Eine Familie ist ein Elendsverband

Es ist beruhigend, dass KIs den Menschen einfach nicht vollumfänglich ersetzen können. Eine KI kann dem Menschen zeitnah nie das Wasser reichen. Wer am Wochenende sich von diesem alternativen Fakt noch nicht überzeugen hat lassen, … keine Sorge, der neuste Schweiger-Film “Manta Manta – Zwoter Teil” läuft auch noch am nächsten Wochenende.

Der Mensch ist und bleibt ein Unikum. Der Mensch an sich benötigt bei Schweiger-Filmen immer einen Standard erwarten, den ChatGPT wie folgt beschreibt, wenn man die KI fragt, wie denn so ein “Manta Manta”-Sequel in den Schlussszenen aussehen könnte, der erhält dann auch mal folgenden Vorschlag:

Der Zuschauer wird durch die starke Botschaft des Films berührt, dass Familie und Freundschaft die Grundpfeiler des Lebens sind und dass es nie zu spät ist, sich wieder mit seinen Lieben zu versöhnen.

Allerdings erzählt ChatGPT auf Nachfrage auch folgenden Manta-Witz:

Warum haben Mantafahrer immer eine leere Flasche im Kofferraum? Für den Fall, dass sie mal auf eine Tankstelle ohne Bier treffen!

Somit relativiert sich die Intelligenz der KI doch erheblich. Denn am Filmende im Schweiger-Film gibt es nicht irgendein Bier, nein, sondern das Bier, das man aus der Werbung mit dem verstorbenen Rudi Assauer

Nur gucken, nicht anfassen!

kennt. Damit ist eigentlich alles wichtige zum neusten Schweiger-Film erzählt, an dem sieben Köche in dem Drehbuch-Brei mit rumgerührt haben. Einer der Drehbuch-Köche kennt sich in Werbefilme aus. Da darf man am Filmende auch mal mit nem Biercken drauf anstoßen, woll.

Was lange gerührt wurde, das kann einen nichts mehr schütteln. 400.000 Besucher seit fast zwei Wochen haben den Film gesehen und können sich nicht irren. Der Film muss somit auch nicht sofort aus den Kinos verbannt werden, denn es gibt in Deutschland die 0,5 Promillegrenze und mit momentanen 0,47 Promille darf der “Manta”-Film in den Kinos noch weiter gefahren werden. Sollte der Til-Schweiger-Film allerdings die 1,1 Promillegrenze noch überschreiten, denn dann muss man sich drüber unterhalten, ob eine absolute Fahruntüchtigkeit für Manta-Zuschauer gelten muss. Vox populi, vox Rindvieh.

Hm? Den letzten Satz hatte ich bereits im vorherigen Blogeintrag von mir verwendet? Nun, Til Schweiger hat mit dem “Manta Manta – Zwoter Teil” ja auch nichts sonderlich neues geschaffen, sondern sich erneut zitiert, womit er schon dauernd und nicht erst seit den “Zweiohrküken” und dem “Kokowääh” rumspielt: die Familie als Keimzelle der Gesellschaft und Vernunft. Und als gutes Beispiel geht er voran und beschäftigt seine Töchter Luna und Emma auch in seinem “Manta”-Film. Das ist natürlich und nicht zu beanstanden.

Wer allerdings meint, der Schweiger-Clan spielt hier kriminell mit der cineastischen Kunst, und somit das Thema “Clankriminalität” als Assoziation bemüht, der hintertreibt den in Deutschland als Ideal propagierten Leistungsgedanken. Warum darf sich Til Schweiger seine Töchter nicht als Darstellerinnen leisten? Leistung muss sich wieder lohnen. Und 400.000 Besucher bislang können sich nicht irren, dass sich Schweiger mal wieder etwas geleistet hat.

Die Familie ist ein Elendsverband und so etwas verlässt man nicht, hatte bereits Martin Walser erklärt und Til hat es verstanden, dass ein Clan nichts anderes als eine Familie ist. Und die Familie ist gerade in unseren Zeiten das propagierte Ideal: die “family” als safes Band angefüttert aus Blutkonserven und die “family” lost dicker als Wasser aus ner Eiswürfelmaschine. Da darf denn auch geschwisterliche Teilung und brüderliches Betrügen erlaubt sein.

Und wenn man ChatGPT nach dem Zusammenhang von Til Schweigers “Manta Manta – Zwoter Teil” und “Familie” in Form eines Witz fragt kommt auch gleich die Antwort:

Warum fährt die ganze Manta-Familie in einem Auto? Weil sie sonst auseinanderfallen würde!

Und so lehne ich mich mit der Aha-Erkenntnis zurück, warum so viele Leute in den neuen Schweiger-Film gehen: Schweigers “Manta”-Film ist das letzte Refugium für laute, prollige und biertrinkende Menschen, die Angst haben, dass im Zuge der Auferstehungsgedanken Rudi Assauer wieder bei denen auf der Mattscheibe auftaucht und den unschuldigen Zuschauer mit einem

Nur gucken, nicht anfassen!

anblafft. Und das entspreche doch einer Verbotskultur. Und nur gucken, das will doch keiner dieser Schweiger. Obwohl, im Kino gucken sie. Und sie lachen. Lachen bis zum Cringe. Besonders das Lachen mit dem “aus” als Vorsilbe ist derzeit en vogue.

Obwohl, “en vogue”? Ist das nicht erst recht cringe? Weil da würde der Til Schweiger Pickel von bekommen. “En vogue”. Würde Til Schweiger das hören, er würde gleich wieder gegen die Volkskrankheit “Wokeness” und zur Impfung dagegen seine Filme empfehlen. Dabei hält er es doch bekanntlich nichts vom Impfen an sich. Das war ihm bereits damals zu “woke”. Aber ich schätze dass er nicht der einzige wäre, der “en vogue” für Teufelszeug hält  Momentan laufen genau so viele Bedenken-Träger wie Pickel-Träger herum, da hilft auch keine tonnenweise kostenlose Ausgabe von Anti-Pickel-Wasser mehr …

Aber Hauptsache Familie ist und bleibt “en vogue”. Vitamin “F” hilft immer und übertrifft jedes Anti-Pickel-Wasser bei Talentlosigkeit. Möchte irgendwer seine Familie lieber bei Reality-Formaten in der Glotze wiederfinden oder doch viel lieber in Filmen auf Leinwänden?

Egal. Solange KIs es nicht beherrschen, Drehbücher auf “Manta Manta – Zwoter Teil”-Niveau zu schreiben, so lange sind wir jedenfalls im Kino vor KIs sicher. Eine KI kann dem Menschen nie das Wasser reichen. Und den Rest erledigen dann die “Avengers”, nicht wahr. Oder die Wasser- und Eis-Verkäufer im Kino. Und die Schweiger-Familie auf der Leinwand. Für familiengerechte Unterhaltung.

Unterhaltung, das ist das, was man gerade noch unter Haltung ertragen kann. Und das dürfte bei dem “Manta”-Film jederzeit möglich sein, nicht wahr. Wer ein Komma in bedeutenden Äußerungen anderer wichtiger Menschen werden will, der krümmt seine Haltung beizeiten. Und jetzt mal ehrlich: Höret auf zu meckern und seiet froh, denn es könnte noch schlimmer kommen!

Nun, ich bin froh. Und sicherlich wird bald auch noch Film namens “Manta Manta – Dridder Deil” kommen.

Amen.

„Ha! Ha!“ said the Clown, … hoppla hopp, hoppla hopp, hoppla hopp …

Ich bedanke mich zur Erteilung des letzten Wortes an mich, bevor die Urteilsverkündigung des Hohen Gerichts erfolgt, Euer Ehren.

Jawoll, Euer Ehren, ich bekenne mich schuldig, im Sinne der Anklage. Ja, ich war hinterhältig und gemein und habe gegrinst.

Jawoll, Euer Ehren, gegrinst habe ich. Grinsen ist immer ein Eingeständnis von niedrigem Beweggrund. Immer. War nie anders. Der Angeklagte des Horror-Paares aus Höxter hatte gegrinst, als er den Gerichtssaal betrat. Schuldig. Sperrt beide weg, am besten ohne Verhandlung. Anders Breivik grinste bereits bei Prozessbeginn den Richtern ins Gesicht. Beate Zschäpe ließ es sich auch nicht nehmen, ihr breitestes Grinsen im Gericht zu präsentieren. Und somit schuldig, noch vor Urteilsverkündigung, weil gegrinst. Hat nicht sogar Saddam Hussein gegrinst, als er bereits unter seinem Galgen stand? Die Welt ist voll von Schuldigen, die es wagen, vor Gericht zu grinsen. Die es wagen, überhaupt zu grinsen. Grinsen ist der Beginn der Niedertracht, der verschlagene Hinweis einer hinterlistigen Attacke. Wer grinst, bestätigt seine Schuld und glorifiziert sie. So wie Heath Ledger als „Joker“ in „The Dark Knight“. Selbst Mona Lisa grinst auch nur noch so lange, bis wir herausgefunden haben, was sie in Wahrheit verbrochen hat.

Ja, Euer Ehren, zu allem Überfluss habe ich eine Visage wie aus einem Horrorgemälde: weder ist sie glatt und faltenfrei, noch ist sie jugendlich. Meine Zähne sind gelb und lückenhaft, die Eckzähne zu spitz und die Zahnlücken zu groß, weil meine Krankenkasse bei den Zähnen nichts mehr zahlt. Dazu fehlt mir das passende vital glänzende Haar, welches meinem Gesicht ein wenig Fasson geben würde. Es fehlt mir vollkommen. Ganz zu schweigen davon, bin ich nicht korrekt geschminkt, so wie es in vielen YouTube-Tutorials vorgemacht wird, um gemocht und beneidet zu werden.

Nein, ich bin eher das lebende Gegenteil von „gemocht und beneidet“. Meine Eltern wussten bereits schon damals, dass ich im Alter hässlich wie ne Kohlrübe aussehen würde, und haben mich immer Sonntags in die Kirche geschickt. Aber das Beten hat auch nicht geholfen. Die Zeit hinterlässt ihre Spuren. Es stimmt schon, hätte ich Springerstiefel und Bomberjacke angehabt, dann würde man mich nicht einfach als einen „Horror-Clown“ abtun, sondern ich wäre lediglich Wutbürger mit individuellem Aussehen. Aber ohne diese entscheidenden Utensilien bin ich nun mal nicht wirklich gesellschaftskompatibel. Clowns waren noch nie gesellschaftskompatibel.

Ja, ich gestehe, Euer Ehren, ich war ein Tunichgut, ein Schrecken der Allgemeinheit, der Albtraum aller Schwiegermütter, die potentielle Apokalypse für Hubschraubermütter: Ausübender einer brotlose Kunst, über die niemand lachen kann. Ein Clown. Dabei wollte ich doch alle nur zum Lachen bringen. Eigentlich bin ich der „Dumme August“. Aber damals wie heute, solche will man nicht mehr. Ich höre immer nur, die Lage sei zu ernst, um über ernste Lagen Witze zu machen. Oder Satire? Die dürfe nicht alles. Erst recht nicht, wenn es auf die eigene Rechnung gehe, weil die keiner zahlen will. Überall Goldene Kälber. Darüber konnte ich nur grinsen. Aber über Goldene Kälber grinst man nicht. Und da wollte ich nicht mehr der „Dumme August“, jener Rotclown, sein, ich wollte der Besserwissende sein, der Weißclown.

Wissen Sie, Euer Ehren, in den Nuller-Jahren diese Jahrtausends, da hatte ich meine Hochzeit. All diese „Verstehen Sie Spaß“-Varianten im privaten Fernsehen. In einer dieser Versteckten-Kamera-Sendungen hatte ich die Rolle als Weißclown, so wie Tim Curry als „Pennywise“ in der damaligen Stephen Kings „ES“-Verfilmung. Als fieser Clown musste ich alte Omas mit Eierkartons in der Hand erschrecken, mit Baseballschlägern Kindergruppen aufscheuchen, mit nem Stecken Opas von Parkbänken vertreiben. Was haben die Zuschauer am heimischen Fernsehen Tränen gelacht, weil alle so blöd und panisch reagierten. Mein Vertrag war Gold wert und ein Sequel nach dem nächsten wurde abgedreht. Immer nach dem gleichen Muster. Die Einschaltquoten waren phänomenal. Bis das Interesse an jene Erschrecken-Spielchen erlahmten und die Quote einbrach.

Und jetzt Euer Ehren, so kurz vor Halloween, und so kurz vor dem neuen Start des Remakes des Films „ES“ im nächsten Jahr, dachte ich, ich könnte in der Marketing-Manege von diesem Zirkus um das Remake mit auftreten, ohne Anstellungsvertrag. Das war mein Fehler. Ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage. Und ich verspreche, in Zukunft werde ich wieder der liebe nette Rotclown sein, der „Dumme August“, so wie ihn hier alle mögen und lieben, nicht wahr. Und ich schwöre, ich werde niemals mehr lachen oder grinsen, damit sich keiner mehr darüber beschweren mag, ich wäre ambivalent und übelst schlecht clownesk.

Euer Ehren, Sie haben mir bereits gesagt, dass Sie in Ihrer Studentenzeit auch mal Clown gewesen waren, aber ein ausschließlich Guter und auch nur beim Karneval bis Aschermittwoch, und ich solle mir von Ihnen etwas abschneiden. Ich habe es hiermit getan. Euer Ehren, ich bedanke  mich für Ihre Zeit und Ihre geliehenen Ohren: ich harre des Urteils, welches da kommen mag.

Soll ich Ihnen die Ohren nach dem Urteil zuschicken oder kommen Sie, um sie sich selber abzuholen?

Fernsehtipp: Film mit Wolfgang Neuss

Am Sonntag, den 6. März von 23:45-01:30 Uhr wird im Bayrischen Fernsehen die bissige Satire „Wir Wunderkinder“ gezeigt. Der 1958 veröffentlichte Film erzählt in Episoden die Zeit vom Wilhelminischen Zeitalter bis in die Adenauer-Ära der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Der legendäre Kabarettist Wolfgang Neuss verbindet zusammen mit seinem kongenialen Partner Wolfgang Müller als Erzähler die einzelnen Filmepisoden in galligen Moritaten. „Wir Wunderkinder“ wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem „Bundesfilmpreis“, dem „Filmband in Silber“ des „Deutschen Filmpreises“ und in den USA mit dem „Golden Globe“ als „Bester ausländischer Film“.

Quelle via TV-Browser
Der Films erhielt von Zuschauern die folgenden Bewertungen
– bei IMDb: 7,3 von 10.
– bei OFDb: 7,74 von 10.
– von mir: wirklich sehenswert.

Und dann bei dieser Gelegenheit noch gleich der nächste Hinweis:
Am nächsten Tag wird der Film „Herr Ober!“ von Gerhard Polt gezeigt: Montag, 21:15-22:50 Uhr im Bayrisches Fernsehen. Er ist zwar nicht soooo toll und gut wie der Film „Wir Wunderkinder“, aber doch recht anschauenswert und echt amüsant.

Anm.: Die oben angeführten Links öffnen neue Fenster, welche auf die entsprechenden Seiten von IMDb und von OFDb führen.