Kneipengespräch: Wat man nicht selber weiß, dat muss man …

»So! Jetzt lang’s mir echt! Diese linksgrünversifften bayrischen Politiker!«

»Was issn wieder los?«

»Jetzt wollen die mir verbieten, dass ich mich vegan oder gar vegetarisch ernähre. Die Wurst habe quasi Verfassungsrang in Bayern, erklärte letztens der Söder.«

»Und?«

»Muss ich, um den bayrischen Staatshinzugehörigkeitsausweis zu erhalten, etwa Weißwurst zutzeln?«

»Hey, der Söder, der redet immer viel, wenn ihm auf Messen der Tag lang wird.«

»Und was kommt als Nächstes? Dass ich auf mein freitägliches Veggie-Sushi nicht mehr mit Kartoffelstampf essen darf? Was will der Söder uns noch alles verbieten? Etwa, dass keine Gummibärchen in Nutella getaucht werden dürfen, weil es nicht ‚der Nutella‘ heißt, sondern ‚die Nutella‘ und somit in Verdacht von ‚Gender-Mainstream‘ steht!?«

»Nur mal am Rande angemerkt: Söder ist nicht linksgrünversifft. Der ist ein CSU’ler.«

»Ja klar! CSU. Christlich sozial. Soziale Christen. Pah, diese Gutmenschen! Wie die mich immer aufregen, diese Linksgrünversifften mit deren Schafspelz-Überwurf für Arme! Machen einen auf rechts, aber in der Kirche ‚la paloma’ pfeifen wollen.«

»Das heißt ‚keine Haare am Sack‘, und nicht ‚auf rechts machen‘.«

»Besserwisser. Aber bei ‚Rotkäppchen‘-Aufführungen, da will die CSU immer den Wolf spielen. Um deren Gutmenschentum zu verbergen. Ich hab die Faxen so dicke! Anzeige und Verfassungsbeschwerde gegen Söder sind raus! Und gegen all jene Gutmenschen, die unsere Tofuwürstchen im Supermarkt verbieten wollen.«

»Gewissensfrage: Sind Tofuwürstchen mit Weißwurstsenf erlaubt? Und falls ja, muss man nicht damit rechnen, dass Söder darauf besteht, seinen eigenen Senf dazu geben zu wollen?«

»Witzig. Nicht. Solltest im Zirkus als Clown auftreten! Dir ist schon klar, dass Söder und seine CSU mit ‚Liberalitas Bavariae’ soviel am Hut haben, wie Elon Musk mit Pan Tau.«

»‚PanTau’?«

»Der aus dem Fernsehen. Der Herr mit der Melone, der nie ein Wort sagt und über die Probleme der Welt nur lächelt, bevor er sich über die Melonenkrampe streicht, um sie zu lösen.«

»Um die Krampe zu lösen?«

»Die Probleme! Pan Tau ist so einer von den Problem-Ausweichlern. Einer, der die Meinung hat, man müsse einer Kiste, die von einem vorausfahrenden LKW fällt, schlicht ausweichen.«

»Ja, warum denn nicht?«

»Verstehst du es nicht? Als mündiger Bürger lässt man sich nicht von Linksgrünversifften bevormunden und einen eingeengten Disskussionskorridor reindrängeln. Bevormundung geht gar nicht! Und daher biegt man nicht aus Bequemlichkeit einfach ab!«

»Sondern?«

»Einfach so bleiben, wie man war: Geradeaus.«

»Jraaduss.«

»Eben.«

»Nur, trotzdem dann einfach beharrlich auf die Kiste zuzuhalten? Ist das nicht totaler Mainstream?«

»Wie?«

»Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom, bleiben in der Spur. Warum nicht einfach links in die Gegenfahrbahn ausweichen?«

»Links geht gar nicht. Dann lieber eine Alternative für diese wählen. Rechts. Man kann auch den Dritten Weg wählen. Rechts.«

»Stimmt. Da war doch was mit nem Fliegenschiss …«

»Unter Adolf war ja nicht alles schlecht. Zum Beispiel die Autobahnen, da gibt es immer ne Spur in Fahrtrichtung zum Ausweichen. Und man blieb, wie man war: Geradeaus. Da wurde auch nicht gegendert. Oder ein Land mit Demos gegen Rechts gespalten, nur um berechtigte Anliegen der Bauern zu übertünchen. Da herrschte noch der rechte Weg. Und als unbescholtene Frau konnte man damals in der Nacht noch unbehelligt und ungegendert nach Hause gehen.«

»Stimmt, das klappte, wenn man nicht zu den Juden, Andersdenkenden und anderen Einheimischen gehörte, die zu Millionen in die KZs remigriert wurde. War dann auch keiner mehr des Nachts auf den Straßen anzutreffen … nicht mal mehr, Adolf, den Veganer, der im Bunker seine Führer-Dasein auslebte. Als Alternaiver für Deutschland.«

»Mann, mann, mann, du bist echt falsch abgebogen. Total falsch abgebogen. Unnützer Idiot!«

»Immer noch besser unnützer Idiot als nützlicher Idiot, nicht wahr. Nützliche Idioten werden ja noch gebraucht, um den angeblichen ‘Helden’ nachher die Füße zu lecken, so wie du es bereits tust. Prost und Tschüss.«

»Arschloch!«

Kneipengespräch: Wenn zwei das Gleiche … rien ne va plus …

wp-1473278997275.jpg

„Jetzt haben die die ganze Münchner Innenstadt lahmgelegt!“

„Was?“

„Na die da, die jetzt den ganzen Verkehr behindern!“

„In der Innenstadt? Maxvorstadt?“

“Ja, total. Nichts geht mehr.”

“Gar nichts mehr?”

“Nullkommanull. Vor 14 Tagen konnten ich mit meinem Q4 noch raus und am Stadtrand meine Besorgungen erledigen. Aber heuer? Nüscht! Totale Blockade und die Staatsmacht schaut tatenlos zu, alles total voll zu, nichts ging mehr. Überall haben die ihre Stände hin geklebt und feiern ihre Autos ab.”

“Ah, Sie meinen die IAA in der Innenstadt, sagen Sie das doch. Dachte zuerst, Sie meinten diese Klimaterroristen mit ihren Sekundenklebertuben.”

“Ja, die IAA. Blockade total und keiner tut was, um uns davon zu befreien.”

“So etwas können Sie aber nicht so einfach dahin rotzen, als ob die Staatsmacht tatenlos zuschauen würde. Die schaut immer ganz genau hin. Wenn ein Stand nicht exakt aufgebaut und ausgerichtet worden ist, gibt’s sofort Ordnungsgeldbescheid. Pro überschrittenem Zentimeter. Oder falsche Schrauben, falscher Kleber, falscher Feuerlöscher, nicht gegen Steinschlag oder Hochwasser oder Erdbeben gesichert, Freibier ohne Pfand oder nicht genau auf Eichstrich, zack, Ordnungsgeldbescheid.”

“Wie viel?”

“Mindestens immer doppelt soviel wie einmal Falschparken.”

“Und was hilft es mir? Davon hab ich nichts. Meine Besorgungen bleiben trotzdem auf der Strecke. Im Streckenstau. Vorgestern, ich musste Omma zum Arzt fahren. Meinen Sie, das hat geklappt? Permanent nur Stau, nichts ging mehr, keinen Zentimeter.”

“Tja, diese Klimakleber auf den Kreuzungen.”

“Schön wär’s. Nur Stau wegen der IAA. Weil fast alle Straßen der Innenstadt für die Automobilmesse gesperrt wurden. Hey, vor uns war sogar ein Rettungswagen, Blaulicht, Sirene, der kam auch nicht weiter. Stau, Stau, Stau. Nicht mal Rettungsgasse für den Sani. Ich hoffe, der im Krankenwagen ist nicht gestorben, dann hätte die IAA den aber so was von auf dem Gewissen! Wetten, dass das dann keinen einzigen Staatsanwaltgeist berühren würde? Und dann letztendlich nach Stunden an der Arztpraxis, da konnten wir nicht mal parken. Wegen den anderen Klebern.”

“Ah, doch Klimakleber! Einfach eine Plage, jene. Gas geben und drüberfahren sollte man. Nur dann gibt’s wieder Ärger mit der Staatsmacht. Diese Kleberterroristen können einfach unsere Freiheit einschränken, haben dabei keinen Schaden, lediglich wir. Wir haben den Salat und müssen die von jenen uns eingebrockte Suppe auslöffeln.”

“Nee, nee. Die waren es nicht, das waren die vielen Wahlplakatkleber der AFD, FDP, VOLT, CSU und wie sie alle heißen. Die Plakate einfach auf den Bürgersteig geknallt, an Masten angeklebt, verkehrshinderlich, keine Chance zum Parken auf dem Bürgersteig. Absolut unglaublich. Vorher ging a bisserl immer was, aber heuer nüscht.”

“Und?”

“Musste in zweiter Reihe parken, Omma auf der Straße nur kurz aus meinem Q4 helfen und in die vierte Etage bringen. Gesundheit geht immer vor. Und wissen Sie, was in der Zwischenzeit passierte?”

“Was?”

“Strafzettel! Nur weil ich mich paar Dutzend Minütchen um die Gesundheit meiner Omma sorgte. Wegen so ner Bagatelle von Zeit, da schaut dann die Staatsmacht ganz genau auf ihre Sekundenzeiger. Aber bei den Stauverursacher, diese der IAA, da schaun’se weg, statt mal dafür zu sorgen, dass wir Stau-frei in der Innenstadt fahren können. Wofür gibt es eigentlich das Messegelände in München-Riem? Für Helene Fischer Konzerte?”

“Besser ein Dutzend Helene Fischer Konzerte als ein Dutzend Klimaterroristen, die einem am Fahren hindern und Stau erzeugen.”

“Staus gehen gar nicht! Die schränken die Freiheit ein!”

“Richtig. Staus erzeugen Klimaschäden, wegen den Abgasen. Wenn aber garantiert ist, dass jeder schnell fahren kann, dann ist die Klimabelastung kürzer, weil alle schneller ans Ziel kommen. Nur wer schnell ist, kommt eher ans Ziel als andere. Das sollte man nicht nur den Grünen und ihren Klimaklebern begreiflich machen. Aber das einzige, was jene begreifen, ist maximal Asphalt unter ihren Händen. Zu mehr Begreifen reicht deren Intelligenz nicht. Früher hätte man einfach Gas geben, über solche Klimakleber hinweg. Aber heute?”

“Eben, mit einem Aiwanger als Minipräsi in Bayern wäre in den letzten fünf Jahren alles besser gelaufen. Dann gäbe es auch keine dummen Wahlplakate mehr, die einem die freien Parkplätze wegnehmen.”

“Ähem. Bitte jetzt keine Wahlwerbung hier, okay. Politik und Kneipe zusammen, das sind für mich NO-GOs in ner Kneipe. Ich will entspannen, und nicht Politikgelaber hören.”

“Egal. Jetzt einfach mal Prost.”

“Dito, Prost.”

Kneipengespräch: Zukunft

wp-1473278997275.jpg

„Weißt du, was das gefährliche am Älter-werden ist?“

„Was?“

„Es ist nicht das Alter, nein, es ist die Fähigkeit Muster zu erkennen. Wenn du erkennst, das bestimmte Sachen immer nach Schema F laufen, dann ist das desto stärker frustrierender, je mehr Bedeutung es für dich hat oder bekommt. Die Erfahrung ist gewissermaßen das Gift, welches Muster offenlegt und somit alles ungenießbar macht.“

„Das ist doch Quatsch.“

„Ja?“

„Solch einen Quatsch hatte ich zuvor nie gehört. Quätscher geht es nimmer. Um das zu erkennen, muss ich nicht erst so alt werden wie du. Du redest so wie die alten grauhaarigen Männer der Boomer-Generation.“

„Okay. Du hast recht. Lass es uns auf die Diskussion über die Generation Z verlagern.“

„Was geht uns das an? Wir sind zu jung für die Generation Z. Das betrifft uns safe absolut null. Das ist deren Problem.“

„Hm.“

„Jene Generation hat noch das alte PAL-System kennengelernt. Das PAL-System. Weißte, was das war?“

„Ein Fernsehübertragungsstandard?“

„Echt jetzt. Du redest wie ein Baby-Boomer. PAL-System ist das “Problem anderer Leute”-System. Hey, lass doch der Generation Z, den Boomern und den Grufties ihre Sehnsucht nach Tod und Gräbern. Uns ist die Zukunft.“

„Okay. Prost.“

Kneipengespräch: Davertgeschichten oder … in der Davert lügt man, wenn man höflich ist

Ein kehliges Röhren, direkt aus dem Rachen, unterstützt von einem Geräusch von zusammengeklebten Schleim, der Blasen wirft. Ein Geräusch, das fast aus dem Magen zu kommen scheint, gurgelnd aufsteigend in den Hals-Nasen-Rachenbereich. Ein Geräusch wie bei den Zombies aus der Fernsehserie „The Walking Dead“.

»Hey!«

Der Wirt hatte in seiner Zapfbewegung innegehalten und meinen Nachbarn lauthals angeranzt. Jetzt blickte er ihn eindringlich an.

»Wage es nicht! Oder ich schmeiße dich raus!«

Das Gesicht meines Nachbarn zeigte Überraschung. Er hielt inne und das Geräusch, das er von sich gegeben hat, endete sofort. Seine Kiefer mahlten jetzt dafür. Er schien etwas im Mund zu haben, an dem er kaute. Er hob sein Glas Pinkus hoch und nahm einen langen Schluck. Er hatte es runter gespült.

Es schüttelte mich. Ich dachte, dass ich mich verabschieden sollte. Aber der Wunsch nach einem weiteren Pinkus machte meine Absicht, mich zu verabschieden, zunichte. Nicht immer hatte der Wirt diese Art Sonderaktionen. Diesmal gab es eine Sonderaktion mit Pinkus-Bier aus Münster. Ich hob mein Pinkus und winkte damit dem Wirt zu. Er nickte und brachte mir ein neues, volles Glas.

Mein Blick fixierte die Barauslage hinter dem Wirt. Wie lange würde ich wohl brauchen, um alle Flaschen zu auszutrinken? Oder zumindest einmal alle probiert zu haben? Das Zweite war realer, aber reichte noch mein Geld dazu? Ich öffnete im Geiste meine Geldbörse und fing an, den Inhalt durchzuzählen.

»Es tut mir leid, ich wollte niemanden ekeln«, entschuldigte sich mein Nachbar beim Wirt  und bei mir, »ich war in Gedanken versunken und mir gingen dabei die letzten Tage durch den Kopf.«

»Das mag ja sein, aber solche Geräusche von sich zu geben, geht mal erst gar nicht. Du bist hier nur Gast«, entgegnete der Wirt unterkühlt, »selbst wenn die letzten Nachrichten, was die Ausschreitungen zu Silvester-Neujahr anbetrifft, zum Kotzen waren. Okay? So etwas machst du hier nicht bei mir! Bei mir nicht!«

»Es tut mir leid.«

Ich ignorierte den Nachbarn und fixierte meinen Blick auf eine schlanke grüne Flasche. Schliersee-Gin. Den wollte ich jetzt. Mit einem Schluck trank ich mein gerade mir hingestelltes Pinkus leer.

»Herr Oberspielleiter, etwas von dem Schliersee-Gin hätte ich gern.«

Der Wirt blickte mich an, nickte und fragte: »Pur oder auf Tonic?«

»Pur.«

Er griff Gin-Flasche und Longdrink-Glas und füllte mir etwas ab. Zusammen mit einem weiteren Glas Pinkus schob er mir den Gin rüber. Aus dem Gin-Glas stieg mir der intensive Duft von Wacholderbeeren in die Nase. Ich hielt inne, für einen Augenblick, um diesen Duft für mich festzuhalten und zu genießen, um diesem Moment ein Stück Ewigkeit zu geben.

»Wissen Sie, meine Mutter kam aus Schlesien. Sie war auf der Flucht, ihr Leben lang, sie floh mit ihrer Mutter und ihren paar Habseligkeiten vor der Ostfront Richtung Westen, da wo es ruhiger und sicherer war.«

Er redete wohl mit mir. Ich versuchte den Nachbarn weiterhin zu ignorieren und konzentrierte mich auf den Geschmack der verschiedenen Gin-Botanicals unter meinem Gaumen.

»Sie legten den ganzen Weg zu Fuß zurück bei Wind und Wetter«, hörte ich meinen Nachbarn sagen, »und als sie in der Gegend von Münster ankamen, unterkühlt und vergrippt, wurden sie als erstes gefragt, warum sie denn nicht im Osten der sowjetischen Besatzungszone geblieben wären. Oder, warum sie ihre Heimat Schlesien nicht bis zum letzten Atemzug verteidigt hätten.«

Ich schmeckte Zitrone, Orange und Fenchel … ich musste mich konzentrieren, … doch, da war ganz sicher ein Hauch von Heublumen, …

»Willkommen waren beide nicht, außer meine Mutter. Der fast 18-jährige Sohn vom Dorfvorsteher soll sie – wie behauptet wird – geschwängert haben. Meine erst 14-jährige Mutter wurde darauf zu einer Engelsmacherin gebracht. Und der Dorfvorsteher strafte seinen Sohn, weil jener sich mit einem Flüchtlingsmädchen sexuell eingelassen hätte. Er schickte ihn in ein bekanntes Internat am Niederrhein. Dort erhoffte sich der Dorfvorsteher eine bessere Erziehung für seinen Jungen. Denn das Internats stand unter einer erzkatholischen Leitung, die ihm Ruf stand, mit strenger Hand auf die sittsame und moralische Erziehung der ihnen anvertrauten Jungen zu achten. Später wurde hinter vorgehaltener Hand das Gerücht gestreut, dass der Junge des Dorfvorstehers sich aus Reue in jenem Internat umgebracht haben sollte. Weil der Junge in jenem Internat sein bereits Dorf bekanntes, ausschweifendes sexuelles Leben auch mit anderen Jungs und verwerflicher weise auch mit Priestern fortgeführt haben sollte, war sein Selbstmord zu Recht die Strafe Gottes. Das inzwischen aber herausgefunden wurde, dass in dem Internat nur die Priester sexuell aktiv mit den Jungen agierten, das wurde nicht weiter thematisiert. Schließlich – so die Ansicht im Dorf – das war ja Angelegenheit des Internats, und nicht des Dorfes. Und in Wahrheit war es in jenem Dorf auch damals nicht unbekannt. Aber irgendwie musste man ungehorsame Kinder ja zur Vernunft bringen. Und wenn es nicht die Kirche Gottes könne, wer hätte es denn je besser gekonnt, so wurde als Rechtfertigung immer gemunkelt.«

Ich wollte ihm nicht zuhören. Es interessierte mich einfach nicht. Konnte er seine Geschichte nicht seinem Glas Pinkus flüsternd erzählen? Warum mir? Was hatte ich verbrochen? Ich wollte meine Ruhe: »He, Wirt, haste noch einen anderen Gin?«

»Es tut mir leid. Meine Geschichte interessiert Sie nicht?«, warf mein Nachbar ein.

»Nein«, blaffte ich zurück.

»Das sagte meine Mutter auch immer. Sie hasste den Krieg. Sie hasste die Lust an der Zerstörung. Jene Zerstörung, die die Militärs jetzt immer als Kollateralschaden bezeichnen und uns gegenüber damit verniedlichen. Und sie hasste den Krieg weiterhin, diesen organisierten generalstabsmäßigen Tod. Genauso wie die heutigen Beschwörungen, dass Krieg unbedingt unabdingbar sei, um gegen die anderen zu kämpfen. Sie hasste Krieg. Aber niemand interessierte sich für ihre Ansicht und Erfahrungen mit Krieg, niemand interessierte sich für ihre Lebenserfahrungen. Was haben die heutigen Menschen damit zu schaffen, wer interessiert sich dafür? Für ihre Panik, wenn Bombenalarm herrschte. Wenn alle, die auf den Feldern arbeiteten, in die Feldbunker flohen. Einmal, als die Bunkertüren bereits verrammelt waren, kam ihr Vater – ein Münsterländische Westfale, wie er im Buche steht, als Beispiel der westfälischen Langsamkeit – und donnerte mit Fäusten und Steinen gegen die verschlossenen Türe, um noch reingelassen zu werden. Im Bunker dachte jedoch jeder, dass draußen bereits Bomben einschlugen, weil die Schläge an der Tür im Bunker so dröhnend hallten. Alle hatten in Todesangst geschrien, es herrschte ein heilloser Bunkerkoller, bis der Öhm meiner Großmutter die Tür aufmachte und ihr Vater rein stolperte. Beim zweiten Mal kam ihr Vater wieder nicht rechtzeitig. Er kam überhaupt nicht an. Nach dem sonntäglichen Gottesdienst radelte er gemächlich von der Kirche direkt zu seinem Hof, während seine Familie im Bunker wartete und dort zu Gott betete, dass nichts passieren sollte, traf ihn eine Fliegerbombe frontal. Fast nichts von ihm blieb übrig. Nach der schnellen Beerdigung ihres Ehemannes beschloss meine Großmutter mit Kind und Kegel aus Schlesien zu fliehen. Flucht. Dahin, wo es sicher sein sollte, dahin, wovon ihr Ehemann immer schwärmte: ins Westfalenland. Dort, wo das Leben nicht vom Terror durch Bomben und Tod regiert werden würde.«

Der Wirt war weit und breit nicht zu sehen. Oder er hatte sich verdrückt. Vorhin hatte ich ihn doch noch gesehen. Keine Ahnung.

Ich konzentrierte mich auf meinen Rest Gin im Glas und versuchte den Moment des ersten Geruchskontakts, das jungfräuliche Erschnuppern der Gin-Blume, wieder zu beleben. Da war noch ein weitere Duft. Ich erkannte den Duft von Kartoffeln. Aber wird Gin aus Kartoffeln gemacht?

»Sie erreichte das Westfalenland und damit erfuhr sie gleich, wie es dort zuging. Nach der Geschichte mit dem Sohn des Dorfvorstehers und dem Schwangerschaftsabbruch riet der dortige Dorfpfarrer sowohl meiner Mutter als auch ihrer Mutter in ein anderes Dorf umzuziehen. Er kannte den dortigen Dorfpfarrer und so zogen Mutter und Tochter in den Süden Münsters, in die Davert. Nur dort wurde es noch schwieriger. Sie waren nicht nur Flüchtlinge, sondern auch todsündig: es verbreitete sich wie ein Lauffeuer, dass meine Mutter bereits mit weniger als 15 Jahren einen Mann zum Sex verführt – so verführt wie die Eva den Adam zur Sünde brachte – und dann auch noch gotteslästerlich abgetrieben hatte. Sie war der Aussatz, das personifizierte Lepra des Dorfes, in dem sie sich niedergelassen hatten. Und genau so wurde die Frau behandelt. Und ihre Mutter wurde als Rabenmutter verschrien, eine Inkarnation der biblischen Hure Maria Magdalena des Dorfes. Von dem Dorf stigmatisiert sowohl als heimatloser Flüchtling als auch gotteslästerliche Rabenmutter. Nur Kommunist oder eventuell evangelisch zu sein, das erschien noch schlimmer für Gemeinde und Bevölkerung des Dorfes. Aber was war schon schlimmer als Pest? Cholera? Der dortige Dorfpfarrer hielt zwar seine Hand einigermaßen schützend über beide. Nur machte ihn dafür der Pfarrgemeinderat in vielen Sitzungen immer wieder rund, weil er als Mann Gottes doch die Bibel nicht befolgen würde, sondern vielmehr die Sünde protegieren und dazu auch noch beherbergen würde.«

»Und was hat das mit mir zu tun?«

Langsam wurde ich aggressiv. Der Mann laberte mir mit irgendwelchen Heulgeschichten mein Ohr ab und der Wirt wollte einfach nicht auftauchen, um mir einen anderen Gin zu bringen. Wo blieb er nur?

»Was kann ich dafür, dass Ihre Familie auf der Flucht war und dann hier Probleme bekam? Ist das meine Schuld, was andere damals verbrochen haben? Was kann ich dafür? Ich habe damit nichts zu schaffen! Lassen Sie mich damit in Ruhe!«

»Meine Mutter ist 84 Jahre alt und ich bin 69.«

Ich hielt inne und rechnete nach:

»Ihre Mutter ist 84? Und Sie 69? Da stimmt etwas nicht.«

Ich schaute meinen Nachbarn zum ersten Mal direkt ins Gesicht. Das Leben hatte seine Autogramme in Form von Falten und Grübchen in sein Gesicht geschrieben. Das Haar war silbergrau und spärlich auf seinem Haupt. Unrasiert war er und seine Bartstoppeln changierten von dunkelbraun zu hellgrau. Sein Rücken war gebeugt und zeigte einen Buckel. Die Augen schienen eingetrübt, vom bereits konsumierten Pinkus leicht glasig. Aber zugleich war sein Blick erkennbar müde. Seine Lider wirkten übernächtigt, verschlissen, abgenutzt vom dauernden Blinzeln. Dicke Tränensäcke klebten unter seinen Augen. Er vermittelte den Eindruck eines Menschen, der unter Bedrückung, vielleicht sogar unter Depression litt.

»Ihre Mutter hatte nicht abgetrieben, nicht wahr? Sie war 15, als sie Sie gebar. Und somit ist ihr Vater der Sohn des Dorfvorstehers, der Selbstmord beging, nicht wahr?«

»Nein, der Sohn war es nicht.«

»Sondern?«

»Der Dorfvorsteher selber.«

»Der Dorfvorsteher?«

»Ja, der Dorfvorsteher und spätere Kreisvorsitzender. Ein Kinderficker von Gottes Gnaden. Im wahrsten Sinne des Wortes. E selber ist ein Erzkatholik und hatte alle Pfaffen unter seiner Fuchtel. Sein Einfluss soll bis ins Domkapitel gegangen sein. Einige behaupteten sogar, er würde morgens Weihwasser pinkeln.«

»Und sein Sohn? Hatte er diesen nicht auf das Internat geschickt?«

»Ja. Er musste es jenem wohl als Karrierebildungschance verkauft haben. Als sein Sohn dann dort auf dem Internat war, hatte der Dorfvorsteher öffentlich herum erzählt, dass allein sein Sohn an der Schwangerschaft des Flüchtlingsmädchen Schuld gewesen sei.«

»Moment. Und der Dorfvorsteher hatte nicht bemerkt, dass Ihre Mutter schwanger blieb und nicht abgetrieben hatte?«

»Der Umzug ging schnell und sowohl der erste Pfarrer insbesondere aber auch der Pfarrer der Davert-Gemeinde hatte sie geschützt und beschützt. Dafür hatte eben jener zweite Pfarrer in den Pfarrgemeinderatssitzungen dann bitter bezahlen müssen. Die Pfarrgemeinderatsmitglieder waren unerbittlich fromm und streng gottgläubig. Der Dorfvorsteher hatte wohl mitbekommen, dass meine Mutter sich der Abtreibung widersetzt hatte, und jener Dorfvorsteher vom anderen Dorf, der eigentliche Vater, er hatte seinen Einfluss bis in den Pfarrgemeinderat wirken lassen.«

»Aber hat niemand gewusst, wer ihr Vater in Wahrheit war?«

»Später schon. Als dessen Sohn sich umbrachte, weil er die sexuellen Übergriffe der Internatspriester nicht mehr ertrug, war der Dorfvorsteher mit den Nerven fertig. Zudem kam raus, dass er im Nachbardorf ebenfalls zwei Mädchen missbraucht hatte, die ebenfalls noch nicht mal 15 Jahre waren. Alle Pfarrgemeinderäte in der Umgebung baten den Bischof in Münster den Dorfvorsteher wegen seinen Todsünden sofort zu exkommunizieren. Allein gegenüber der ermittelnden Staatsanwaltschaft bildete man eine unerbittliche Mauer des Schweigens. Es ging schließlich um die Ehre aller Mitwissenden. Zum letzten Mal sah man jenen Dorfvorsteher noch in der Karfreitags-Messe. Man sagte, er saß auf seinem Stammplatz in der Kirche, vorne, isoliert, recht und links von ihm blieb exakt ein Platz frei, er im Zentrum davon strotzend von unnahbaren Stolz. Aber doch irgendetwas sollte nicht gestimmt haben: er sah zerbrochen aus, behaupteten einige. Gebrochen wie eine Gebäude-Fassade aus Dresden 45, so soll er gewirkt haben. Und als er das Weihwasser vom Pfarrer abbekam, bemerkten einige, dass er empfindlich gezuckt haben soll. Obwohl – und das betonte jeder – er wie jedes Jahr mit seiner dröhnenden Bassstimme das Kirchenlied ‚Oh Haupt voll Blut und Wunden‘ mit an brutaler Wollust grenzender Inbrunst gesungen habe.«

»Und?«

»Beim Ostersonntag-Spaziergang fanden ihn dann Spaziergänger aus dem nahen Münster an der berühmten Teufelseiche der Davert baumelnd. Sonnenstrahlen hatten den Schatten des Leichnams von der Teufelseiche auf dem Weg der Wanderer geworfen.«

»Selbstmord?«

»Man sagt, das Ho-Ho-Männeken habe ihn vom rechten Weg in die Wacholderbüsche gelockt. Dort hatte es ihn niedergeschlagen und dann am äußersten Ast der Teufelseiche in fünf Meter Höhe aufgeknüpft.«

»Wer? Das Ho-Ho-Männeken? Wer soll das ein?«

»Der ermittelnde Dorf-Polizist war selber ein Bewohner der Davert, ein sogenannter Davertnickel. Zudem noch Pfarrgemeinderatsmitglied. Er hatte die Akte als Selbstmordfall abgeschlossen. Ob es das Ho-Ho-Männeken war oder der Ritter zur Davertsburg, der wegen seiner damaligen Jagd zu Ostern dazu verdammt war, in der Davert unweit der Teufelseiche ruhelos umher zu irren, das weiß niemand. Nicht mal einer der Pfarrgemeinderäte beider Gemeinden. Und erst recht niemand interessiert es, was das alles aus mir gemacht hat.«

»Das ist doch ein Schmarren!«

»Nun, kein Schmarren ist, dass ich der Sohn eines katholischen Kinderschänders bin, meine Mutter bis zu ihrem Tod ein unwillkommener Flüchtling blieb und bei mir 50% Schlesierblut in den unehelichen Adern fließt. Niemand mag Flüchtlinge, die nicht deutsch sind.«

»Und zu Hundert Prozent ist sicher, dass du Vollidiot jetzt meinen Laden verlässt«, der Wirt war für mich überraschend hinter ihm aufgetaucht, packte meinen Nachbarn an seinem Arm und zugleich an den Kragen seiner Jacke. Er schleifte ihn von seinem Hocker zur Tür, öffnete mit seinem Fuß die Eingangstür auf und stieß den Nachbarn hinaus.

»Jetzt ist es genug mit deinen Mitleidsgemäre von wegen Flüchtlingskind und Spukgeschichten in irgendwelche preußischen Regionen! Lass dir gesagt sein, wir mögen Flüchtlinge. Bis zum Verrecken mögen wir sie, da können die drauf Gift nehmen. Wörtlich. Und dich mögen wir nicht. Zum Verrecken mögen wir dich hier nicht: Lass dich nicht mehr blicken! Und nimm deine Pinkus-Rechnung als mein Abschiedsgeschenk an mich! Du kannst wieder kommen, wenn du dich endlich in unserer Kultur Bayerns angepasst hast, du Spinner! Fuck you, ashole!«

Nie hatte ich den Wirt so energisch gesehen. Da war nichts mehr von der bayrischen Gelassenheit und seinem rheinischen Frohsinn. Er hatte meinen Nachbarn hinaus gestoßen und die Tür geschlossen. Als er an mir vorbei kam, klopfte er mir auf die Schulter und meinte:

»Ah, du hast dein Pinkus ausgetrunken. Noch ein Pinkus? Ja? Nebenbei, habe ich dir schon mal meinen Gin-Geheimtipp serviert? Vom Schliersee. Nicht nur aus Wacholdern hergestellt, sondern auch aus Kartoffeln destilliert. Eine Geschmacksexplosion für deinen Gaumen, das verspreche ich dir …«

Kneipengespräch: Pflegt die Hände schon beim Spülen

»Hömma, was trinkst du denn da? Kein Kölsch?«

»Amarone.«

»Was soll das sein? Ama-was? Das ist doch ein Rotwein, das riecht doch ein Blinder mit Krückstock!«

»Das ist einer aus Italien.«

»Also doch so ne Art Chianti für Arme. Und kein Kölsch? Biste krank, oder wat?«

»Cheffe meinte, für dreifuffzich das Glas passt der ganz gut. Er will ihn loswerden.«

»Dreifuffzich das Glas? Hat der Grippe? Herr Oberspielleiter, haste Grippe?«

»Nee, der hat keine Grippe. Die Flasche ist von seiner Schwiegermutter, aber seit vorgestern hat er sich von seiner Frau getrennt und will nichts mehr, was an sie erinnert.«

Der Wirt brachte zwei Stangen Kölsch herbei, stellte sie ab und schaute fragend: »Willst auch’n Glas Amarone? Ist das letzte. Ging von nem Gast unangetastet zurück. Passte ihm nicht zu den Riewekooche.«

»Riewekooche und Rotwein? Das geht auch wirklich nicht. Zu Riewekooche nur en Kölsch. Danke ich bleib beim Kölsch.«

Der Neuankömmling schaute mich fragend an: »Und wie isset?«

»Joot isset.«

»Dann isset joot. Freut mich.«

Er nahm einen langen, tiefen Schluck aus seinem Kölsch, musterte den runter rinnenden Restschaum in seiner leeren Kölsch Stange, stellte sie beiseite, ergriff sich das Kölsch vor mir, murmelte: »Tschuldige, aber auf einem Bein kann man nicht stehen«, bäuerte unterdrückt und musterte mich erneut:

»Und haste das Endspiel gesehen?«

»Von der ersten bis zur letzten Minute. Und du?«

»Ich nicht. Mein Chefredakteur hatte mich verdonnert, jemanden zu imitieren, der die Fußball-WM aus moralischen Gründen boykottiert. Ich sollte darüber schreiben, wie das so ist, wenn man ein Endspiel verpasst.«

»Und?«

»Normal. Keine Autotorsos, keine Menschen, welche irgendwelche Hauptstraßen blockieren und Menschen ans Weiterkommen hindern, keine randalierenden Fans, einfach nichts.«

»Und was haste statt dessen dir angeschaut?«

»‘Der Nussknacker und die vier Reiche’, ‘Ich heirate einen Prinzen’ und ‘Jauch gegen 2022‘.«

»Bildungsfernsehen, ich verstehe.«

»Absolut. Wusstest du, dass Günther Jauch damals, also noch bevor er, du weißt schon, also als er …«

»Nein, wusste ich nicht.«

»Siehste! Die Privaten kommen dem Bildungsauftrag nach, die anderen haben nur für teuer Geld Fußball eingekauft!«

»Echt. Wahnsinn. Das wusste ich nicht.«

»Nebenbei habe ich noch getwittert.«

»Was denn so?«

»Paar Boomern den Marsch geblasen und Straßenklebern mit dem Strafgesetzbuch gedroht.«

»Echt? Wie engagiert.«

»Und Elon Musk supportet. Der hat bei Twitter ein bisschen feucht durchgewischt und den linksgrünen faschistischen Mob rausgespült. «

»Feucht durchgewischt? Also Mitarbeiter per E-Mail entlassen. ‘Durchwischen’ hört sich so positiv an.«

»Twitter ist Abschaum. Ein Moloch für Lebensversager.«

»Und daher spielen Sie dort mit?«

»Sie etwa nicht? Oder sind Sie etwa einer derjenigen, die Twitter abschaffen wollen. Das wäre Cancel culture!«

»Cancel culture? Nur weil dann eine Plattform fehlen würde, auf der allerlei Unsinn ablaichbar wäre?«

»Sie gehören wohl auch zu der linksgrünen Siffkultur?«

»Mitnichten.«

»Sondern?«

»Ich bin mehr passiver Twitter-Nutzer, folge einigen Accounts bewusst und versuche mich aus Schlammschlachten und Hetzer-Blasen heraus zu halten. Bei Twitter geht allerdings inzwischen die Deppenquote derjenigen mit ADHS-Symptomen hoch.«

»Deppenquote. Soso. Das ist also ihre Art der Diskussionskultur.«

»Die Vollkaskodesperados sind im Kommen. Twitter verkommt zu einem Lautsprecher, zu einem Hohlkörper, wie ein Eisenfass: es macht besonders viel Krach, wenn man es mit groben Werkzeugen bearbeitet und den Krach dann als verkannte Symphonie deklariert. Unter heftigem Getrommel.«

»Soso.«

»Es gibt einen weisen Satz: Energie folgt der Aufmerksamkeit. Energy flows, where attention goes. Solchen ADHS-Adepten werde ich das nicht geben, wonach sie lechzen: Energie, gesaugt aus einer ihnen gewidmeten Aufmerksamkeit.«

»ADHS-Adepten. Sie sind ja voll gebildet, sie kennen sich wohl voll aus. Abitur im Schnelldurchgang gemacht, he?«

»Bekannt ist, jeder Hahn kräht auf seinen Haufen Mist, den er als Mittelpunkt der Welt erachtet. Und weil es auf seinen Mist gut klappt, will er seinen Mist auch bei anderen aufhäufeln, um dort herum zu krähen. Und seit Wilhelm Busch und seiner Witwe Bolte wissen wir, Hähne legen keine Eier (auweia), machen aber lange Hälse, wenn sie gierig nach Ködern schnappen, geben danach ein feines Mittagessen ab, wenn man sie grillend richtig zubereitet. Twitter verwandelt es sich in einen riesigen Haufen Mist und lockt damit krähendes Federvieh mit Weltenmittelpunktsehnsucht an. Für Twitter bleibt mir nur noch eines zu konstatieren: Twitter ist maximal mittel punkt«

Ich atmete durch und pausierte. Dabei registrierte ich, dass der Neuankömmling nicht mehr neben mir stand. Er hat mich einfach ohne ein Wort sitzen lassen und befand sich nun am anderen Ende der Theke und unterhielt sich mit einem vierschrötigen Kerl.

»Sie reden viel, wenn der Tag lang ist, oder?«

Der Typ auf meiner anderen Seite grinste mich an.

»Vielleicht.«

»Was trinkst Sie denn da? Kein Kölsch?«

»Amarone.«

»Wenn’s schee macht. Prost. Ist Amarone Blubberwasser?«

»Blubber-was? Nicht, dass ich wüsste.«

»Blubberwasser. Wasser mit Blasen. So wie die ganze Social-Media-Sache an sich.«

»Auch eigene leidvolle Erfahrungen gemacht?«

Er grinste leicht, hob sein Kölsch sinnierend vor seine Stirn und fuhr fort:

»Social Media ist die Befriedigung der Suche nach Anerkennung. Das kann auch negative Befriedigung sein. Aber Hauptsache Anerkennung. Es ist eine Blasen-Welt, in der man sich wunderbar verlaufen kann, wenn einem die real existierende äußere Welt nicht das zollt, was man sich eigentlich erhofft, was man erwartet.«

»Zum Beispiel?«

»15-Minuten-Ruhm. Wissen Sie, wenn die äußere real existierende Welt stimmig ist, dann kommt es bei Social-Media-Nutzern zu Erschöpfungssymptomen durchs ewige Kämpfen-Müssen, durch Frustrationen mit einer nachfolgenden „Geht mir am Bobbes vorbei“-Haltung. Was interessiert es schon, wenn sich einzelne Individuen darüber echauffieren, dass sie nirgendwo geliebt werden, so wie sie sich geben. Oder sich genau so aufführen. Solche benehmen sich wie Boxer, die in der sechsten Runde schon schwer angeschlagen sind und dann von Runde sechs bis Runde zwölf torkelnd alles boxen, was sich irgendwie leicht vor deren zugeschwollenem Horizont bewegt. Und das ohne erkennbare Ergebnisse. Außer das sie selber kurz vorm Exitus stehen.«

»Kurz vorm Exitus nennt sich heute Resilienz.«

»Resilienz, ja. Und dafür werden sie wie Helden gefeiert. „Per aspera ad astra“ ist der Leitspruch jener. Durch Ungemach zu den Sternen. Sie meinen, mutmaßlichen Respekt in der Währung »Aufmerksamkeit« einzukassieren, koste, was es wolle. Auch wenn der Preis dazu von ganz anderen gezahlt werden wird. Hauptsache in deren Bilanz taucht dieser Saldo-Punkt nicht als Negativum auf.«

»War das jetzt nicht ne Aussage zum Angriff auf die Ukraine, oder?«

»Vielleicht eher zu den Soldaten darin. Dort werden Helden am laufenden Frontmeter produziert. Und jeder weiß, Soldaten sind Helden, auch wenn deren letzte Minute nur aus irre Schmerzensschreie besteht, weil eine Granate deren Eingeweide frei gelegt hat oder deren Herz offen ausblutet. Oder weil deren Hirn durch ein Loch in die Augen läuft. Oder wenn von der Zivilistin auf der Straße nach dem Raketeneinschlag nur noch die roten Stöckelschuhe mit den Fußstümpfen drin auf der Straße übrig bleiben. Dann sind sie Helden. Für eine Nacht.«

Ich musterte den Kerl. Anfangs war er mit noch sympathisch. Nur nachdem er so bildlich das Sterben im Krieg skizzierte …

»Schau mal. Wenn ein Infantino – man muss ihn nicht mögen, überhaupt nicht -, also wenn ein Infantino sagt, dass die westliche Welt vor Doppelmoral strotzt, und darauf die getroffenen Hunde bellen „Das muss ausgerechnet dieses korrupte Arsch sagen“, dann kann man später beobachten, wie diese Getroffenen ihre Hände in Unschuld waschen, in jener Suppe, die von anderen ausgelöffelt werden muss. Und spätestens dann taucht Tilly auf und flötet: „Nein, das ist keine normale Suppe, das ist Palmolive, das pflegt die Hände schon beim Spülen in Unschuld“.«

Ich versuchte für mich seine Gedanken zu ordnen und dachte laut:

»Und immer wenn jemand seine Hände in Unschuld wäscht, ..«

Er fiel mir ins Wort:

»… dann hält bereits jemand anders eine Packung Toilettenpapier mit der Gravur DANKE zum Abtrocknen bereit.«

Der Wirt brachte mir ein Kölsch und räumte mein leeres Glas Amarone weg. Ich nahm einen Schluck. In dem Moment entdeckte ich das kleine Fläschchen “Kleiner Feigling” vor mir.

Hier endeten meine Erinnerungen. Dafür startete wohl der Filmriss in meinem 4K-Movie mit Dolby-Atmos-Sound. Live sucks.

Kneipengespräch: Meckermänner

»Und? Im Urlaub gewesen?«

»Südfrankreich. Nizza.«

»Wow. Da kann man nicht meckern.«

»Stimmt. Wir waren in nem Nobelhobelhotel direkt an der Strandpromenade eingecheckt. Super Frühstück. Super Gegend. Alles in näherer Umgebung.«

»Hört sich gut an.«

»Wir hatten nichts daran auszusetzen. Das Zimmer, erste Sahne. Die Matratzen genau richtig. Geschlafen wie Babys haben wir. Und dann die Aussicht aufs Meer, der Wahnsinn. Alles geräumig, sauber und jeden Tag picobello aufgeräumt. Jedes mal hatten wir das Gefühl, wir hätten ein nigelnagelneues Apartment zur Verfügung gestellt bekommen.«

»Beckmessern musstet ihr dann wohl im Hotel nicht?«

»Iwo. Selbst die ganzen zehn Tage. Alles lief wie geschnitten Brot. Selbst die Zimmernachbarn, komplett unauffällig, als ob wir die einigen Gäste im Hotel gewesen wären. Und dann die Restaurants in der Umgebung. Wir waren bei einem Italiener. Wir hatten das Gefühl, der hätte gerade die sonnengereiften San Marzano Tomaten direkt hinterm Haus frisch geerntet. Das Tomatensugo ein Träumchen in Perfektion, sag ich dir. Da konnte man nicht meckern. Und erst die Pasta. Allererste Sahne.«

»Das kriegt man dann ja wohl auch in Italien nicht besser, oder?«

»Nicht im Traum. Oder der Tunesier. Leck mich fett, war der geil. Und der Albaner. Da kannste hier in München aber mal lange suchen.«

»Wart ihr auch Französisch?«

»Aber hallo, ein paar Mal. Die Weine, der Wahnsinn. Und lecker! Einfach toll. Die zehn Tage haben wir uns wie ein Gott in Frankreich in Nizza gefühlt. Und das Ganze war auch noch billiger als gedacht! Vom Ersparten sind wir bei der Rückreise noch essen gegangen, beim hiesigen Suppen-Japaner am Sankt-Igelmeier-Platz.«

»Und Probleme mit der Anreise mit dem Zug zum Flughafen Nürnberg?«

»Iwo. Null. Superpünktlich. Auch bei der Heimreise. Auf die Minute genau.«

»Unglaublich. Da kann man nicht meckern.«

»Selbst die Flüge. Auf den Punkt, so wie ein gut zubereitetes Steak. Ehrlich. Der ganze Urlaub hätte auch ein 1a-durchchoreographiertes Bühnenstück sein können, bei dem man nicht merkt, dass er überhaupt choreographiert wurde. Erholung pur.«

»Hört sich nach dem perfekten Urlaub an. Glückwunsch. Da kann man echt nicht meckern.«

»Tja. Und genau da liegt das Problem, was uns den Urlaub versaut hat.«

»Was? Das man nicht meckern kann?«

»Eben. Das gibt es doch gar nicht.«

Kneipengespräch: Der perfekte Kreislauf


»Ein Kölsch, bitte.«

»Ein Kölsch?«

»Aber alkoholfrei, bitte.«

»Alkoholfrei?«

»Alkoholfrei. Und kalorienreduziert.«

»Hamm’wa nich.«

»Kölsch light?«

»Leicht?«

»Light.«

»Hamm’wa nich.«

»Was habt ihr denn?«

»Kölsch. Strunzens normales Kölsch.«

»Kein Kölsch Lemon?«

»Nö.«

»Kölsch Holunder?«

»Nö.«

»Kölsch Isotonic?«

»Jedes Kölsch ist Isotonic.«

»Nein?«

»Doch!«

»Oh!«

»Also?«

»Dann halt ein Kölsch.«

»Kölsch ist aus. Noagerl-Bier haben wir noch. Direkt und frisch vom Oktoberfest.«

»Geh mir wech mit Oktoberfest. Ist mir Oberkante Unterlippe. Gib mir nen Kraneburger.«

»Keine Panik. Spässle gemacht. Ein Kölsch hab ich immer noch für dich.«

»Puh. Danke.«

»Keine Sorge, die Bayern machen aus den Rest-Wiener-Würstchen den Leberkäs und aus den Restleberkäs Wiener-Würstchen. Der perfekte Kreislauf. Ebenso machen die es mit dem Bier. Aus den Restweißbieren machen die deren Helles und aus den Helles …«

»… deren Weißbier, ich weiß.«

»Falsch. Die Kaufen sich im April die Reste aus den Kölsch-Gläsern vom Kölner Karneval, mischen es dem verbliebendem Hellen unter, lassen es gären und nennen es Weißbier.«

»Und das Noagerl-Bier?«

»Das sind die Reste vom Weißbier. Und auch vom Voll-Bier, dem Hellen. Die werden bis Anfang September gesammelt, mit Kohlensäure aufgewertet und dann als Oktoberfestbier auf der Münchner Wiesen verkauft werden.«

»Und die Reste vom Oktoberfestbier?«

»Die werden mit Zuckerkulör angefärbt und gehen als Altbiergrundstoff nach Düsseldorf-Stadt.«

»Und was machen die Düsseldorfer mit deren Alt, wenn was übrig bleibt?«

»Das geht als Export in die USA. Die machen damit deren Dark-Ale-Bier.«

»Und was machen die Amerikaner mit den Resten daraus?«

»Barbecue-Soße.«

»Und deren Reste?«

»Die gehen nach Bayern in die Döner-Spieße, die nach Berlin verkauft werden.«

»Und die Rest der Berliner Döner-Spieße?«

»Wenn es nicht zum Döner-Skandal aus Bayern mutiert, dann kauft der NRW-Ministerpräsident diese auf, um die NRW-Kornfelder der bedürftigen Landwirte dort zu düngen. Diese verkaufen dann deren minderwertiges Döner-Getreide, um daraus Kölsch zu brauen.«

»Damit die Menschen auf dem Oktoberfest in München was zu saufen haben.«

»Du hast es erfasst.«

»Fast.«

»Kölsch? Strunzens normales Kölsch.«

»Ja, bitte. Aber das Oktoberfest-freie Kölsch. Also Bio-Kölsch, bitte.«

“Bio-Kölsch ist leider aus. Das letzte Fässle war mit recycelten Wiener-Resten kontaminiert. Aber wir haben noch ein ultra-brutales ‘East-Cologne-Hut’-Kölsch. Das Kölsch der Kölsch-Fam.”

“Safe. Before es mi zerreist in diesem Dorf, dem Münchner Kuhkaffmetalitäsmonstrum.”

“Echt? Also stranger things? Dann macht es 13 Euro die Maß Kölsch.”

“???”

“Oktoberfest-Preise. Isso.”

—–

Zusatzfrage zum Oktoberfest:
Wenn Alkohol das Kurzzeitgedächtnis blockiert, was macht denn dann erst Alkohol?!?

Kneipengespräch: Wissenschaft ist nur Argument für Arschlöcher

[…]

»Es sind die Riesling-Weine, die nicht nur staubig trocken schmecken. Sondern die, die obwohl sie trocken sind, fruchtig sind. Also zwischen mineralisch und fruchtig liegen. Es gibt Riesling-Weine, die leicht nach Aprikose schmecken. Und diese fruchtige Weine findet man besonders häufig in den Mosel-Anbaugebieten.«

»Das ist Quatsch. Das ist ein Narrativ, den Narrativ kenn ich. Der wird gerne verwendet. Ich hab noch nie so ein Wein angetroffen. Auch in meinem Bekanntenkreis kennt niemand so etwas und die trinken schon wirklich edlen Riesling.«

»Das habe ich in den 90ern kennengelernt, da war Internet ohne Bedeutung und das Wort ‚Narrativ‘ gab es noch nicht. Und der Riesling war nicht exklusiv.«

»Nenn es wie du es willst,es bleibt ein Narrativ. Wahrscheinlich war der Riesling gepanscht. War ja gängig in den 90ern. Das stimmt nicht, was du sagst.«

»Aber ich habe es selber für mich ergründet.«

»Du warst wahrscheinlich von der Werbung im Fernsehen oder von Fernsehsendungen beeinflusst.«

[…]

»Es ist möglich das CO2 zu cracken und zu Kohlenstoffverbindungen zurück zu führen. Also auch in Erdöl zu überführen.«

»Das ist Quatsch! CO2 und Erdöl haben ganz andere chemische Molekularketten.«

»Das ist richtig. Aber ich habe auch nicht gesagt, dass das Cracking von CO2 direkt in Erdölverbindungen übergeht.«

»Das geht überhaupt nicht. CO2 besteht aus Kohlenstoff und Sauerstoff, einem Atom Kohlenstoff und zwei Atmen Sauerstoff. Und Erdöl besteht aus Kohlenstoff und ganz viel anderen Atomen und Elementen. Wenn das so einfach wäre, dann müsste man die vielen anderen Elementen außer dem Kohlenstoff mit was anderem verbinden und das kann nur schädlich sein.«

»Kannst du denn die Erdölverbindungen hier und jetzt auf einem Blatt Papier niederschreiben?«

»Wieso? Was soll das helfen? CO2 und Erdöl sind so weit entfernt wie Mond und Sterne. Was soll da CO2-Cracking helfen?«

»Sie sind nicht so weit weg. Das Cracking ist nur verdammt teuer. Der Preis dafür ist der Ersten Welt noch zu hoch.«

»Und warum macht man es trotzdem nicht, wenn es generell geht? Wir haben doch angeblich Not am Mann. Wenn es geht, ist es machbar. Also, es geht nicht. Darum macht man es nicht.«

»Es geht. Es ist machbar. Das ist Basis der Wissenschaft. Es ist nur ne Frage des Preisschildes.«

»Ja, nee, ist klar. Jetzt windest du dich über das Preisschild raus. Gib doch zu, dass es nicht machbar ist.«

»Es ist machbar. Hast du die wissenschaftlichen Grundlagen zu deinem ‚Geht nicht‘? Ich lass dir Papier und Bleistift geben und du kannst die chemische Deduktion niederschreiben und die basalen chemischen Reaktionsgleichungen niederschreiben, die in der Wissenschaft State-of-Art sind.«

»Warum sollte ich das machen, mit Papier und Bleistift? Bin ich Wissenschaftler? Ich muss hier gar nichts beweisen. Du verteidigst die Wissenschaft und du musst allein und ganz allein das beweisen, dass die Wissenschaft stimmt. Und solange ich es nicht glaube, war der Beweis nicht effektiv, ist die wissenschaftliche Thesis für den Mülleimer. Wir wissen allesamt, die Wissenschaft kann sich auch erheblich irren. Hat man in der Pandemie der letzten zwei Jahre und Lauterbachs Kommentare dazu zu häufig gesehen. Schau auch nur damals, also im Mittelalter, nicht wahr. Die gleichen Lügen der Wissenschaftler.«

»Deine Argumentation ist Quatsch. Peer-to-Peer-Reviews wurden erst im 20. Jahrhundert deutlich verbessert. Peer-to-Peer-Reviews sind sind keine Basis einer Argumentation, das etwas nicht machbar ist. Und das Cracking von CO2 zu Erdöl wurde schon in den 90ern des letzten Jahrhunderts wissenschaftlich nachgewiesen.«

»Und? Warum passiert es jetzt nicht? Eben. Weil es nicht stimmt. Was zu beweisen war.«

[…]

»Langsam wirst du Wissenschaftsheini hier nervig. Kannst du überhaupt die Gültigkeit von ‚E=m mal c Quadrat‘ nachweisen?«

»Wie bitte? Du wagst es zu bestreiten, dass Masse Energie in Relation zur Lichtgeschwindigkeit aufweist?«

»Kannst du es hier mir am Tresen nachweisen? Und dass keine Geschwindigkeit die Lichtgeschwindigkeit überschreiten kann? Du redest dauernd von Wissenschaft. Dann mach sie mal für mich. Beweis mir, dass nichts schneller ist als Lichtgeschwindigkeit. Nimm mir den Zweifel, dass Energie sich aus Produkt von dessen Masse und Lichtgeschwindigkeit ergibt.«

»Hier am Tresen?«

»Hier direkt vor mir. Das kannst du nämlich auch nicht. Wenn es so einfach ist zu erklären, dann mach es mir doch! Ich bestell dir Papier und Kugelschreiber von der Wirtin und du erklärst mir, warum Einsteins Formel gültig ist.«

»Du willst ein Semester an der Uni hier binnen fünf Minuten erklärt haben?«

»Sag doch gleich, dass du es mir hier nicht nachweisen kannst, dass du dazu nicht fähig bist.«

»Das ist doch Kappes! Wissenschaft lässt sich nicht auf einem Bierdeckel erklären.«

»Ach ja? Und daher wir sollen der Wissenschaft dann blindlings vertrauen? Nur weil man es mir nicht in zwei drei klaren Sätzen erklären kann? Vertrauen, statt selber mündige Bürger zu sein?«

»Mündiger Bürger und Vertrauen sind kein Gegensatz. Soll ich dir Zusammenhänge erklären, was ich in zwei Semestern erklärt bekommen habe?«

»Sag doch gleich, du kannst es nicht. Wissenschaft ist Onanie am Hofe der Herrscher. Wissenschaft, die nicht einfach und für jedermann zu erklären ist, ist keine Wissenschaft.«

»Komplexe Themen wie der ‚Erste Thermodynamische Energieerhaltungssatz‘ kann man nicht in Gänze erklären. Und wer den Satz »Perfektuum Mobile gibt es nicht« nicht akzeptiert und nicht versteht, warum  das so ist, warum sollte ich es das alles hier und jetzt in dieser Kneipe gerade dir erklären?«

»Typisch. Arrogant und unverständig. Du bist das klassische wissenschaftliche Arschloch, was uns vorsätzlich im Dunkeln lassen will. Oder genauer gesagt, ihr Arschlöcher wollt nicht, dass man euren Lügen auf der der Schliche kommt. Deshalb verschanzt ihr euch hinter Formeln und Geschwurbel!«

»Das ist doch Quatsch.«

»Du bist ein Arschloch. Du kannst noch nicht mal eine deiner Thesen detailliert nachweisen, bestehst aber darauf, dass das Wissenschaft ist und wir es uns selber erlernen sollen oder – schlimmer noch – glauben sollen. Wie bei einer Religion. Statt es mal gehörig und evidenzbasiert in Frage zu stellen, ob es überhaupt Wissenschaft ist. Oder nur Manipulation interessierter Parteien!«

»Wissenschaft ist Empirik und besteht aus der Peer-to-Peer-Analyse.«

»Nimm zur Kenntnis, Wissenschaft ist nicht evidenzbasiert und ihr unterstützt nur Narrative offizieller Seite. Du erzählst Mist und bist ein Arschloch!«

[…]

»Das langt! Du ignorierst die Realität  vorsätzlich. Dann beleidigst du alle, die in deiner Ideenwelt nicht reinpassen. Deine Blase ist gefährlich, in der du lebst!«

»Okay, ich nehme das ‚Arschloch‘ zurück. Du bist vielmehr ein ‚realitätsfremdes Arschloch‘. Du manipulierst Menschen zu Fehleinschätzungen, indem du Fehlanalysen der Wissenschaft als vermeintliche Wahrheiten ohne Evidenzbasis einführst, du bist …«

»Wirt! Zahlen! Es reicht!«

»Kommt jetzt noch das lächerliche Argument von euch Wissenschaftsfanatikern, dass wir anderen alle ‚Flat-World-Society’-Gläubige sind? Oder Reichsbürger? Oder Nazis? Ihr Arschlöcher schreckt auch vor keiner unhaltbaren Beleidigung zurück!«

»Es reicht! Wirt! Zahlen!«

»Typisch. Kaum wird es ernst, geben diese vermeintlichen Wissenschaftsadepten Fersengeld.«