abgeschoben.

Agentin A, hört sich gut an, weitermachen. Agent B, was sind Ihre Ergebnisse.

Erhabene Meisterin, ich habe heute eine Vorlesung über das Thema “Haben und Sein” durchgeführt. Inmitten der Vorlesung ließ ich einen Mitverschwörer auf der Bühne den Ausruf “Okay, Boomer” tätigen. Ca. 75% der Zuhörer starben an Schnappatmung. Der Rest lachte anfangs noch, wurde dann aber mit wohldosiertem “Jaja, ihr Baby-Boomer” erledigt.

Agent B, seht gut. Kommt morgen die AKW-Bewegung dran?

Ja, ich habe festgestellt, dass hier die Dichte der Boomer und Baby-Boomer am höchsten ist. Wir werden denen das Gesetz über die Laufzeitverlängerungen vorlesen. Zudem erklären wir denen noch den Nutzen von Braunkohlekraftwerken, Panzern und anderen grünen Entscheidungen. Zu erwartende Herzinfarktrate wird bei 78% liegen. Die restlichen 22 Prozent erledigen wird mittels Unwirksamkeitsstudien von Globuli, Friedensdemos und vegetarischem Veganismus in Zeiten von Weber-Grill-Kugeln. Beim zu erwartenden Handgemenge ist mit Gewalt zwischen Zuhörern zu rechnen, da die sich eh nicht alle grüne sind.

Agent B, Handgemenge sind nicht effizient. Bitte ergänzen Sie die Maßnahmen mit mehr Effektivität. Verteilen Sie vor dem Vortrag noch bitte Brieföffner und Schwiegermütter.

Schwiegermütter?

Wirkt immer, bei diesen Bürokraten, die wissen, was ein Schwiegermuttermörder ist. Agent-etwas C. Ihr Resümee?

Erhabene Meisterin, vierhundertneunundvierzig Menschen konnten wir mit der Titelmelodie “Pat und Patachon” in eine sehr düstere Ecke ihrer Stadt locken und mit Dauerbeschallung mit der Titelmelodie von “Die rote Zora” erledigen. Die Polizei tappt  bislang – wie erwartet – noch immer im Dunkeln. Weitere siebenhundertdreiundsechzig Baby-Boomer lockten wir mit der alten Titelmelodien von “Väter der Klamotten”, “Western von Gestern” und “Dick und Doof” in ein tiefes Gewässer, wo sie unter Klängen von “Hey hey Wickie” elendig ersoffen.

Sehr schön, sehr schön.

Weitere siebenhundertelfundsechzig Baby-Boomer haben wir mit der Melodie “Wer hat an der Uhr gedreht” aus deren Arbeitsplätzen geholt und dann mit “Die schnellste Maus von Mexiko” und Udo Jürgens “Vielen Dank für die Blumen” in ein Tigerkäfig locken können. Exitus. Die Tiger sind gesättigt. Leider aber auch übersättigt. Morgen steht dafür der Löwenkäfig auf den Plan.

Agentin D?

Chefin, ich habe einen Fernsehsender infiltriert. Und niemand hat es gemerkt.

Sehr gut.

Mit Geschick habe ich dort eine Show mit Boomern, Baby-Boomern und paar anderen Normalos organisiert.

Sehr, sehr gut.

Dazu habe ich Tweets über diese dämliche Boomer und deren over-cringe Baby-Boomer verfasst. Diese Tweets gingen gnadenlos viral. Beifall war mir hundertfach. Meine Followerzahl stieg annähernd fünfstellig. Ich organisierte Anruforgien in der Show mit dem Ziel: Diskreditierung der weißen, grauhaarigen, alten Männer, diesen dämlichen Boomer und deren over-cringe Baby-Boomer. Sie sollten demaskiert werden, als das was sie sind: überflüssig und ready to go. Ich erreichte meine Zuschauer in der anvisierten Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen: 1,6 Millionen. Mehr als genug, um Anrufer der Gruppe der weißen, grauhaarigen, alten Männer zu übertrumpfen.

Und?

Tja, Chefin, dann hat so ein dämlicher, weiblicher Boomer mit Schönheitsidealen a la Botox und Schlauchbootlippen abgeräumt und wurde Dschungelkönigin …

WAS?! Unglaublich! Elende Versagerin! Agentin D, du bist gefeuert! Du miese Nulpe, du!

Egal.

Wie bitte?

Der Sender hat mich einen Vertrag angeboten. Als Boomer- und Baby-Boomer-Expertin hätte ich mit meinen 39 Jährchen die passende Einstellung und Erfahrung, hieß es …

RAUS!!!!

Das Corona-Tagebuch: Provinznotizen aus Deutschland Süd bei Südost (12): Blasen

Es schwebte bereits über den Köpfen aller. Der Himmel hatte sich durch Wolken bereits zugezogen, die Sonne war nicht mehr zu sehen. Jetzt sind die Wolken dichter geworden. Erheblich dichter, dunkler und schwerer. Und aus ihnen fällt der enge Begriff „Kurzarbeit“. Anfangs hieß es noch, Kurzarbeit käme, wenn die Schulschließungen beendet wären, also ab dem 20. April, dann erst in der Karwoche, doch nun ist es angekommen, das Schreckgespenst aller Geldbörsen und Lohnzettel. Kurzarbeit. Weniger Netto vom eingekürzten Brutto aufgrund reduzierten Arbeitsumfang. Es waren weniger Aufträge eingetroffen, weil alle OEMs ihre Rollladen in deren Werken runtergelassen hatten. Und nicht wegen einem nachgewiesenen CoVid-29-positiv Fall. Jetzt kommen die Auswirkungen von der anderen Seite der Pandemie. Statt 5-Tage-Woche habe ich jetzt die 3-Tage-Woche inklusive Ausgangsbeschränkung.

War 2008/2009 noch erkennbar, woher jener Tsunami kam, welche die Wirtschaft unter sich begrub (durch die in den USA durch Gier verursachte Bankenkrise), so ist es nicht absehbar, wie viele Tsunamis heuer einschlagen werden. Geschlossene Produktionen bedingen schließende Zulieferbetriebe. Weniger Arbeit, bedeutet weniger Geld, bedeutet weniger verkaufte Neufahrzeuge, bedingt weniger erforderliche Produktion, bedingt weniger Abrufe bei der Zuliefererindustrie. Im Sektor der Automobilindustrie hatten in der Zeiten der Bankenkrise die Regierungen Abwrackprämien für Altfahrzeuge und Neuanschaffungen heraus gegeben, um diese Abwärtsspirale zu durchbrechen.
Und nun? Die Welt besteht nicht nur aus meiner Firma, nicht nur aus Automobilindustrie. Was mit der Reisebranche? Was mit Hotels, Gaststätten und nicht „systemischen“ Geschäften? Was ist mit dem Dienstleistungssektor? Momentan platzt nicht nur eine Blase, sondern verschiedene Blasen plöppen hörbar auf.

Blasen, die weiterhin funktionieren und nicht platzen, sind die Social-Media-Blasen Dort tummelt sich jeder irgendwie, der dort sich einloggt. Ein Bekannter (Freund?) sitzt in seinem Wohnwagentruck südwestlich innerhalb Barcelonas fest. Er hält die Corona-Sache für einen ausgemachten Wahnsinn mit dem Zweck, Bürger nur noch mehr zu überwachen und in ihren Freiheiten von nun ab entscheidend einzuschränken. Er forderte mich anfangs zu einem Meinungsaustausch auf, bis ich erkannte, dass er unbewusst wohl darunter verstand, dass ich mit meiner Meinung kommen sollte, um dann mit der Meinung aus seiner Blase zu gehen. Jeder lebt in einer Seifenblase und jeder mag keine Gefahr von außen, die diese Blase zum Platzen bringen könnte. Das Wort „jeder“ beinhaltet freilich auch mich. Und ja, ich habe auch meine Vorstellung von dem, was jeder „Realität“ nennt oder auch einfach nur „fake“, wenn es nicht gefällt. Ein Satz hängt mir noch immer nach, als er auf meine Frage, ob er auch positives in Barcelona in der letzten Zeit erlebt habe, zur Antwort gab, falls ich Bespaßung wolle, sollte ich den Fernseher einschalten.

Gestern Abend hatte ich zum ersten Mal seit langem den Fernseher nicht eingeschaltet. Zu groß ist der Kontrast aus pessimistischen Corona-Nachrichten und einer ’normalen‘ vorgespielten Welt der Fernsehserien und Fernsehfilme. Es interessiert mich nicht, ob die Midlife-Crisis Julia im Spagat zwischen Haushalt, Familie, Kita und Job den bieder-braven Bernd nicht mag und sie dann den supersexy Stefan kennenlernt, mit ihm dessen Reichtum auf Malle ihre hedonistische Seite auslebt, und dann doch unter Tränen feststellt, dass zwar der blöde Bernd nicht sexy, aber ein Brandungsfels sei, und erst dann zu ihm zurück kehrt, nachdem er verspricht, den Haushalt zu schmeißen und die Kita-Zuständigkeit unter ihrer Kontrolle zu übernehmen. Währenddessen sich der superenttäuschte Stefan Julias alleinstehende jüngere Freundin Felicia angelt, bei der jetzt Julia feststellt, was sie schon ihr Leben lang vermutete: “Die ist doch eine geldgeile Schlampe!” Worauf dann mindestens zwei Kinder mit einer Torte durch eine geöffnete Türe auf Julia zustürmen und „Mami, wir haben dich so lieb“ rufen. Dann schneidet der Regisseur auf das Gesicht des lieblichen Hausdackels um, fängt dessen Augen im Close-up ein und der Zuschauer sieht diese irgendwie vor Feuchtigkeit auch noch schimmern, bevor dann der Abspann mit Geigenmusik kommt. Ich kann mir sowas nicht anschauen, ich brauche meine Papiertaschentücher für meinen Schnupfen, nicht für Tränen wegen einer Fernsehwelt. Das interessiert mich momentan jetzt nicht mehr.

Der stetig kontrollierende Blick aufs Smartphone zu den neusten Corona-relevanten Zahlen reichte mir gestern aus. Eine ganz andere Zahl fand ich an jenem Abend bedeutsamer: 13,5%. Sie stand auf dem Rücketikett meiner Weinflasche. Wenn Zahlen zur alles bestimmenden Norm werden, zur normativen Kraft des Faktischen, dann wird alles gut? Oder schlechter? Oder ist es wie bei dem Hahn? Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt so, wie es ist.

Kneipengespräch: The day after – brennen muss Lady of Paris …

Sie brennt. Notre Dame, the Lady of Paris, brennt. Und wie sie brennt. Da sitzen sie nun da und glotzen. ntv. Der Wirt hat ntv geschaltet.

“Die Franzosen mal wieder. Kaum wird bekannt gegeben, dass gegen Winterkorn wegen den Abgasen bei VW ermittelt wird, zünden die vor Jubel gleich Notre Dame an. Wer sagt denen, dass Osterfeuer erst am Ostersonntag gezündet werden …”

“Das waren die Gelbwesten! Endlich mal ne Demo für die Abschaffung der Kirchen.”

“Vielleicht findet man ja einen Personalausweis vor der Kirche. Wir sind ja inzwischen aufgeklärt worden, dass muslemische Attentäter immer deren Ausweisdokumente am Tatort verlieren … man sollte jetzt mal die AfD-Twitter-Accounts verfolgen. Die haben doch immer solche Informationen als erste. Oder den Account von A. Schwarzer. Die ist ja auch immer voll im BILDe …”

“Wo saufen wir denn das nächste mal, wenn wir wieder nach Paris trampen?”

“An der Seine. Weil übernachten tun wir dann im Baugelände der Notre Dame. Und dann frühstücken mit Flics …”

“Wer rettet jetzt den Glöckner? Oder hat der sich schon wieder heimlich zu Esmeralda geschlichen?”

“Nicht der Glöckner. Sondern diesen Abend Grisu, der kleine Drache. Passend zur achten Staffel von Games of Thrones. Action!”

“Diese Live-Übertragung auf ntv. Da ist das Bild der brennende Kathedrale. Richtig ruhig gefilmt, viel ruhiger… einfach nur eine Einstellung … ungeheure Spannung … stürzt die alte Bude ein … bleiben die Glocken hängen. Aber kein Wort zum Glöckner und seine Esmeralda.”

“Der kommt erst in die Kamera, wenn jener Kessel mit erhitzten Pech auf die Feuerwehrleute kippt … ”

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Das Brotmaschinenmassaker

Ein Brief geht um.

Per altmodischer Briefmarkenpost.

Er zieht eine Spur des Grauens und der Verwüstung durchs Land. Die Welt erbebt, Männer erbleichen, Frauen wehklagen und Kinder spielen unberührt davon weiter am Computer der Eltern “Call of Duty” und “Zombieapokalypse”.

Dieser Brief darf nicht unbekannt bleiben. Aufklärung tut Not! Der Brief MUSS veröffentlicht werden, damit ein jeder Mensch von diesem Kettenbrief in Kenntnis gesetzt wird und nachher nicht naiv behaupten kann, man hätte es nicht gewusst …

»Dieser Brief bringt eine Brotmaschine, etwas Glück, viel Freude, Sex bis zum Abwinken und ein noch praller gefülltes Bankkonto. Leite ihn direkt an 100 Personen weiter, um ins Fernsehen zu kommen und unsterblichen Ruhm zu erhalten.

Der Autor dieses Briefes meinte, diesen letzten bedeutsamen Satz ignorieren zu können. Nachdem er an der Brotschneidemaschine durch ein tragisches Unglück seine geliebten Arme und wertvollen Beine abgesägt hatte, fand man ihn mit einem Federkiel im Munde, wie er noch versuchte hatte, diesen Brief hundertmal abzuschreiben, um ihn weiterzuschicken. Der Autor wurde auch nur deswegen gefunden, weil die Nachbarin dauerndes Niesen und Kichern aus der Nachbarwohnung vernahm, denn der Federkiel muss dem Autor dauernd in der Nase gekitzelt haben. Nur, der bösen Nachbarin gefiel es nicht, wollte in Frieden leben, ignorierte ebenfalls diesen Brief und hegte die Absicht, ihn wegzuwerfen. Sie verlor dabei ihren Kopf. Eine zufällig ziellos durch die Gegend streifende Polizeistreife fand ein Bild des Entsetzens vor: die ignorante Frau war von der scharfen Brotschneidemaschine aufs übelste attackiert worden und außer dem Kopf fehlte der Frau noch Hirn, welches ihr die Brotmaschine zuvor sauber herausgeschnitten hatte. Die Polizeistreife war aber klug, schenkte dem letzten Satz des Briefes Beachtung und reichte den Brief weise auf dem kleinen Dienstwege an die große Staatsanwaltschaft weiter, welche sich in zehnköpfiger Stärke in der Asservatenkammer, um Brief und Brotschneidemaschine versammelte. Als sie ging, hinterließen die Schar der Staatsanwaltschaftsanwärter dem Verwalter der Asservate den Brief, damit dieser ihn einsortieren sollte. Der Verwalter wie auch jene beiden Unverbesserlichen zuvor scherte sich nicht um den letzten Satz und so fiel ihm folgerichtig die Decke auf den Kopf, welche mutmaßlich wohl von der Brotschneidemaschine angesägt worden war. Durch den Zusammensturz der Asservatenkammer wurde der Brief frei gesetzt und ein Windhauch trieb ihn einer 48-jährigen kinderlosen, unverheirateten Jungfrau (Sternzeichen, nicht Sex!) vor die Füße. Diese Passantin las den Brief, stibitzte aus den Trümmern der Asservatenkammer auch noch schnell die Brotschneidemaschine, schaute die Brotschneidemaschine an und handelte konsequent: sie brachte beides zu der ZDF-Sendung “Bares für Rares” und verkaufte dort den Brief und die Brotschneidemaschine für 3,50 Euro, ging ins nächste Lottogeschäft, kaufte sich ein Rubbellos, rubbelte freudig sich reich und glücklich, hatte mehrfach Sex mit dem Losverkäufer, ging mit dem gewonnenen Bargeld in zwei Lottotüten wohlgelaunt auf ihre Bank, um es dort einzuzahlen. In der auf den Mechaniker wartenden Schlange vor dem defekten Einzahlungsautomaten wurde sie von einem Sat1-Redakteur erkannt. Dieser befand sich zuvor Undercover in der Bieter-Runde von “Bares für Rares” und hatte Brief und Brotmaschine ersteigert. Vom Fleck weg, ohne lange zu fackeln und brevi manu engagierte eben dieser Undercover-Sat1’ler die Frau: für dessen Idee zur neuen Vormittagsgameshow ‘Brotmaschine und Hundepfeife’, eine Show täglich Mittwochs außer Donnerstags. Sie heirateten, kriegten elf Brotmaschinen, kopierten Briefe und warfen glücklich bis an ihr Lebensende diesen Brief samt Minibrotmaschine in fremde Brieffächer. Und auf diese Weise erhöhten sie die Wertschätzung brotloser Kunst der Fernsehschaffenden. Und zwar  immer dann, wenn SAT1 eine Show mit irgendwelchen mutmaßlich bekannten Menschen ins Nachtprogramm aufnahm.

Wenn du nicht willst, dass du einer heimtückischen Brotmaschine zum Opfer fällst und damit im Abendprogramm in der Sendung “Top 10 der dümmsten Todesopfer Deutschlands” Erwähnung findest, oder du nicht willst, dass irgend so ein Brotmaschinenopfer dir einen maschinell kopierten Brief mit Brotmaschine schickt oder eine Briefmaschine aufs geopferte Brot schmiert oder Maschinenbrotschmiermittel mit Briefbrotmaschinenopferschneidewerk vor deiner Haustür abstellt, oder du einfach nur mal wieder Sex haben möchtest, dann schicke diese Zeilen tunlichst an 100 Leuten weiter.

Oder schalte dein bleifreies Hirn ab, verzichte auf DIYS-Sex und schaue gefälligst heute Abend ‘PromiBigBrother’, du Sackgesicht!«

Und ein weiterer Kettenbrief, mahnend aus der Vergangenheit, vergessen in der Gegenwart und wertlos für die Zukunft: https://provinzansichten.com/2007/09/23/immer_diese_kettenbriefe3028770/

Die Hoffnung stirbt zuletzt …

“Ausgeschieden.“

“Wie ‘ausgeschieden’?”

“Halt ausgeschieden.“

“Aber die spielen doch noch mal, oder?”

“Nein.”

“Wenigstens um Platz 3, nicht wahr. Die haben mindestens doch immer um Platz 3 gespielt.”

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Würfelfreies Duschen mit Wasser

Ich wurde von Fremdscham durch Franz-Kevin Brezner (http://www.youtube.com/watch?v=w0GPyN88_dc) zur #NPSWarmduscherChallenge nominiert. Diese Challenge soll der narzisstischen Persönlichkeitsstörung als dem leider vorwiegenden Hintergrund des Phänomens #ALSIceBucketChallenge Aufmerksamkeit zukommen lassen.
Die narzisstische Persönlichkeitsstörung ist ein ernstes Thema mit oft sehr belastender Symptomatik für Betroffene und deren Umfeld. Soziale Netzwerke sind als Selbstdarstellungsplattform der ideale Dünger und Katalysator für die Entwicklung bzw. Manifestation des Störungsbildes.
Mehr zur NPS unter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Persönlichkeitsstörung#Narzisstische_Pers.C3.B6nlichkeitsst.C3.B6rung

Und jetzt kommt es:
Ich selbst nominiere Sie, verehrte Leserin, verehrter Leser!!
Es heißt für Sie nun:
Innerhalb von 24h warm duschen oder spenden.
Spenden? Ja! Und zwar Samen für eine neue, wirklich selbstsichere Generation von Menschen, deren Selbstwertgefühl nicht von der ständigen Bestätigung durch andere abhängig ist.

Hier mein Beitrag für die #NPSWarmduscherChallenge:
http://www.youtube.com/watch?v=2R6P4Hmo0es

Ertrage die Clowns (5): Aufmerksamkeit für Aufmerksamkeitsstörungen lenken …

Im Jahr 1949 steckte sich der junge Joachim Fest einen Zettel ins Portemonnaie, den er bis zu seinem Tode mit sich führte. Auf dem Zettel stand der Satz:

„Ertrage die Clowns!“

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Zwischen Abendbrot und Filzpantoffel lässt den geneigten 19:00-Nachrichtenkonsumenten eine Schreckensmeldung in seinem zufriedenen wohligen Katastrophenhalbschlaf zusammenzucken:

Immer mehr Kinder in Deutschland sind ADHS-erkrankt, an jene Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen, was auch flapsig mit dem Begriff „Zappelphilipp-Syndrom“ umschrieben wird. Besonders seien Kinder davon betroffen, deren Eltern zu den unteren Einkommensschichten zählen oder arbeitslos sind. Da nickt der Pantoffelheld beifällig dem Nachrichten-Moderator zu und denkt an all die brutalen Überfälle von Kindern auf Erwachsenen in Deutschland …

… oder auch nicht …

Interessant an der Meldung ist der Zeitpunkt.
In der USA wurde eine Woche zuvor im Fachmagazin „JAMA Pediatrics“ berichtet, dass die ADHS-Diagosen in den USA angestiegen waren ( Quelle: http://archpedi.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=1558056 ) . Basis dieser Studie war die Untersuchung von 842.830 Personen im Zeitraum von Januar 2001 bis Dezember 2010 auf Basis der „Kaiser Permanente Southern California“ Gesundheitsvorsorgeversicherung. Es wurde ein Anstieg der ADHS-Diagnosezahlen (2001: 2,5%; 2010: 3,1%) festgestellt. Ein weiterer Punkt der Studie war dabei auch die Feststellung, dass besonders auffällig sei, dass die größte Anzahl der ADHS-positiv diagnostizierten Kinder aus wohlhabenden Familien stammen.

Die Zahlen, die heute in den Nachrichten verkündet wurden kamen von der Barmer Kasse und sahen teilweise anders aus ( Quelle: https://www.barmer-gek.de/barmer/web/Portale/Versicherte/Rundum-gutversichert/Infothek/Wissenschaft-Forschung/Reports/Arztreport-2013/Arztreport-2013.html?w-cm=CenterColumn_t302962 ) :
2006 wurde 2,92% ADHS-positive Diagnosen getätigt, 2010 waren es bereits 4,14% (bei insgesamt 750.000 untersuchten Personen). Ebenso wie die Amerikaner stellten auch die deutschen Forscher einen Zusammenhang bei Kindern und deren finanziellen Hintergrund fest: Je ärmer, desto eher ADHS.
Soweit so gut.

Ein Blick in die Barmer-Forschungsdokumentation verrät allerdings auch noch anderes: die Forscher stellten fest, in dem wohlhabenden Bundesland Bayern wurden mehr ADHS-Fälle diagnostiziert als in ADHS-Fälle armen Bundesländern Bremen oder Mecklenburg-Vorpommern. Besonders die Umgebung von Würzburg verzeichnet ein erhöhtes Auftreten von ADHS-Diagnosefällen. Warum das so ist, dass es im Raum Würzburg mehr ADHS-Fälle gibt, dafür fanden die Forscher keine Ursache (jedenfalls kein Elendsviertel Deutschlands sondern eher die Heimat von Gutsituierten wie beispielsweise die Umgebung des Copy&Paste-Freiherrn von und zu Guttenberg). Selbst das wohlhabende München liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Selbst die Bundesländer mit hoher Arbeitslosigkeit gehören gemäß der Barmer-Forschungsdokumentation zu den Bundesländern mit sehr geringen ADHS-positiv Diagnosefälle.

Der signifikante Unterschied zwischen der amerikanischen und der deutschen Studie liegt also nicht in der Altersklasse und der geschlechtsspezifischen Anfälligkeit von ADHS, sondern sie liegt in der Beurteilung, welche Schichten eher ADHS diagnostiziert bekommen:
In der USA sind es nach Angaben der amerikanischen Forscher die obere Mittel- bis Oberschicht, in Deutschland nach Angaben der deutschen Forscher die untere Mittel- bis Unterschicht.

Was wollen uns also die Medien mit der Nachricht über das Ansteigen von ADHS-Diagnosen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland jetzt erklären?
Dient die Nachricht als Beruhigsmittel und Absolution reicherer Gesellschaftsschichten?
Oder als Generalverdacht der Kindesfehlerziehung finanzschwacher Familien?
Oder erfordert es Handlungsbedarf wie z.B. durch die Verschärfung des Jugendstrafrechts?

Freilich, das sind jetzt alles aus meinem eigenen Daumen gesaugte Zerrbilder, was ich mir denken könnte, was sich die Medien so dabei denken, wenn sie an die deutsche Studie denken. Sehr interessant fand ich bis jetzt allerdings, dass kein Journalist den Gegensatz zur amerikanischen Forscher-Studie (vor einer Woche veröffentlicht) zur deutschen Studie herausgearbeitet hat. Vielleicht würde es die deutsche Studie dadurch unseriöser erscheinen lassen.
Wer weiß.
Drum redet die deutsche Presse jetzt auch nur gemeinsam über die eine Studie. Über die andere auch noch zu reden, dass würde Erklärungen und Nachdenken erfordern. Das wäre eine größe Herausforderung für die deutsche Presse. Aber das passiert nicht. In einem Land, wo maximal Stadien überdacht werden, aber seltenst Positionen …

Oder in Anlehnung von Erich Maria Remarque mal gehässig für den Grundtenor der deutschen Presse gesprochen:
Am Besten nichts Neues.

Danke für das Weglesen dieses meines Blogeintrages.

Herzlichst

Careca

Interview-Goof mit Lance und Oprah: Wassergläser mit Edelstahlstrohhalme

Selten schafft es eine US-Talkshow bis in die deutschen Nachrichten. Oprah Winfrey hat es wieder geschafft. Ihr knapp 100minütiges Interview mit Lance Armstrong fand Erwähnung zur deutschen PrimeTime und in deutschen Zeitungen.

Das Interview wurde inzwischen mehrfach hinsichtlich der Dopingvorwürfe in den Medien durchgescant. Aber auch nur in dieser Hinsicht. In meinen Augen verdient sich der Journalisten Anno Hecker der FAZ mit seiner Analyse des Phänomens Lance Armstrong (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/lance-armstrong-der-unmenschliche-12028487.html) lobende Erwähnung.

Ich möchte hier nicht auf das Offensichtliche des Interviews nochmals eingehen oder die Überschrift wiederholen, dass sich in den Wassergläsern von Lance und Oprah metallene Strohhälme befanden. Ich möchte an dieser Stelle eher mal den Blick auf den Inhalt der Wassergläser lenken.
Wasser. Freilich.
Aber hat wer von den Zuschauern bemerkt, ob diese halb voll oder halb leer waren?
Nun ja, am Anfang waren sie zu 4/5 gefüllt.
Und gegen Ende des Interviews?
Wurden die Gläser leerer?
Ja und Nein.

Denn als Oprah Lance nach 80 Minuten auf dessen Sohn hin ansprach und Lance sich die Worte im Mund mit seiner linken Hand herausknetete, da war sein Glas nur noch zu 1/3 gefüllt.

Knappe 11 Minuten später ging das Gespräch über seine Kinder und an der Stelle wurde das Interview mit einem Teaser für den weiteren Verlauf mit dem Untertitel „Coming Up“ eingeblendet unterbrochen. Werbepause. Und weiter ging es. Das darauffolgende Thema war ein vermuteter Bestechungsversuch in Richtung der amerikanischen Anti-Doping-Oragnisation USADA.

Die Wassergläser der beiden waren so voll wie am Anfang des Interviews …
Okay. Das ist machbar, auch wenn es nicht jeder Beobachter des Interviews bemerkt haben wird. So etwas gehört zum dramaturgischen Ablauf einer Regie einer Sendung. Vom emotionalen Höhepunkt wieder zurück zu den Fakten der Machtspiele von Lance Armstrong gegenüber allen, die ihn irgendwie in seinem Leben bedrohten.

Gab es einen Versuch der Bestechung der USADA durch Lance Armstrong oder seinen Mitarbeitern? Lance Armstrong hat dies in den eineinhalb Minuten auch bei mehrfachem Nachhakens Oprah Winfreys verneint. Auf Oprahs Frage nach den finanziellen Verlusten der nachgewiesenen Dopingstrategie von Armstrong, erklärte dieser, 75 Millionen Dollar habe er schlagartig verloren und schaute dabei imaginär nach rechts oben, als ob er dort die Spitze des verlorenen Geldturmes sähe. Ob er denn an einem Punkt angekommen wäre, wo er nicht mehr wüsste, was er noch tun könne, fragte dann Oprah und die Kameraeinstellung wechselte.

Es wurde wieder die Totale des Ensembles „Lance Armstrong, Tisch mit Gläsern und Oprah Winfrey“ gezeigt. Nur jetzt war das Glas urplötzlich wieder zu knapp 1/3 voll. So wie bei dem Gespräch über Armstrongs Familie. Und das Thema war auch wieder Familie.

Ob es jemanden aufgefallen ist, dass hier geschickt das Interview umgeschnitten wurde, um ein bestimmtes Bild zu erzeugen? Es hat mir ein „Geschmäckle“ hinterlassen, dass nicht erst seit der EM und Jogi Löws Ballwegschubsen beim Balljungen während eines Spiels der EM der Zuschauer schwer zu durchschauenden Bildmanipulationen ausgesetzt wird.

Ansonsten war das Interview schon von der Konstellation des Ensembles „Lance Armstrong, Tisch mit Gläsern und Oprah Winfrey“ für deutsche Talkmaster eine Lehre:
Armstrong hatte zu seiner linken Oprah Winfrey und zu seiner rechten Seite die Frontkamera. Da Armstrong Rechtshänder ist und Rechtshänder beim Imaginieren von konstruierten Bildern und Gesprächen dieses auf der gehirnlichen rechten Seite vollziehen, während das Abrufen von vorhandenen Bildern und Gesprächen auf der linken Seite geschieht, spielte die Sitzposition von Armstrong ein wirksames Gegenmittel zu spontanen Lügenkonstrukten seinerseits. Vielmehr war Lance Armstrongs Ansprechpartnerin Oprah auf seiner linken Seite und somit war er mehr dem Abrufen seiner Erinnerungen (vorher erlebte Bilder und Gespräche) unterworfen, als einer spontanen Flucht vor Fragen der Interviewerin. Das Interview ist ein gutes Beispiel für eine geschickt vorbereite Interviewstrategie.

Allerdings ist Lance Armstrong garantiert nicht ungeübt in Sachen „Interviewsgeben“:
– Seine Körperhaltung war die einer Wagenburgbildung: verschlossen und auf Verteidigung ausgerichtet bei möglichst unbedenklicher Offenheit. Selbstsprechend war hierfür die Szene, wo Lance mit beiden geballten Fäusten zeigte, was er als sein Territorium empfand und wie er es verteidigen würde, bis er es selber bemerkte und die Fäuste schnell öffnete um das Territorium mit offenen Handflächen abzustreichen (Oprah hatte es aber aufmerksam bemerkt und Lance dessen Boxerhaltung gleich imitiert).
– Als für Lance und Oprah eine Videoeinspielung ein anderes Interview aus dem Jahr 2005 gezeigt wurde, in welchem Armstrong seine Unschuld in Sachen Doping beteuerte, da wurde inmitten der Videoeinspielung auf Armstrong umgeschnitten, der eine fast ähnliche Geste vollführte wie in jener Videoeinblendung. Aufschlussreich war das insoweit, da Armstrong beteuerte, dass er den Typen aus dem Jahr 2005 hassen würde …
– Er bereut sein Doping, ja. Aber auch nur weil damals Floyd Landis gestanden hatte und Lance Armstrong belastet hatte. Dass er im September 2012 noch provozierende Fotos über InstaGram-Twitter geschickt hatte, während er kurz davor stand, all seine Titel aberkannt zu bekommen, das lässt schon die Frage zu, inwieweit ein Selbstheilungsprozess nur knapp vier Monate dauert. Seit Jahren hatte er seine Lüge gelebt und jeden, der Gegenteiliges behauptete, mittels des amerikanischen Rechtssystems mundtot gemacht …

Das Interview zwischen Lance Armstrong und Oprah Winfrey war in den letzten Tagen das Gesprächsthema hier in Deutschland. In einem halben Jahr wird es auch wohl niemanden mehr aufregen. Ob Lance Armstrong dann noch außerhalb von Prozessen und Gerichten medientechnisch bemerkt werden wird, dass steht kaum zu erwarten.

Auch das das als authentisch vermarktete Interview einen Goof hat (Wassergläser mit sich magisch ändernder Füllhöhe), interessiert bereits morgen niemanden mehr.

Und erst recht nicht mehr, dass es in der USA Strohhalme aus Metall gibt, das berüht dann keinen großen Geist mehr.

Nebenbei:
zum Nachschauen findet sich das Interview noch auf YouTube hier:

(sollte sich der Link geändert haben, bitte ich um Nachsicht; heute jedenfalls führte er noch zum Interview-Video)