Warum mir das 6-Monate-KI-Moratorium von wichtigen beruflich erfüllten Persönlichkeiten Probleme bereitete …

Hin und wieder beteilige ich mich an Online-Abstimmungen. Also solchen Dingen, bei denen man eine Unterschrift unter einer Forderung setzen kann, welche dann wichtigen Personen zugestellt wird.

In den 90ern wurde diese Art der Forderungen an Schlüsselpersonen in Deutschland beliebt. Es schwappte sozusagen als Nachbeben des Tian’anmen-Massakers aus Peking (Chinesien) nach Europa. Bevor Panzereinheiten in Peking unangepasste Studenten niederrollten, gab es ein Zeitfenster, in welchem die Chinesen Eingaben an die Staatspartei machen konnten, um deren Systemfehler zu beseitigen, ohne dafür gleich in ein Arbeitslager geschickt zu werden. ´

Das Ganze in China wurde in Europa als so erfolgreich bewertet, dass diese Methode in der EU in Form von “Petitionen” übernommen wurde. Nur mit der generalistischen Antwort, also mittels Panzer wie in Peking 1989, darüber konnte sich die EU mit Orban & Co noch nicht einig werden. Das Thema wurde einstweilen in Deutschland und dessen Internet ge-outsource-ed . Man will schauen, ob solch ein System auch für die EU tauglich sein könnte.

Die Schweiz – ganz am Rande bemerkt – gehört nicht zur EU, also sind Anmerkungen wie “Wer hat’s erfunden” maximal drollig (ohne “t”) und einer Toblerone ohne Montblanc-Gipfel im Hintergrund wert.

Jetzt habe ich mich an solch einer Petition mal beteiligt. Klar, damit komm ich automatisch in den Ruch, ein Anhänger der “Die Linken” oder der “AfD” zu sein. Aber jeder Kleingartenkarnickkelschlachterverein mit temperaturüberwachter Doppelkugelgrilloption hat bereits bewiesen, nackt pinkelnde Gartenzwerge sind keine alleinige Option von Jugendlichen unter 25. Auch wenn diese so etwas bei sich im Regal stehen haben und damit deren Protest am Establishment Kund tun. Denn die Kleingartenkarnickkelschlachterverein-Angehörigen haben eh schon vögelnde Erotikskulpturen in deren Wohnzimmern in exponierter Lage direkt über die hygienisch abwaschbaren Swinger-Matratze für open-minded-People mit Faible für katholischer Lebensweise.

Also. Ich bin letztens aufgefallen. Ich hatte eine Petition auf ein Moratorium für KI-Entwicklung. Richtig. Es war jene, welche auch Elon Musk unterzeichnet hatte (hier). Ich unterzeichnete als besorgter Bürger. Richtig. Besorgter Bürger. Einem Bürger, dem es besorgt wurde.

Die entscheidende Frage der Petition (hier) ist:

Sollten wir alle Arbeitsplätze automatisieren, auch die erfüllenden?

NEIN!

Sollten wir  nicht! Und “soll” heißt “muss”, wenn “kann”.

Denn jedem Menschen mit Hirn sollte bereits klar sein, dass alle “nicht erfüllenden” Jobs bereits im Begriff sind, ersetzt zu werden. Niemand will mehr jemanden in einer Lackierkammer, in der Bleche so lackiert werden. Weill dann das Ergebnis oftmals nicht dem ästhetischem Empfinden des Auto-Käufers entspricht, und niemand ein Fahrzeug mit unregelmäßig aufgebrachtem Lack haben will. Also, gewünscht ist nur das Auto in der Lackfarbe des eigenen Vertrauens. Kein Käufer eines Fahrzeugs (weder in Deutschland, noch Chinesien) wird jemals einen Inhomogenität auf der Lackoberfläche seines 20.000 € Vehikels akzeptieren.

Gleiches gilt für PC-Monitore oder Fernseher. Wer akzeptiert schon einen Pixelfehler, der von einem Menschen verursacht wurde? Falsche Fragestellung! Niemand akzeptiert auf seinem Monitor einen Pixelfehler. Egal ob von Mensch oder Maschine verursacht.

Daher gibt es KI, die versuchen gerade solche Fehler zu verhindern. Reproduzierbar vermeidend. Dass dabei die Jobs der unteren Klasse, der Billiglohnkräfte, durch KI wegrationalisiert werden, das interessiert keine große Seele. Warum?

Sollten wir alle Arbeitsplätze automatisieren, auch die erfüllenden?

Das geht nun mal gar nicht. Die erfüllenden Jobs, welche Leute wie Musk, Bezos, Biden, Scholz, Putin und ich einnehmen, und sich dafür gnadenlos wie ein Trainer vom FC Bayern München bezahlen lassen … Wollen wir, dass solche Jobs von KIs ersetzt  werden?

NEIN!

Richtig, die Diskussion geht nicht mehr um die Arbeitsplätze von Hinz und Kunz und von dir und mir, sondern von denen, die dir und mir sagen, was zu tun sei. Denn Hinz und Kunz werden bereits de facto von KI ersetzt. Sollen auch die anderen durch KIs ersetzt werden?

Ich hatte unterzeichnet. Meine Zukunft war mir wichtig.

Mein Personalbüro meldete sich bei mir. Ob ich etwas gegen die Geschäftsführung meiner Firma hätte? Warum ich denken würde, dass diese durch KIs ersetzt werden könnte? Denn “Sollten wir alle Arbeitsplätze automatisieren, auch die erfüllenden?” bezöge sich direkt auf die GF meiner Firma. Und so etwas zu unterzeichnen, das impliziere, dass ich überhaupt diesen einen Gedanken auch gedacht hätte. Und das wäre bedenklich. Sehr bedenklich. So ein Gedanke an sich wäre illoyal und somit hätte ich meinen Arbeitsvertrag durch meine Unterschrift als “besorgter Bürger” in Frage gestellt. Ich soll am Montag um 9:00 Uhr Stellung beziehen. Ein Nichterscheinen würde als eindeutige Stellungnahme bewertet. Als negative im Sinne meines Arbeitsvertrages.

Ich werde meinen Urlaubstag annullieren und das Missverständnis vor Ort in Büro “No. 9” aufklären. Ich brauche meinen Job. Ich bin jung und brauche das Geld. Ich will nicht für Niedriglohn-Offerten von Bezos oder Musk in Deutschland arbeiten. Mit der Garantie durch KI ersetzt zu werden durch die, die einen erfüllenden Job besetzen und besetzt haben.

Wobei. Ich werde sowieso eh bald durch ne KI ersetzt.

Weil mein Job eh nicht als erfüllend angesehen werden kann …

Hasta la vista, maybe …

Die Sonne so hoch

Die Sonne steht immer dann am höchsten, wenn man am tiefsten gesunken ist.

Kneipenweisheit.

Je weiter man die Realität hinunter schreibt, desto tiefer wird der eigene Standpunkt. Und das wirkt. Der Kampf zwischen Gut und Böse würde keinen Geist rühren, ginge es nur um ein wenig Gut gegen ein wenig Böse. Erst der Kontrast macht den Unterschied. “Star Wars” wäre reinstes Disney-Mickey-Mouse-Kino, gäbe es nicht dort einen wirklich Bösen, also jemanden, der genauso sympathisch ist, wie auf einem Bürgersteig der frisch dampfende Hundekot, in dem niemand treten möchte. Und statt sich des blauen Himmels zu erfreuen, hält jeder nach der Scheiße vor seinen Füßen Ausschau. Es ist eine subtile Methode, Aufmerksamkeit zu lenken und alle Energien auf Scheiße zu fokussieren, ruft man auf der öffentliche Rasenfläche eines Parks nur richtig laut, man hätte mit seinem Schuh eine Tretmine erwischt. Und schon interessieren sich die Leute der Umgebung nur noch für Hundehaufen statt für Flora und Fauna. Weiterlesen

Münchner Geschichten (Teil 2): Über Sonden auf Wanderschaft und andere ausgesetzte Dinge

In der FAZ las ich letztens einen Artikel über die Unwahrscheinlichkeit, dass die von Menschenhand gebauten Erkundungsmaschinen Voyager 1 und Voyager 2 sich selbst dann noch fortbewegen werden, wenn deren Verursacher, die Menschheit also, aufgehört haben sollte zu existieren.


Voyager 1
und Voyager 2 wurden vor 40 Jahren ins All geschossen, um zu schauen, was sonst noch so im All kreucht und fleucht, was nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Und so wird in knapp 296.000 Jahren Voyager 2 am Stern Sirius vorbei fliegen. Die Distanz zwischen Voyager 2 und Sirius wird in eine sein, für welche das Licht 4,3 Jahre benötigt, um eben diese Strecke zurückzulegen. Zum Vergleich: die Erde ist nur acht Lichtminuten von der Sonne entfernt. Die Distanz zwischen Sirius und Voyager 2 wird im Vergleich dazu über 280.000 mal so groß sein. Aber erst in 300.000 Jahren. Allerdings ist Voyager 2 dann ein stromloser Metallklumpen.

Es erinnert mich an ein Cartoon der 90er Jahre: ein Mann steht mit einer Kamera in der Hand und erklärt, er habe weltexklusiv Fotos vom Weltuntergang gemacht. Allerdings wüsste er nicht, wo er den Film entwickeln lassen könne. Heute hätte er das Problem nicht. Allerdings säße er mit seinem Smartphone sich bitter an einer Ecke, weil er seine Weltuntergang-Selfies weder auf Facebook noch auf Instagram posten könne, weil deren Server down wären.

Ähnlich wird die Situation sein, wenn Voyager 2 den Sirius passiert. Und niemand wird es erfahren. In 300.000 Jahren

Nicht nur Voyager 2, sondern auch Voyager 1 werden bald für die Menschheit völlig nutzlos und dann für andere unentdeckbar durch die unendlichen Weiten cruisen. Das wird wohl ab 2030 der Fall sein, wenn die nukleare Stromversorgung der Sonden aufgebraucht sein wird.

An Board beider Sonden befinden sich Erinnerungen und Artefakte an eine Menschheit, verewigt u.a.a. in einer goldenen Medienplatte mit Musik von Chuck Berry und Louis Armstrong. „Johnny B. Goode“ mit „Melancholy Blues“ zum Roll over verschiedener Beethoven-Stücke. Vereint in der Unendlichkeit. Keine Sorge. Eine Abspielvorrichtung wurde dazu gelegt. Sollte die Plattenindustrie zuvor Pleite gegangen sein oder sollten die Aliens über keinen gültigen Amazon-Account verfügen, genau hierzu hatten sich gestern einige Menschen Gedanken über das Morgen gemacht, ohne unser Heute gekannt zu haben.

Den Einflussbereich unseres Sonnensystems hat Voyager 1 vor fünf Jahren verlassen. Voyager 2 dagegen befindet sich noch im äußeren Bereich. Wer von den Aliens mag, darf die Sonden mitnehmen und aufmachen. Nur, die Wahrscheinlichkeit, dass diese Sonden gefunden werden, ist genauso gering wie eine Kollision einer der beiden Sonden mit einem kosmischen Gesteinsbrocken oder gar einem Schwarzen Loch. Also höchst unwahrscheinlich, um einmal genau zu sein. Um noch genauer zu sein, von einer Kastanie im Biergarten am Kopf über seinem Bier beim Lesen der FAZ getroffen zu werden, das ist wahrscheinlich wahrscheinlicher.

Allerdings, bei dem momentanen Wetter ist es eh nichts mit der Biergarten-Gemütlichkeit. Der Sommer hat sich längst verabschiedet und ist mit dem Schwalben gen Süden am Fliegen. Und mancher Mensch entledigt sich ebenfalls seinen Sommer-Erinnerungen

Ein beliebter After-Sommer-Sport von Anwohnern ist es jetzt, Sachen einfach auszusetzen. Es geht hierbei nicht um das Aussetzen des Dackels oder der Oma angebunden an einer Leitplanke auf einer einsamen Autobahnraststätten-Ausfahrt, sondern um Dinge aus dem Besitztum des Eigentümers. Verständlich. Denn im heimischen Müllbeutel passt der Krempel nicht und beim Müll-runter-Tragen droht immer die Tüte zu reißen. Also bleibt als einziger Ausweg, das Aussetzen am Gehwegrand. Damit das Ganze nicht so nach illegalen Sperrmüll ausschaut, wird noch ein Zettel dran geklebt: „Zu verschenken“ und schon fühlt sich der Eigentümer der Verantwortlichkeit des regelkonformen Entsorgens entbunden. Ist ja verschenkt. Empfänger unbekannt. Einstweilen.

Die NASA macht das ja mit ihren Sonden im Kosmos, dem Weltall, auch so, nicht wahr. Warum sollte es dann Klein-Schmitz in seinem Mikrokosmos nicht auch so handhaben.

IMG_20170907_085218KopieSo findet sich schon mal ein Grill oder sommerlich bunte Fenstermalfarben am Gehwegrand. Oder ein alter Radiorecorder, ein Röhrenfernseher, Geschirr mit hässlichem Zwiebelmuster oder Biergläser. Neulich traf ich auf dieser Weise ein Bierglas mit einem Motiv der Olympischen Sommerspiele 1972 in München. Unter dem Logo der damaligen Olympischen Spiele war ein stilisiert dargestellter Gewichtheber. Das Glas habe ich nicht mitgenommen. Staubfänger besitze ich reichlich. Und in den Biergarten kann ich es nicht verwenden. Es ist weder en vogue, noch erlaubt.

Jedoch, würde die Mitnahme eigener Biergefäße in einen Biergarten aus unerfindlichen Gründen morgen erlaubt werden, wäre das Mitbringen eines eigenen Bierglases eine echte Bedrohung für das bayrischen Gleichgewicht aus Wirt, Bier und Gast. Dieses gottgegebene Biotop würde massivst aus den Fugen geraten mit üblen Folgen für den Häretiker. Der Wirt würde das Glas nicht ausspülen, sondern das Bier in das ungewaschene Glas füllen, das Bier würde deswegen nicht schäumen, die Bayern unter den Gästen im Biergarten würden das sofort bemerken, in schallendem Gelächter ausbrechen und die Kastanienbäume unter deren Gelächter erzittern. Aus den Bäumen würde es Kastanien regnen.

Da ich inzwischen das fatale Beziehungsdreieck Bier-Kastanie-Notaufnahme (siehe auch Teil 1) kenne, aber dann wahrscheinlich trotzdem das Ganze zuvor mit einer fehlerhafterer Wahrscheinlichkeit bewertet hätte, würde ich als Glasmitbringer dann gerade unter jenem Kastanienbaum sitzen, aus denen die Kastanienfrüchte herunter fallen würden. Es wäre eine fatale Fehleinschätzung dieses Beziehungsdreiecks. So eine Blutvergiftung durch eine Verletzung aufgrund einer nicht hygienisch einwandfreien Kastanie, auf den Kopf niederdonnernd, aus einem Kastanienbaum, das ist kein Spaß und bedrohlicher als jede Zombie-Apokalypse.

Als Biergarten-Häretiker würde ich in bitterster Konsequenz zu einem Biergartenwiedergänger mutieren. Als gewesener Biergartenbesucher und gewordener Biergartenwiedergänger wäre das recht übel für mich. Denn für tägliche Biergartenwiedergängerei hätte ich nicht genügend Kontodeckung im Himmel, weil ich zu oft betrunken in Biergärten herum saß, statt mein himmlisches Konto mit guten Taten zu aufzufüllen.

Darum habe ich das Glas dort stehen lassen.

Das ist die wirkliche, einzige Wahrheit.

Fromm und gottesfürchtig.

So einfach ist das.

Königsgambit

C: Ich krieg dich, du Arsch! Pass auf!

D: Nein, Sie kriegen mich nicht. Niemand kriegt mich.

C: Doch. Heute bist du dran. Damals hatten wir nur 3-86-Computer, aber heute haben wir die ganze Power der Zentrale zusammen geschlossen, um dich dingfest zu machen! Wir werden dir das Handwerk legen.

H: Chef, er ist im Zentrum aufgetaucht.

C: Wo ist er jetzt?

H: Chef, er bewegt sich auf Planquadrat D3 zu.

C: D3? Das ist nicht logisch. Was sucht er da? Das wird ihm nichts bringen.

H: Chef! Korrektur, Planquadrat E4! Übertragungsfehler! E4 ist korrekt!

C: E4, he? Jetzt fühlst du dich stark, nicht wahr? Willst mal wieder im Mittelpunkt aller stehen, nicht wahr?

D: Stört Sie das? Aber in der Mitte ist doch immer die meiste Luft. Nach allen Seiten hin.

C: Du fühlst dich wohl besonders schlau, nicht wahr. Aber mach dir keine Sorgen, bald haben wir dich und dann kenn ich kein Pardon!

D: Kein Pardon? Vorsicht, Sie engagieren sich zu sehr emotional. Das könnte auf Befangenheit hindeuten. Ihnen könnte die Objektivität abhanden kommen.

C: Red‘ kein Blech, Dunderhead! Du weißt, wie ich es sehe. Du gehörst wieder zurechtgestutzt auf das, was du vorher warst. Du kannst nicht immer gewinnen!

D: Nicht? Hören Sie mich lachen? Ich werde gewinnen und ich werde mir immer mehr holen.

C: Du hast also auch die junge Frau aus Belgien hinweg gefegt!

D: Ich weiß. Aber sie war noch so unschuldig. Einer musste es ihr doch mal beibringen zu erfahren, wo ihre wahre Stellung ist.

C: Und was war mit den beiden Jungen, die sich dir stellten?

D: Die beiden Buben? Ein Kinderspiel! Die vermisst keiner.

C: Halte dein Mundwerk im Zaum, Dunderhead!

D: Jihaaah! Sie legen mir kein Zaumzeug an. Sie nicht! Ich bin doch nicht ihr Gaul Niemandes Gaul!

C: Das werden wir sehen. Heute ist dein Ende gekommen. Ich mach dich fertig! Ich werde dir dein Handwerk legen. Du hinterlässt keine Spur der Zerstörung mehr!

H: Chef, unsere Computer melden wieder Bewegung.

C: Bewegung? Wohin?

H: Chef, Planquadrat …

C: Lass mich raten, er bewegt sich zielgerichtet in Richtung F2, nicht wahr?

H: Jawohl, Chef!

C: F2. Jetzt habe ich dich dort, wo ich dich hin haben wollte. Fast an dem Rand. Dunderhead, du begibst dich aus dem Zentrum raus? Hast wohl Schiss, gib es zu!

D: Schiss? Das ist das, was ich auf Ihre Planpapiere hinterlasse. Und zwar einen ganzen dicken, mein Bester. Meine Planpapiere sind besser, größer, weitreichender als ihre Mickrigen.

C: Ich bin nicht dein Bester, merk dir das.

D: Ach ja? Haben Sie etwa den Vorfall mit Ihrem Bruder vergessen?

C: Meinen Bruder? Was soll ich vergessen haben?

D: Als ich ihn niedergemäht hatte. Erbarmungslos. Ausradiert. Einfach so.

C: Mein Bruder wurde nie niedergemäht. Von niemanden! Hätte er sich nicht umgebracht, ich würde ihn als Zeuge dafür benennen!

D: Sich nicht selbst umgebracht? So, so. Ihre werte Meinung. Wenn Sie meinen. Sind eigentlich alle aus Ihrer Familie solche geistigen Flachpfeifen, die sich nicht zu verteidigen wissen?

C: Was hattest du mit meinem Bruder gemacht?

D: Das selbe wie mit Ihrem Vater vorher. Sie erinnern sich noch? Man fand ihn leblos über den Tisch gesunken. Mein Bester, Sie envolvieren sich zu sehr. Denken Sie an meinen Ratschlag. Lassen Sie es nicht persönlich werden. Sonst werden Sie wegen Befangenheit das Spiel verlassen.

C: Dunderhead, du denkst wohl, du bist ein Oberschlauer, nicht wahr. Mein Vater hatte einen unentdeckten Tumor, an dem er starb.
Ich werde jetzt Einheiten auf diesen Gauner vorrücken lassen! Es reicht.

H: Chef, er hat sich wieder bewegt.

C: Wohin?

H: Chef, Planquadrat H1.

C: H1? H1?! Wieso H1? Was sucht er in der Ecke? Das macht doch keinen Sinn! Was heckt der wieder aus? Der springt mir zu sehr.

H: Chef, das ist sein Naturell.

C: Willst du mich belehren? Das weiß ich selber!

H: Nein, Chef, nein, das wollte ich nicht, ich wollte …

C: Schnauze halten! Jetzt werden wir ihm eine verpassen, ihn matt setzen, den Kaffeehausspieler. Alles bereit und warte auf meine Anweisungen!

D: Wie war das nochmal mit dem Spanier? Sie erinnern sich an den Spanier?

C: Der Spanier? Der geschlossene Spanier?

D: Naja, so geschlossen war er nicht. Ich habe ihn aufgemacht, fein seziert und zerlegt. Und dann zurück gelegt. Er hat nie wieder sich gegen mich erhoben. Es sah so natürlich aus, als man ihn mit verdrehten Augen fand.

C: Du meinst wohl, wir spielen hier ein Gambit, Dunderhead? Du liebst es, Opfer vor dir liegen zu sehen?

D: Was denn sonst? Gambit ist die höchste Kunst der Künste. Königsgambit. Und Sie, mein Bester, sind ein König. Sie sind heute dran. Heute sind Sie mein Ziel, mein Opfer. Niemals werde ich ruhen, bis dann alle Könige vor mir zu Kreuze kriechen werden.

C: Du kommst dir wohl ganz groß und mächtig vor, Dunderhead, nicht wahr. Aber wir beide hier verfolgen dich, wir kennen jeder deiner Schritte und wir berechnen alle deine zukünftigen im Voraus. Wir kriegen dich, bevor du überhaupt in meine Nähe kommst. Überhaupt in mein Quartier eindringen kannst. Du Superhirn für Arme! Und dich werden wir …

D: Kennen Sie die Aljechin-Pulaski-Variante des Doppel-Turm-Gambits?

C: Aljechin war Großmeister des 20. Jahrhunderts. Und wer soll Pulaski sein?

D: Der Begründer der amerikanischen Kavallerie des 18. Jahrhunderts..

C: Aljechin und Pulaski haben nicht im Geringsten etwas miteinander zu tun!

D: Nichts? Sicher?

C: Und was soll ein Doppel-Turm-Gambit sein? Wieder so eine Erfindung von dir, Dunderhead?

D: Doppel-Turm-Gambit ist, wenn alle Türme gleichzeitig fallen. Kennen Sie das nicht? Und noch etwas: Sie sollten mich nicht immer „Dunderhead“ nennen. Sie wissen, das macht mich wütend. Und wenn ich wütend bin, dann bin ich gefährlich und unberechenbar.

C: Ach ja, Dunderhead? Was Sie nicht sagen, Dunderhead.

H: Chef. Er ist verschwunden, wir haben ihn verloren!

C: Was haben wir?

H: Chef, vorhin war er noch klar lokalisierbar in Planquadrat H1. Aber jetzt ist er weg.

C: Weg? Wie „weg“?

H: Chef, weg, einfach weg, fort, futschikato, verschwindikowski, Chef.

C: Ich verstehe nichts. Dunderhead! Dunderhead, Du lausiger Springer! Was hast du vor? Glaube ja nicht, wer du bist! Wir kriegen dich! Dunderhead, du mieser Schachbrettfigurenschubser!

D: Nun ich bin noch nicht fort. Sie kennen den Rösselsprung, mein Bester?

C: Rösselsprung?

D: Der Springer beherrscht ihn. Tja, und jetzt ist ihr lieber „Dunderhead“ einfach mal so vom Brett gesprungen, ihr geliebter Springer „Dunderhead“. Einfach so. Von H1 direkt neben das Brett neben der dritten Reihe. Und wissen Sie, was ihr geliebter „Dunderhead“ jetzt machen wird?

C: Dunderhead! Unterstehe dich! Lass das!

H: Mein Bester, jetzt beginnt das Königsgambit kombiniert mit dem Doppel-Turm-Gambit, das Tödlichste und Vernichtenste aller Schachgambits.

C: Dunderhead! Spiele fair! Ich gebe Dir auch ne Chance, ich nehme dort vorne auch meinen Bauern vor der Grundlinie weg. Einfach so. Ist das nicht ein faires Angebot? Dunderhead? Dunderhead!

H: Chef, das Brett kippt. Dunderhead kippt das Brett!

C: Was? Dunderhead! Dunderhead!

H: Chef, wir kippen! Die ersten Schachfiguren fallen bereits vom Brett!

C: Dunderhead, Du charakterloses Arschloch! Lass das! Spiele fair! Dunderhead, höre damit auf, Daaaan-daaaa-heeeeeeeeee ….

 


 

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Wie verschiedene Presseagenturen in etwa gleichlautend mitteilten, soll nach noch nicht bestätigten Berichten wieder ein Schachspieler beim internationalen Schachturnier gegen die künstliche Internetintelligenz „AlphaOmega“ verstorben sein. Diesmal handele es sich offenbar gar um den englischen Schachgroßmeister „Blacky Klein“. Berichten entsprechend wurde „Blacky Klein“ leblos vor seinem Schachrechner-Clusterverbund aus zwanzig Großrechnern von seinem Helfer und Adjutanten Emanuel Reksal aufgefunden worden sein. Tragisch daran ist besonders, dass „Blacky Klein“ wohl schon das dritte Mitglied einer Familie von mehreren Schachgroßmeistern ist, welches bei dem derzeit stattfinden, internationalen Schachturnier im Internet gegen „AlphaOmega“ gestorben ist. Schätzungen gehen davon aus, das in den letzten beiden Wochen bislang zu dreißig Todesfällen bei diesem Turnier gekommen sein könnte. Politiker vieler Nationen forderten bereits das Abschalten von „AlphaOmega“. Jedoch wird das von führenden Wirtschaftsexperten vehement abgelehnt. Ein Eliminieren von „AlphaOmega“ würde gleichzeitig bedeuten, dass das Internet komplett über Tage abgeschaltet und danach neu aufgebaut werden müsste. Dieses brächte der Weltwirtschaft unverantwortbare Auswirkungen und unabsehbare Negativkonsequenzen für den Wohlstand der führenden Industrienationen. Eine Expertenkomission aus bedeutenden Software-Programmierern soll nächste Woche in New York gegründet werden, die sich des Themas annehmen, um eine Lösung zu finden.

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Kneipengespräch: Krieger, denk mal …

C360_2013-12-12-17-12-54-529_DxO_thumb.jpg Die ganze Zeit saß er schweigsam neben mir und nur hin und wieder entfuhr ihm ein leichter Seufzer. Ansonsten sagte er nichts. Sein Business-Anzug war von edlem Stoffe. Dessen mattes Dunkelgrau strahlte eine Ruhe und Überlegenheit aus, die allerdings kaum zu den Gesten seines Trägers passten. Immer wieder hob er seine Kölsch-Stange auf Mund-Höhe, setzte sie aber unentschlossen ab, spielte darauf mit seinen Fingern an dem Sockel des Glases und trommelten dort einen unhörbaren Rhythmus drauf. Das machte er drei oder viermal, bis es mich störte und ich mich ihm zuwandte.

„Sie müssen das Kölsch schon trinken. Lediglich es in Gedanken zu tun, hilft nichts, denn dann wird’s schal. Prost.“

Ich hielt ihm mein Kölsch zum Anstoßen hin. Aber er sah mich nur an. Wenn Augen der Spiegel zur Seele sind, dann sah ich tief in einem leeren Abgrund. Mit seiner linken ruckelte er kurz seine fliederfarbenen Krawatte in Position, strich vorsichtig über sein weißes Hemd und ergriff sein Kölsch.

„Wissen Sie, da sagen Sie etwas bedeutendes.“

„Prost?“

„Nein, Gedanken.“

„Sie machen sich Gedanken? Ich mach mir lieber einen schönen Abend.“

„Sie denken nicht, okay, sie geben mir aber zu denken. Wissen Sie, was Nekrophilie ist?“

„Ich denke Gedanken, also bin ich. Und Menschen mit nekrophiler Veranlagung fühlen sich von toten Gegenständen angezogen, weil sie Angst vor dem Lebendigen haben.“

„Richtig, mein Bester“, er hob sein Glas und stieß mit mir an, „auf deutsch, solchen Menschen ist ein Blechschaden an der eigenen Karre mehr Aufregung wert als die weltweit an Hunger sterbenden Kinder. Das Blech ist heilig. Und ein Galgen ist solchen Menschen beachtenswerter als jener Mensch, der drunter steht.“

Ich nahm einen Schluck aus meinem Glas und versuchte abzuwiegeln, um das Gespräch in seichtere Gewässer zu führen: „Sind wir nicht alle ein klein bisschen nekrophil?“

„Für jene ist das größte Aphrodisiakum all jenes, was den Geruch von Tod an sich hat: Uniformen, Raketen, Drohnen. Nicht, weil dies lediglich Totes sind, sondern weil sie den Geschmack des Todes bringen. Und der Tod ist das größte Aphrodisiakum der Menschen.“

„Ich habe aufgehört mir Gedanken darüber zu machen, denn es führt in die Gedankenlosigkeit. Können wir das Thema wechseln?“

„Wissen Sie, Gedanken sind so eine Sache. Wer macht sich denn eigentlich Gedanken. Nur wir Menschen. Evolutionstechnisch hat es uns an die Spitze der Nahrungskette dieser Welt gebracht, aber auch Mord und Totschlag haben sie erschaffen.“

„Und die Religionen. Unterschätze nie die Macht dummer Leute, die einer Meinung sind. Tucholsky.“

Er schien, über meine Bemerkung hinweggehört zu haben, und schaute grübelnd auf sein Glas: „Vielleicht ist die Fähigkeit, Gedanken zu entwickeln und zu haben, einfach nur eine eigentümlich Fehlentwicklung der Natur. Spätestens bei der Frage, wer hat das System erschaffen. Selbst auf eine stundenlange Antwort kann locker die postwendende Frage ‚Und wer oder was war der Schöpfer davon?‘ retourniert werden und zeigt, dass dieses sinnlose Spiel unendlich getrieben werden kann, um Menschen in die Anzweiflung dem Sinn ihrer Existenz zu treiben.“

„Der Gedanke als Virus? Ein Gedanke ist wie ein Virus, resistent, hochansteckend und die kleinste Saat eines Gedanken kann wachsen. Er kann Dich aufbauen oder zerstören. Aus dem Film Inception.“

Dummköpfe zu ertragen, ist sicherlich der Gipfel der Toleranz. Voltaire.“

Jedes Monster hat als Mensch begonnen. Ablee.“

Viele Menschen würden eher sterben als denken. Russel.“

Wir schwiegen. Uns fielen keine Zitate mehr zum Auftrumpfen ein.

Er trommelte wieder auf den Sockel seines Glases und schaute mich an: „Wissen Sie, als der Computer DeepBlue 1996 im Schach den Schachweltmeister Garri Kasparov besiegte, waren wir erstaunt. Aber Schach erschien uns berechenbar, weil endlich. Im Februar 2010 schlug der IBM-Computer Watson im Jeopardy die damaligen Rekordhalter dieses Spiel, Jennings und Rutter, sehr deutlich. Die künstliche Intelligenz Watson verstand bereits menschliche Wortspiele und auch Hintersinne. Inzwischen erschuf Watson auch noch einen Film-Trailer, der letztes Jahr ins Kino kam. Die von der Firma Google geschaffene künstliche Intelligenz AlphaGo hat das äußerst komplexe Brettspiel GO durch einfaches Zuschauen erlernt. Vor einem Monat, am 3. März, hat AlphaGo dann den südkoreanischen Go-Weltmeister Lee Sedol mit 5:0 deklassiert. Computer und deren Software lernt das Denken und wir stehen dabei und wundern uns.“

„Na gut, durch künstliche Intelligenz wäre es keinem Piloten mehr möglich eine Passagiermaschine in einen Berg zu steuern oder mit zu knappen Treibstoffvorrat ein weit entferntes Ziel anfliegen. Eine KI würde dem Piloten die Gewalt entziehen und die Maschine darüber hinweg fliegen oder den nächsten Landeplatz ansteuern. All die Kinder aus Haltern und auch die brasilianische Fußballmannschaft würde dann noch leben.“

„Nur was machen wir, wenn die KI das Lebenswichtigste erkennt, was unser Leben steuert? Zum Beispiel in einem Tesla-Fahrzeug“

„Wenn in nicht ferner Zukunft erneut ein Tesla-Fahrzeug bei hohem Tempo einen kreuzenden LKW in seiner Fahrbahn entdeckt, dann wird der analysieren, ob er eher rechts in die Gruppe der Rentner oder links in die Kindergruppe am Straßenrand steuert oder ob der Fahrer doch noch sterben muss, weil alle anderen wertvoller sind. Er wird analysieren, was das geringere Übel sein könnte.“

„Falsch. Er wird reagieren wie wir Menschen. Er wird das Prinzip des Überlebens um jeden Preis wählen. Kein Mensch wird sich überlegen, wer wo am Straßenrand steht, sondern nur, wie er am besten der lebensgefährlichen Situation entkommt. Der Tesla wird sich dieses vom Menschen abschauen und berechnen, mit welcher Kollision er den geringsten Schaden an sich erzeugt. Er wird erlernt haben, was es heißt zu überleben und dass der Mensch in lebensgefährlichen Situationen drei Grundregeln kennt: fliehen, tot stellen oder kämpfen. Der Mensch wird für den Tesla dann zweitrangig.“

„Wir sollten dagegen kämpfen.“

„Ah ja. Krieger, denk mal.“

„Denken. Ich denke, also werde ich sein,“ sinnierte ich vor mich hin.

Wie kann es sein, dass ich, der ich bin, bevor ich wurde, nicht war, und dass einmal ich, der ich bin, nicht mehr ‚Der-ich-bin‘ sein werde? Vom Engel Damiel aus Der Himmel über Berlin.“

Aber du bist ja nicht da. Ich bin da. Es wäre schön, wenn du da wärst … du könntest mit mir reden. Peter Falk“, seufzte ich meine Erwiderung und schaute beim Aufblicken den Wirt an. In dessen Augen erkannte ich den mir altbekannten Vorwurf der letzten Zeit. Ich blockierte ihm wohl seinen Feierabend.

„Na? Wieder wach? In letzter Zeit säufst du mir zu viel. Ist zwar gutes Geschäft für mich, aber du ruinierst dich noch. Denk mal drüber nach. Ich mach jetzt zu. Feierabend. Du darfst zahlen und gehen. Compañeiro.“

Ich stand auf, legte ihm ein paar Scheinchen auf den Tresen und wankte auf die mir ausweichende Tür zu …