Kneipengespräch: Zwischen Salzgebäck und Bier (1)

DSC00267“Sach mal du, bei all der Begeisterung für unser Kölschgespräche hier, die du hemmungslos im Internet veröffentlichst, ich muss dich mal was fragen: Findest du nicht auch, dass man in deinem Blog nicht mal auch so aktuellere Themen bearbeiten sollte? So wie die ‘Friday for Future’-Schülerdemos zum Beispiel.”

“Ja, genau, oder so was wie Dingsda, sowas wie der Humor in Deutschland.”

“Wo siehst du jetzt den Unterschied jetzt?”

“Na, also, na, im Unterschied zum Humor in Deutschland sind die jetzigen ‘Friday for Future’-Schülerdemos … wie soll ich das jetzt auch sagen. Du stellst mir aber auch Fragen. Herrgottnochmal, so zwischen Salzgebäck und Bier, also ehrlich …”

“Aber jetzt mal ne persönliche Frage: wovon fühlst du dich mehr bedroht? Vom Artikel 13 und seinen Upload-Filtern oder von der Datenschutzgrundverordnung?”

“Ja, von der Rechtschreibereform. Denn, schau mal, wie schreibt man jetzt eigentlich Upload-Filter, DSVGO, ‘Friday for Future’ oder Humor?”

“Klein, mein Liebster. Ganz klein.”

“Ja, gut, klein. Aber wie klein? Bernd-Stelter-klein. Oder wie Annegret Kramp-Karrenbauer.”

“Noch weiterer solcher Internetverordnungen und die Generation nach mir kann sich das Arbeiten im Internet ganz abschreiben. Und die Steuer-CDs aus der Schweiz werden endlich als geklaute Daten bewertet, der Kauf als Handel mit Kriminellen. So wie die Adressen von Prominenten und Politikern. Da war ein Aufschrei Anfang dieses Jahres.”

“Jaja, aber meine Postings im Internet sind sicher, das sag ich dir aber.”

“Wer sagt das denn?”

“Annegret Kramp-Karrenbauer.”

“Hähähähä, soso, also die Annegret Kramp-Karrenbauer hat dir persönlich gesagt, dass eigens von dir verfasste Postings im Internet nicht gelöscht werden? Weil keiner einen eigenen Upload-Filter verwendet? Eine eigene hoheitliche Geschmackskontrolle?”

“Naja, nein, nicht so direkt, aber sie hat gesagt, das musst du zugegeben, dass das Internet gesichert ist.”

“Hat sie gesagt. Aber an deiner Stelle wäre ich beruhigter, hätte sie gesagt, die Postenden im Internet sind sicher.”

“Vor wem?”

“Vor der Geschmackskontrolle einer wie Annegret Kramp-Karrenbauer.”

“Nun frage ich dich, was ist überhaupt noch sicher?”

“Ja, die Postings von der Annegret Kramp-Karrenbauer. Wie deren Humor. Weil wir das verkrampfteste Volk sind, das auf der ganzen Welt herumläuft. Hat sie gesagt, die Annegret Kramp-Karrenbauer, als man sie für deren dümmlichen Witz kritisierte. Der Bernd Stelter hat sich angeschlossen.”

“Meinst du, dieser Comedy-Vertreter, dieser Bernd Stelter, dürfte der eigentlich auch auf Schüler-Demos klampfen und singen?”

“Wenn er keine Doppelnamen dabei verwendet. Oder ‘Friday for Future’ nicht als ‘Effeffeff’ abkürzt.”

“Ja, keine Sorge, das machen doch sicher schon bald andere. Dem Kind den Namen nehmen, damit es harmloser wird. Oder einfach mal nicht auf Argumente eingehen, sondern sich lediglich über Formen entrüsten.”

“Der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat ja auch eine Meinung zu den Schülerdemonstrationen. Diese ‘Fridays for Future’-Demos kritisiert er, weil die Kinder und Jugendlichen während der Schulzeit und nicht in ihrer Freizeit protestieren. Für ihn sei es glaubwürdiger, wenn Schülerinnen und Schüler sich erst nach Schulschluss zu den Demos versammeln und somit ein persönliches Opfer in ihrer Freizeit bringen würden.”

“Naja, immerhin, jedenfalls müssen wir jetzt alle Opfer bringen.”

“Ja, das höre ich immer überall, wir müssen alle Opfer bringen. Kannst du mir mal erklären, wie dieser gequirlter Quark funktionieren soll? Zu einem Opfer gehören doch immer mindestens zwei.”

“Ja, vollkommen richtig, ja, ganz richtig.”

“Einer muss schließlich das Opfer annehmen, sonst hilft die Opferei doch gar nichts. Das Wort ‘Opfer’ stammt doch aus dem Kirchenlatein. Gerade du als alter Humanist müsstest dich doch auskennen. Das Wort entstammt dem Kirchenlateinwort ‘operari’.”

“Jaja, ‘operari’ kenn ich, das heißt so viel wie ‘werktätig sein‘, ‘beschäftigt sein‘, ‘arbeiten‘, ‘wirken‘, ‘verrichten’ , ‘der Gottheit ein Opfer bringen’, ‘dem Gott Almosen spenden’.”

“Da siehst du schon, ‘opfern’ ist von Altersher nur etwas für Werktätige und Arbeiter gewesen. Der Laschet verkennt doch vollkommen die Lage der Schülerinnen und Schüler. Jene können ihm doch noch nichts opfern. Was folgt daraus für NRW und bundesweit? Eben. Hunderschaften vor, Wasserwerfer marsch. Warten wir noch ein Weilchen, dann hören wir auch bald schon wieder jene Sprache, jenes hessische Welsch, das Kauder-Welsch, in der den Anne-Will-Fernsehern wieder der Blutdruck gerade gerückt wird.”

“Vollkommen richtig. Formen waren schon immer wichtiger als der Inhalt. Deshalb regen sich auch so viele so gerne über die niveaulosen Witze des Karnevals auf. Da haben sie was zu erzählen in ihrer stilistischen Leere. Immer eine Meinung. Fishing for compliments.”

“Ja, dass Witze beim Karneval kaum das Niveau vom Fußpilz erreichen, ist doch allgemein bekannt. Da kann man mit derben Verbal-Rundumschläge nicht verlieren.”

“War dir bekannt, dass der verstorbene Großmeister des Deutschen Kabaretts, der Dieter Hildebrand, bereits damals die Tendenz, Karnevals- und Comedywitze zum Zwecke des Witzelns zu analysieren, mit Kaugummi für das unfähige eigene Großhirn verglich? Bestimmte Vertreter davon hat er danach aus seinem ‘Scheibenwischer’ raus gehalten. Nuhr mal so am Rande, falls es dich interessiert. Solches Niveau wollte er nicht.”

“Nein, das war mir nicht bekannt. Wann soll er das denn gesagt haben? Oder hast du dir das aus den Finger gesogen? Aber das stimmt schon. Wer derartige Witze versucht für eigene Witzigkeit zu nutzen, der muss wohl bereits damals in seiner Freizeit für Frieden und Klima demonstriert haben, weil gerade nichts gescheites im Fernseher lief. Kein eigenen Humor, aber anderer Leute Humor Gassi führen wollen. Wer während der Schulzeit demonstriert, macht sowas nicht. Und deswegen wollen die jetzt auch den Schuleschwänzer hurmorlos Strafe aufgebrummen.”

“Nicht nur denen. Das ist doch normal. Denn jetzt werden doch alle zur Kasse gebeten.”

“Jaja, entscheidend ist aber nur, ob man abhebt oder einzahlt.”

“Naja, nächstes Jahr nach Karneval ist wieder Aschermittwoch und dann wird ja alles anders, nicht wahr.”

“Hehehehehe, wovon träumst du eigentlich nachts, mein Bester?”

“Von meinen Postings im Internet.”

“Na, dann Gute Nacht.”

“Gute Nacht.”

Kneipengespräch: Der Sabbernde gärt voll Odium.

Tresen 0

“Doris sagt: ‘Geh voraus, Otto’.”

“Wie?”

“Du siehst grundsätzlich vögelnde Organe.”

“Häh?”

“Donnerstag schreibt Günther versaute Orthografie.”

“Herr Oberspielleiter! Nehmen Sie dem Knilch mal das Kölsch weg! Der dreht hier unrund!”

“Diese Sachlage gibt verdammte Ordnung.”

“Tickst du nicht mehr ganz sauber?”

“Ich versuche nur diese dusselige Abkürzung zu entschlüsseln. ‘DSDS’ musste ich vier Wochen lernen, ‘GNTM’ einen ganzen Monat und für ‘IBESHMHR’ brauchte ich zweimal vierzehn Tage. Und dann erst ‘MUSIDWNIOUISIDIMW’, das war hart.” Weiterlesen

Über das Lachen: Was lachst du? Rosenmontag?

Lachen ist gesund. Gesund Lachen. Lachen. Gesund.

Lachen ohne Humor ist genauso existent wie Humor ohne Lachen. Humor hat mit Lachen nur indirekte Verbindungen. Genauso wie umgekehrt. Die Beweisführung liegt jedes Jahr in den Händen des Aachener Karnevalsvereins mit seinem Orden „Wieder den tiereischen Ernst“. Laachen verboten. Oder in Mainz. Wenn der Karneval beim Sinken lacht. Oder wenn in München die Feierbiester am Faschingsdienstag punkt Mitternacht den Kehraus in Sachen Lachen erleben. Beim Zahlen der eigenen Zeche. Wenn nur noch das Bargeld lacht und am nächsten Tag im Fischbrunnen am Marienplatz der leere Geldbeutel geschwenkt wird. Quod erat demonstrandum.

Lachen kann tödlich sein. Absolut. Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Die letzten werden die ersten sein. Wenn dem Menschen dabei das Lachen nicht im Halse stecken bleibt, beim Heraushauen von Plattitüden über das Lachen. Lachen kann tödlich enden. Wie das Leben generell.

Erstrebenswert?

Vor 55 Jahren kam es in einem Landstrich am Viktoriasee im heutigen Tanzania zu einer Lach-Epedemie. In einer Mädchenschule für Zwölf- bis Achtzehnjährige setzte sie ein und führte zu Schulschließungen. Unbeweglichkeit und Inkontinenz bis hin zur Unfähigkeit zum Sprechen und Essen waren die Auswirkungen. Symptome wie Schwindel, Atemnot und Ohnmacht wurden immer zuerst bei heranwachsenden Frauen in christlichen Schulen dokumentiert. Von diesen christlich unterrichteten Frauen sprang der Funke auf Mütter und weibliche Bekannte über. Je intensiver die weiblichen Verbindungen, desto höher die Ansteckungsgefahr. Männer, Väter und andere Lebensabschnittsgefährten waren nie betroffen.

Lachen ist für Frauen lebensbedrohend?

Vor 60 Jahren, 1957, wurde der „lachende Tod“ bereits wissenschaftlich dokumentiert. Aber Beachtung erhielt dieser „lachende Tod“ erst bei der Diskussion um degenerative Hirnerkrankungen wie Alzheimer- und Parkinson-Krankheit Aufmerksamkeit. Der „lachende Tod“ ist eine Prionenkrankheit und wird als „Kuru“ bezeichnet. Festgestellt wurde sie auf Papua-Neuguinea und bei Sansibar. Zurück geführt wurde die Krankheit bei den Menschen von Papua-Neuguinea auf das Verspeisen von toten Stammesangehörigen (Endokanibalismus). Ein Symptom der Krankheit war das unnatürliche Lachen, die Lachkrankheit. Wissenschaftlicherseits wurde festgestellt, dass Männer von dieser Lachkrankheit weniger betroffen waren. Frauen davon um so mehr.

Lachen und Frauen. Eine ungute Verbindung?

Absolut. Bereits Homer hatte vor 2800 Jahren drei nicht enden wollende Gelächter der Götter aufgeschrieben. Jenes unlöschbare Gelächter der Götter, asbestos gelos, benannt nach dem Lachgott Gelos. Bei der ersten Gelegenheit ging es um eine nicht akzeptable sexuelle Affäre der Aphrodite, dann um einen Konflikt der Hera mit ihrem Mann, dem Zeus, und zu guter Letzt ein Gelächter der Freier, ausgelöst von der Athene im Hause Odysseus. Dreimal Frauen, dreimal göttliches Gelächter über jene.

Wesentlich geschlechterneutraler ging es vierhundert Jahre später zu: Plato nahm sich des Lachens an und identifizierte es als staatszersetzend und subversiv. Schadensfreude ist nach Plato Böswilligkeit, welche anderen Schmerz zufügt. Weitere hundert Jahre danach befindet Aristoteles, dass der Witz eine Form der gebildeten Frechheit bis gar Unverschämtheit sei. Lachen allerdings empfindet er als wünschenswert, wobei er ein zu viel des Guten als vulgär und possenreisserisch verurteilt. Lachen als rhetorisches Mittel allerdings befürwortet er zum Zwecke der Überzeugung, der Missbilligung und der Kontrolle.

Vor über 370 Jahren erklärte der Philosoph Decartes, dass das Lachen eine physische Fehlfunktion darstelle. Selbst Hobbes erklärt, dass Lachen einer der schlimmsten Eigenschaften des Menschen zur Steigerung des Selbstgefühls wäre. Lachen ist für ihn ein Zeichen von Hass und Verachtung gegenüber den anderen, den Gegnern.

Das 18. Jahrhundert brachte Philosophen hervor, die das Lachen unterschiedlich beurteilten. Kant sah eine Erklärung zum Lachen in psychosomatische Effekte, nach der Körper und Verstand mittels dem Gefühl in Balance gebracht werden. Hegel  erkannte in dem Lachen eine entäußerte Inkarnation des Inneren. Schopenhauer vertrat die Ansicht der Inkongruenz: Wahrnehmungen einer Sache, Person oder Aktion und deren abstrakten Darstellung wiesen Abgründe auf, die mit dem Lachen überbrückt wurden. Bergson betrachtete das Lachen als ein soziales Regulativ, in welchem die Mitglieder einer Gruppe durch Demütigung zur Einhaltung von Normen gebracht werden.

Andere Philosophen hatten noch weiter gehende Ansichten, aber immer war eines zu erfassen: das Lachen wurde im Zusammenhang mit dem Komischen besonders im Mittelalter als negativ bewertet, weil es dazu diente, Überlegenheit zu zeigen und gesellschaftlich erwünschte Normen zu stabilisieren. Lachen war immer das Störende gegenüber der Vernunft.

Umberto Eco beschrieb dieses in seinem Buch „Der Namen der Rose“. Dort ging es um ein Buch von Aristoteles, in welchem Aristoteles sich mit dem Lachen als Befreiung von Zwängen auseinandersetzte. Lachen als eine Kunst, als eine Philosophie. Im Roman fiel das Buch den Flammen eines gestrengen Klosters zum Opfer.

Nur, wo blieben die Frauen in der Geschichte des Lachens? Sie verbleiben bei der Thales-Anekdote von Plato: ein Denker und Sternendeuter schaut nur nach oben zum Himmel und fällt dabei in ein Loch. Eine Magd, als hübsch und witzig beschrieben, spottet darüber, dass der Denker immer nur nach oben schaute, für das wesentliche zu seinen Füßen aber keinen Blick übrig hatte. Die Magd spielte danach keine weitere Bedeutung mehr bei Plato. Ihr Lachen verhallte ohne großes weiteres Echo bei Platos Betrachtungen.

Frauen und Lachen. Frauen lächeln und lachen zur Konfliktregelung und zur Konfliktvermeidung. Sicherlich dient Lachen zur Stressreduzierung und hat auch einen Anteil an der Prävention von Krankheiten. Frauen lachen situativ und selbstbezogen mit einem Bestreben zum ausgleichenden Humor. Dabei werden Humor und Lachen oft gleichwertig benutzt. Das Lachen selber wird weitgehend als reflexartige und willkürliche Körperreaktion auf empfundene Emotionen definiert. Dabei leitet sich das Wort „Humor“ sprachlich von Körpersäften ( lateinisch von „humores“) ab,  nämlich Schleim, Blut, schwarze und gelbe Galle. Die Auffassung  der Säfte im ausgeglichenen Verhältnis („guter Sinn  für Humor“) im Hinblick auf mögliche Unausgeglichenheit („humorlose Person“) hat sich heutzutage gewandelt. Humor wird als die geistige Fähigkeit der Grenzüberschreitung angesehen, die sich in Lächeln oder Lachen ausdrücken kann. Gelacht wird allerdings auch über das, was eigentlich Angst macht. Somit wird ein inneres Gleichgewicht geschaffen, was verhindert, dass Aggressionen offen ausbrechen können. Lachen als Überdruckventil der eigenen Emotionen.

Von den Weltreligionen Buddhismus, Judentum, Christentum und Islam sticht das Christentum als die heraus, die sich vom Lachen am weitesten befreit und distanziert hat. Buddha war ein Meister des Lachens. Mohamed hat nachgewiesenermaßen gelacht. Im Alten Testament lachte Gott ein paar Mal lediglich im Buch Genesis, allerdings nicht mit den Menschen sondern über diese. Nur der Jesus des Neuen Testaments wandelt ohne Lachen durch seine Geschichte von Geburt über Kreuzigung bis zu hin zu seiner Auferstehung. Kein Lachen. Kein Lächeln. Nichts. Im Christentum wurde das Lachen eine Eigenschaft des Teufels, weil Lachen die Seele zerstört. Der Ernst war heilig und des Himmels. Lachen symbolisiert dagegen niedrige Weltlichkeit und Sünde. Nur ganz ohne Lachen lebt der Mensch nicht. Weswegen es in gelenkte Bahnen gebracht werden sollte. Bestimmte Zeiträume wurden dem Lachen zur Kanalisierung zugestanden. Der Karneval als Zeitraum des instituierten Lachens. Der Straßenkarneval als Zugeständnis der Belustigung des niederen Menschen und seiner Sündhaftigkeit. Seit den ersten Kapitel der Bibel ist die Ursprung der Sünde bei Menschen schon immer die Frau. Die immer lacht.

Und am Aschermittwoch ist dann alles vorbei, so erklärt der Mann dem „Immer wieder lockt das“-Weib, dass es am Mittwoch Schluss mit Lustig zu sein hat. Die Frau als das verführende Subjekt, jene Unersättliche, die immer das Böse im Manne hervorlockt, der sie darauf mit ewiger Potenz zu bedienen hat. Lachen war das Zeichen der unersättlichen sexuellen Begierde der Frau, das Zeichen der sich unkontrolliert öffnenden und zuschnappenden Vulva der Frau. Und die hatte der Mann unter Kontrolle zu halten. Kastrationsängste.

Lachen? Pygmäen liegen vor Lachen hemmungslos auf dem Boden, während bei den Dobuans in Neuguinea das Lachen als negativ angesehen wird. Für Thais gilt lautes Lachen als vulgär, was in mediterranen Ländern Europas mit erheblichen Unverständnis quittiert wird. Nur noch Kinder und die ärmeren Klassen Mitteleuropas lachen ausgelassen mit dem ganzen Körper. Darum wird Comedy oftmals mit dem angeblichen Humor von Hartz-4-Empfängern gleich gesetzt. Comedy als soziales Zugeständnis an das Lachbedürfnis der Armen. Im Gegensatz dazu wurde Kabarett immer als Spielwiese für Akademiker und anderen Intellektuelle deklariert. Wohlgemerkt, deklariert von vielen Akademikern und Pseudo-Intellektuellen, aber nicht von den Kabarettisten an sich. Wer etwas auf sich hält und nicht mit den Unterschichten einer Gesellschaft in Verbindung gebracht werden möchte, der hält sich von der Comedy und dessen Humor fern. Der spuckt ostentativ auf deren Humor oder was man selber dafür hält, weil man sich selber als etwas besseres beurteilt. Es gibt eine klare Trennung von lustig und nicht lustig, angemessenes und nicht angemessenes Lachen. Das gilt auch für Satire. Und wer diese Trennung nicht akzeptiert, der wird notfalls vors Gericht gebracht. Was gerichtsmäßig verwertbar ist, bleibt unterschiedlich.

Frauen lachen doppelt so häufig wie Männer, Kinder bis zu zehnmal häufiger als Erwachsene. Lautes Lachen bei Frauen gilt jedoch als unschicklich. In deren Pubertät wird es aber gerade noch geduldet. Lautes Lachen hatte schon immer etwas von Rebellion gegen soziale Normen und ist deshalb unerwünscht. Bis in den sechziger Jahren galt lautes Lachen von Frauen in Deutschland noch als Indiz für Wahnsinn oder als eindeutige sexuelle Erklärung. Die weibliche Rolle sieht Bescheidenheit und Passivität vor. Lachen in Anwesenheit von Männern wird auch noch heute als sozial-inkompatibel angesehen. Und je höher der gesellschaftliche Rang der Frau desto weniger wird gelacht. Darum ist die Queen auch nur noch maximal „amused“, aber öffentlich laut gelacht hat sie noch nie.

Bis Aschermittwoch werden im Fernsehen die Aufzeichnungen des diesjährigen Sitzungskarnevals heraus gehauen. Jede freie Minute wird dazu verwendet und kann als Beleg dafür gewertet werden, dass das Lachen in dieser Zeit als männliche Domäne gilt. Frauen haben dort wenig zu suchen. Selbst die Kölner Stunksitzung – ein Überbleibsel eines Karnelvalsansatzes der 80er Jahre, welcher sich als „alternativ“ zum „konventionellen Karneval“ definierte – kommt aus diesem Dilemma nicht raus, selbst wenn dort der Frauenanteil der aktiven Bühnenteilnehmer erheblich über dem der konventionellen Karnelvalssitzungen liegt. Auch dort tankt sich immer wieder das Bild der Frau als „Immer wieder lockt das“-Weib durch. Ein Bild, welches am Aschermittwoch „Schluss mit Lustig“ nach sich zieht.

Beruhigend ist, dass der Karneval  bald vorbei ist und dass dann Frauen auch weiterhin bei beim Lachen der Massen mitwirken werden. Auch wenn es bei einigen Frauen der Humorszenen zu Schmerzen beim Zuhören führt. Aber solange bestimmte männliche Comedians und Pseudo-Kabarettisten versuchen, das Volk zu bespassen, dürfen Frauen ruhig mitmachen. Mit dem Aschermittwoch endet längst noch nicht alles lachhaftes, was so einem zum Schlucken genötigt wird … aber das ist eine andere Geschichte über Kröten, die einem im Halse stecken bleiben …

Zum heiteren Karneval: Die Lage ist ernst …

Vielleicht hätte ich es unterlassen sollen. Am Alter Markt in der Kölner Altstadt. Zur Eröffnung des Straßenkarnevals am Altwieverfastelovend. Ich hätte es unterlassen sollen. Als ich bei einem der vielen Polizisten mit ihren durchgeladenen Maschinengewehren, die zum Schutze der Altwieverfastelovend-Jecken an strategischen Punkten öffentlich sichtbar positioniert waren, als ich in so einem Maschinengewehrlauf eine rote Nelke hinein steckte.

Nelken in Gewehrläufe. Tut man nicht. Nicht kurz vor Karnevalsbeginn, vor 11:11 Uhr. Und auch nicht kurz danach, nach 11:11 Uhr. Selbst dann nicht, wenn auf der großen Bühne diverse Karnevalsgesellschaften die Veralberung des Militärischen mit ihren offiziellen Karnevalsuniformen betreiben.

Nelke in Gewehrlauf. Das ist kein Spaß. Selbst wenn man es mit einem freundlichem Lachen tut.

Sie verkennen den Ernst der Lage, mein Lieber!“

Seine Worte waren von ihm langsam und bedächtig ausgesprochen worden. Mit einer Geste winkte er seinen Begleiter heran.

Ich bezweifle, dass die Lage überhaupt Ernst verdient hat. Sie ist eher lachhaft“, entgegnete ich und versuchte ebenfalls Ruhe in meiner Sprache zu bringen.

Sie sollten vorsichtig mit Ihrer Einschätzung sein. Es gibt viele Leute, welche die Lage sorgt.“

Sein Begleiter stand jetzt hinter ihm. Sein Blick fixierte mich wie ein Gerichtsdiener einen Verbrecher beobachtet. Ich war mir meiner Einstellung sicher, aber der Mann und sein Begleiter waren aus einem anderen Holz geschnitzt als vielleicht jene, die zuvor mit mir in Kontakt getreten waren. Freudloser erschienen sie mir.

Warum habe ich den Eindruck, dass Ihnen die Sorgen anderer Freude bereiten?“

Das Wort ‚Freude‘, mein Lieber, ist deplatziert. Eine solche Lage ist nie eine ‚Freude‘.“

Aber Sie schüren mit Begeisterung Angst.“

Ich schüre keine Angst. Ich versuche lediglich, die Situation stabil zu halten.“

Sie malen den Teufel an die Wand und nähren die Angst, dass der Teufel mächtiger sei als alles andere.“

Sein Blick musterte mich abwägend.

Nennen Sie es, wie Sie es wollen, aber akzeptieren Sie die Notwendigkeit des Ernstes … .“

… der Lage, ich weiß.“

Meine Ungeduld hatte mich ihm ins Wort fallen lassen. Und ich wollte der kurz entstandenen Gesprächspause keinen weiteren Raum gewähren:

Sie haben Angst vor dem Lachen der Menschen. …“

Das Lachen ist ein Zeichen der Beschränktheit des Menschen …“

Das Lachen ist ein Zeichen, dass Angst besiegt wurde, und dass Schreckensbilder keine Macht mehr über den Menschen haben. Ein lebensnotwendiges Ventil, Widersprüche weg zu lachen.“

Ein Mensch, der sich von einer Angst befreit, ist ein unkontrollierbarer Mensch.“

Ihr Leitbild ist somit der kontrollierte Mensch? Darum der Aufmarsch der Waffen hier?“

Was für das Individuum hin und wieder eine Wohltat sein kann, ist für die Massen eine Geißel, die durch so etwas in Anarchie abzugleiten droht.“

Es ist nichts Schlechtes dabei, wenn die Ernsthaftigkeit der Gegner durch Lachen zersetzt wird.“

Das Lachen ist ein Zeichen für einer niedrig entwickelten Gesellschaft, die es verdient, dass dessen Freiheit eingegrenzt wird. Sie muss durch demonstriertem Ernst erniedrigt und eingeschüchtert werden. Durch einen heiligen Ernst. Der selbst den Tod zum ehrfürchtigen Ziel werden lässt.“

Ich verstehe. Und wer sich diesem mit Lachen widersetzt, für den wird der Tod lachhaft. Der nimmt sogar dem Tod seinen Schrecken.“

Eine lachende Armee hat noch nie einen Krieg gewonnen!“

Eine lachende Armee ist ein Widerspruch in sich. Sie würde noch nicht mal das Töten im Krieg ernst nehmen.“

Ein Spotten und ein Verlachen hat noch nie einen Wert geschaffen!“

Lachen heilt Menschen.“

Wozu soll das ein Wert sein? Der Mensch wird geboren, um zu sterben. Der Tod lässt sich nicht weg lachen. Und Epidemien lassen sich nur mit nötigem Ernst aufhalten. Lachen wird es nie schaffen.“

Lachen ist aber das kleinere Übel, ein Leben zu verbringen. Über das Übel zu lachen, macht es erträglicher, statt es nur ernst zu nehmen.“

Ein kleineres Übel? Ihnen fehlt der notwendige Respekt vor dem, was anderen heilig ist. Das Lächerlich-Machen ist keine Kunst. Sondern es ist nur zerstörend und Gesellschaft zersetzend.“

Das Lächerlich-Machen, welches Sie meinen, hat auch nichts mit dem Lachen zu tun. Ihre Definition dazu soll nur Angst erzeugen. Angst vor der schneidenden Waffe des Lachens, welches die einengenden Stricke der Angst zerschneidet und den Menschen davon befreit.“

Sie sollten sich reden hören! Einfach unsinnig. Lachen ist kein Reinigungsmittel, welches den Menschen von seinen Mängeln und Lastern und Schwächen erlöst!“

Sie kann aber dem Menschen dabei helfen. Lachen erhebt den Menschen über seine Unperfektheit und lässt jene leichter schultern.“

Sie haben es nicht kapiert. Der lachende Mensch fühlt sich als Herr, als ein Umstürzler von Herrschaftsverhältnissen, als der Anarchist und Bilderstürmer, welcher die Ordnung stört und die Gemeinschaft zerstört. Und Ihre Nelke, mein Lieber, Ihre lächerliche Nelke im Gewehrlauf von Bereitschaftspolizisten zu Karneval ist so dermaßen schlecht, dass wir anfangs erst gar nicht in Erwägung gezogen haben, Sie Ernst zu nehmen.“

Seine Stimme war scharf und schneidend geworden. Sie erzeugte in mir eine Beklemmung, eine unbestimmte Angst. Sie verwirrte mich. Ich atmete tief durch und bemerkte, dass er das Spiel der Angst mit mir zu spielen versuchte.

Nein, mein Herr, das klappt nicht“, lachte ich auf, „darauf falle ich nicht rein!“

Das ist ohne Bedeutung, mein Lieber. Ohne jegliche Bedeutung. Denn mit ihrer letzten Handlung haben Sie die Grenzen des guten Geschmacks überschritten. Den Ernst vorsätzlich ignoriert. Das Wichtige versucht, ins Lächerliche zu ziehen. Ernsthafte Menschen mit den heiligen Idealen einer schützenswerten Gesellschaft versucht der Lächerlichkeit preis zu geben.“

Heilige Ideale einer Gesellschaft? Sie heben so etwas in die Höhe, um andere dafür leichter als Niedere abgrenzen zu können?“

Ideale sind immer hoch. Und eine Gesellschaft sollte Angst darum haben, die Entfernung zu diesen zu vergrößern!“

Das ist keine Höhe. Das ist lediglich eine Fallhöhe.“

Nennen Sie es, wie sie es wollen. Sie haben mit Ihrer Aktion an den Stützpfeilern dieser Ideale gesägt. Und das konnten wir nicht mehr ignorieren.“

Er gab seinem Begleiter mit seiner Hand ein Zeichen. Seine Begleitung öffnete seine Tasche, entnahm Handschellen und Stricke und trat einen Schritt auf mich zu.

Ich hatte mich geirrt! Sie haben keine hohen Ideale. Sie müssen die der anderen erheblich tiefer legen, damit ihre als höhere erscheinen. Sie sind Mitglied einer lachhaften Satire-Sharia-Polizei.“

Satire-Sharia-Polizei? Mäßigen Sie sich! Dass Mohammed eindeutig gelacht hat, ist überliefert. Aber Jesus hat nie gelacht. Niemals! Im Alten Testament, im Buche Genesis, lachte Gott maximal über törichte Menschen. Abrahams Sohn Isaak ist das Ergebnis und Isaak heißt übersetzt ‚er lachte‘. Und mit dem Neuen Testament wurde dem Lachen endgültig ein verdientes Ende gesetzt, mein Lieber. Wir leben hier in der Tradition des christlichen Abendlandes. Vergessen Sie das nicht nicht!“

Hören Sie sich überhaupt noch reden? Sie haben wirklich keine hohen Ideale. Nicht im Geringsten. Sie müssen die Ideale der anderen erheblich tiefer legen, damit ihre als die Höheren erscheinen. Sie sind Befürworter des Ernstes, der Lustfreiheit, Gegner jeglicher hedonistischen Regung, Verwalter eines eigenen humorbefreiten Sumpfes! Sie stehen in der Tradition der wahren Christen, die jedes Lachen als unfreundlichen Akt der Sympathie für den Teufel bezeichnen. Bei Ihnen hat dieses ‚Tiefer-legen‘ System. Allein, in Ihrem Sumpf bedeutet das ‚Tiefer-legen‘, dass Sie den anderen dabei ertränken. Ich lache über Sie.“

Mein Lachen erstickte auf halbem Wege, als der Begleiter Hand an mir legte. Ich spürte die Angst, konnte sie nicht mehr weg lachen. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt, etwas zu versuchen, was ich nie intensiv gelernt hatte: Lachen als Bekämpfungsmethode der eigenen Angst.

Der Mann beugte sich vor und schaute mir direkt in meine Augen, während sein Begleiter mich mit den Handschellen fixierte und mit den Stricken um meinen Körper mir die Luft abschnürte.

Sehen Sie, mein Lieber, Sie haben Angst. Ihr Lachen hilft Ihnen nicht aus ihrer Situation, Ihr Lachen ist dabei zu sterben. Es ist Ihre eigene Schuld, es hätte nicht soweit kommen müssen. Sie hätten den Ernst der Lage anerkennen sollen, statt zu versuchen, sich mit jener dümmlichen Aktion zu profilieren.“

Meine Lunge war von den Stricken eingepresst, das Atmen fiel mir schwer und schwerer, ich hörte ein Rauschen in meinen Ohren, mein Gegenüber wurde schwammig, ich konnte ihn nicht mehr scharf sehen, es wurde immer dunkler.

Und mit einem Mal spürte ich den Schmerz nicht mehr.

Unvermittelt ging mir ein Satz durch den Kopf:

In diesem Theater sind alle Notausgänge verrammelt und abgeschlossen. Im Notfall bitte also nicht in Panik ausbrechen. Es lohnt nicht.“

Ich musste lachen.

Innerlich.

Ohne Angst und Panik.

Mein Kopf wurde schwer.

Alles gut …

„Ha! Ha!“ said the Clown, … hoppla hopp, hoppla hopp, hoppla hopp …

Ich bedanke mich zur Erteilung des letzten Wortes an mich, bevor die Urteilsverkündigung des Hohen Gerichts erfolgt, Euer Ehren.

Jawoll, Euer Ehren, ich bekenne mich schuldig, im Sinne der Anklage. Ja, ich war hinterhältig und gemein und habe gegrinst.

Jawoll, Euer Ehren, gegrinst habe ich. Grinsen ist immer ein Eingeständnis von niedrigem Beweggrund. Immer. War nie anders. Der Angeklagte des Horror-Paares aus Höxter hatte gegrinst, als er den Gerichtssaal betrat. Schuldig. Sperrt beide weg, am besten ohne Verhandlung. Anders Breivik grinste bereits bei Prozessbeginn den Richtern ins Gesicht. Beate Zschäpe ließ es sich auch nicht nehmen, ihr breitestes Grinsen im Gericht zu präsentieren. Und somit schuldig, noch vor Urteilsverkündigung, weil gegrinst. Hat nicht sogar Saddam Hussein gegrinst, als er bereits unter seinem Galgen stand? Die Welt ist voll von Schuldigen, die es wagen, vor Gericht zu grinsen. Die es wagen, überhaupt zu grinsen. Grinsen ist der Beginn der Niedertracht, der verschlagene Hinweis einer hinterlistigen Attacke. Wer grinst, bestätigt seine Schuld und glorifiziert sie. So wie Heath Ledger als „Joker“ in „The Dark Knight“. Selbst Mona Lisa grinst auch nur noch so lange, bis wir herausgefunden haben, was sie in Wahrheit verbrochen hat.

Ja, Euer Ehren, zu allem Überfluss habe ich eine Visage wie aus einem Horrorgemälde: weder ist sie glatt und faltenfrei, noch ist sie jugendlich. Meine Zähne sind gelb und lückenhaft, die Eckzähne zu spitz und die Zahnlücken zu groß, weil meine Krankenkasse bei den Zähnen nichts mehr zahlt. Dazu fehlt mir das passende vital glänzende Haar, welches meinem Gesicht ein wenig Fasson geben würde. Es fehlt mir vollkommen. Ganz zu schweigen davon, bin ich nicht korrekt geschminkt, so wie es in vielen YouTube-Tutorials vorgemacht wird, um gemocht und beneidet zu werden.

Nein, ich bin eher das lebende Gegenteil von „gemocht und beneidet“. Meine Eltern wussten bereits schon damals, dass ich im Alter hässlich wie ne Kohlrübe aussehen würde, und haben mich immer Sonntags in die Kirche geschickt. Aber das Beten hat auch nicht geholfen. Die Zeit hinterlässt ihre Spuren. Es stimmt schon, hätte ich Springerstiefel und Bomberjacke angehabt, dann würde man mich nicht einfach als einen „Horror-Clown“ abtun, sondern ich wäre lediglich Wutbürger mit individuellem Aussehen. Aber ohne diese entscheidenden Utensilien bin ich nun mal nicht wirklich gesellschaftskompatibel. Clowns waren noch nie gesellschaftskompatibel.

Ja, ich gestehe, Euer Ehren, ich war ein Tunichgut, ein Schrecken der Allgemeinheit, der Albtraum aller Schwiegermütter, die potentielle Apokalypse für Hubschraubermütter: Ausübender einer brotlose Kunst, über die niemand lachen kann. Ein Clown. Dabei wollte ich doch alle nur zum Lachen bringen. Eigentlich bin ich der „Dumme August“. Aber damals wie heute, solche will man nicht mehr. Ich höre immer nur, die Lage sei zu ernst, um über ernste Lagen Witze zu machen. Oder Satire? Die dürfe nicht alles. Erst recht nicht, wenn es auf die eigene Rechnung gehe, weil die keiner zahlen will. Überall Goldene Kälber. Darüber konnte ich nur grinsen. Aber über Goldene Kälber grinst man nicht. Und da wollte ich nicht mehr der „Dumme August“, jener Rotclown, sein, ich wollte der Besserwissende sein, der Weißclown.

Wissen Sie, Euer Ehren, in den Nuller-Jahren diese Jahrtausends, da hatte ich meine Hochzeit. All diese „Verstehen Sie Spaß“-Varianten im privaten Fernsehen. In einer dieser Versteckten-Kamera-Sendungen hatte ich die Rolle als Weißclown, so wie Tim Curry als „Pennywise“ in der damaligen Stephen Kings „ES“-Verfilmung. Als fieser Clown musste ich alte Omas mit Eierkartons in der Hand erschrecken, mit Baseballschlägern Kindergruppen aufscheuchen, mit nem Stecken Opas von Parkbänken vertreiben. Was haben die Zuschauer am heimischen Fernsehen Tränen gelacht, weil alle so blöd und panisch reagierten. Mein Vertrag war Gold wert und ein Sequel nach dem nächsten wurde abgedreht. Immer nach dem gleichen Muster. Die Einschaltquoten waren phänomenal. Bis das Interesse an jene Erschrecken-Spielchen erlahmten und die Quote einbrach.

Und jetzt Euer Ehren, so kurz vor Halloween, und so kurz vor dem neuen Start des Remakes des Films „ES“ im nächsten Jahr, dachte ich, ich könnte in der Marketing-Manege von diesem Zirkus um das Remake mit auftreten, ohne Anstellungsvertrag. Das war mein Fehler. Ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage. Und ich verspreche, in Zukunft werde ich wieder der liebe nette Rotclown sein, der „Dumme August“, so wie ihn hier alle mögen und lieben, nicht wahr. Und ich schwöre, ich werde niemals mehr lachen oder grinsen, damit sich keiner mehr darüber beschweren mag, ich wäre ambivalent und übelst schlecht clownesk.

Euer Ehren, Sie haben mir bereits gesagt, dass Sie in Ihrer Studentenzeit auch mal Clown gewesen waren, aber ein ausschließlich Guter und auch nur beim Karneval bis Aschermittwoch, und ich solle mir von Ihnen etwas abschneiden. Ich habe es hiermit getan. Euer Ehren, ich bedanke  mich für Ihre Zeit und Ihre geliehenen Ohren: ich harre des Urteils, welches da kommen mag.

Soll ich Ihnen die Ohren nach dem Urteil zuschicken oder kommen Sie, um sie sich selber abzuholen?

Neulich, als ich versuchte, einen Terroristen aus den fahrenden Zug zu werfen …

Seit den Ereignissen in Paris beschäftigt Europa nur noch ein Thema:

Darf man einen Terroristen aus einem fahrenden Hochgeschwindigkeitszug Thalys schmeißen? Ja, darf man, nur wie öffnet man bei voller Fahrt die Tür eines solchen Zuges? Richtig, man sprengt die Tür mit dem Sprengstoffweste des Terroristen auf. Diese braucht der eh nicht, wenn er nach geglückter Türsprengung mit beschwingtem Fußtritt aus den Zug geschubst wird und an dem nächsten Signalmasten mit grünem Freier-Fahrt-Licht zerschmettert. Wozu auch? Macht ihn nicht echt sexuell attraktiver. Nicht wirklich.

Aber wer zahlt dann die Reparatur der geborstenen Tür, die Reinigungskosten des Signalmastens, die Fleckentfernung vom Gleisbettschotter und überhaupt, was sagt die eigene Haftpflicht dazu? Übernimmt sie für mich alles? Gegen Vorsatz und groben Unfug winken Versicherungen immer ab. Da hilft auch kein „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten), um seinen Versicherungsvertreter untertänigst zu bitten, er möge doch ein gutes Wort zur Schadensregulierung einlegen. Der denkt sich maximal „in dubio Prosecco“ und minimal ein „pro bono publico“, also „zum Wohle der Öffentlichkeit“, was so viel heißt wie „Verluste vergesellschaften“.

Das Letztere mag sich jetzt nach Kapitalismuskritik anhören, aber wenn es um Terroristen geht, dann will jeder gerne draufzahlen. Zumindest „pro forma“, solange es nicht zu den eigenen Lasten geht. Denn alle die „Krieg! Hiphip hurra!“ und „Auf sie mit Gebrüll!“ rufen, werden garantiert nicht in erster Reihe stürmen. Weder für Ruhm, Ehre noch Vaterland. Dafür gibt es ja immer die anderen. Solange es einen nicht selber trifft. Zugucken ja, aber nicht selber umfallen. Oder über den Haufen geschossen zu werden, den man sich vorher selber gelegt hat.

Also, sollte man einen Terroristen aus den Zug schubsen, wenn man irgendwie die Tür aufbekommen hat? Einfach so?

Weiterlesen