C: Ich krieg dich, du Arsch! Pass auf!
D: Nein, Sie kriegen mich nicht. Niemand kriegt mich.
C: Doch. Heute bist du dran. Damals hatten wir nur 3-86-Computer, aber heute haben wir die ganze Power der Zentrale zusammen geschlossen, um dich dingfest zu machen! Wir werden dir das Handwerk legen.
H: Chef, er ist im Zentrum aufgetaucht.
C: Wo ist er jetzt?
H: Chef, er bewegt sich auf Planquadrat D3 zu.
C: D3? Das ist nicht logisch. Was sucht er da? Das wird ihm nichts bringen.
H: Chef! Korrektur, Planquadrat E4! Übertragungsfehler! E4 ist korrekt!
C: E4, he? Jetzt fühlst du dich stark, nicht wahr? Willst mal wieder im Mittelpunkt aller stehen, nicht wahr?
D: Stört Sie das? Aber in der Mitte ist doch immer die meiste Luft. Nach allen Seiten hin.
C: Du fühlst dich wohl besonders schlau, nicht wahr. Aber mach dir keine Sorgen, bald haben wir dich und dann kenn ich kein Pardon!
D: Kein Pardon? Vorsicht, Sie engagieren sich zu sehr emotional. Das könnte auf Befangenheit hindeuten. Ihnen könnte die Objektivität abhanden kommen.
C: Red‘ kein Blech, Dunderhead! Du weißt, wie ich es sehe. Du gehörst wieder zurechtgestutzt auf das, was du vorher warst. Du kannst nicht immer gewinnen!
D: Nicht? Hören Sie mich lachen? Ich werde gewinnen und ich werde mir immer mehr holen.
C: Du hast also auch die junge Frau aus Belgien hinweg gefegt!
D: Ich weiß. Aber sie war noch so unschuldig. Einer musste es ihr doch mal beibringen zu erfahren, wo ihre wahre Stellung ist.
C: Und was war mit den beiden Jungen, die sich dir stellten?
D: Die beiden Buben? Ein Kinderspiel! Die vermisst keiner.
C: Halte dein Mundwerk im Zaum, Dunderhead!
D: Jihaaah! Sie legen mir kein Zaumzeug an. Sie nicht! Ich bin doch nicht ihr Gaul Niemandes Gaul!
C: Das werden wir sehen. Heute ist dein Ende gekommen. Ich mach dich fertig! Ich werde dir dein Handwerk legen. Du hinterlässt keine Spur der Zerstörung mehr!
H: Chef, unsere Computer melden wieder Bewegung.
C: Bewegung? Wohin?
H: Chef, Planquadrat …
C: Lass mich raten, er bewegt sich zielgerichtet in Richtung F2, nicht wahr?
H: Jawohl, Chef!
C: F2. Jetzt habe ich dich dort, wo ich dich hin haben wollte. Fast an dem Rand. Dunderhead, du begibst dich aus dem Zentrum raus? Hast wohl Schiss, gib es zu!
D: Schiss? Das ist das, was ich auf Ihre Planpapiere hinterlasse. Und zwar einen ganzen dicken, mein Bester. Meine Planpapiere sind besser, größer, weitreichender als ihre Mickrigen.
C: Ich bin nicht dein Bester, merk dir das.
D: Ach ja? Haben Sie etwa den Vorfall mit Ihrem Bruder vergessen?
C: Meinen Bruder? Was soll ich vergessen haben?
D: Als ich ihn niedergemäht hatte. Erbarmungslos. Ausradiert. Einfach so.
C: Mein Bruder wurde nie niedergemäht. Von niemanden! Hätte er sich nicht umgebracht, ich würde ihn als Zeuge dafür benennen!
D: Sich nicht selbst umgebracht? So, so. Ihre werte Meinung. Wenn Sie meinen. Sind eigentlich alle aus Ihrer Familie solche geistigen Flachpfeifen, die sich nicht zu verteidigen wissen?
C: Was hattest du mit meinem Bruder gemacht?
D: Das selbe wie mit Ihrem Vater vorher. Sie erinnern sich noch? Man fand ihn leblos über den Tisch gesunken. Mein Bester, Sie envolvieren sich zu sehr. Denken Sie an meinen Ratschlag. Lassen Sie es nicht persönlich werden. Sonst werden Sie wegen Befangenheit das Spiel verlassen.
C: Dunderhead, du denkst wohl, du bist ein Oberschlauer, nicht wahr. Mein Vater hatte einen unentdeckten Tumor, an dem er starb.
Ich werde jetzt Einheiten auf diesen Gauner vorrücken lassen! Es reicht.
H: Chef, er hat sich wieder bewegt.
C: Wohin?
H: Chef, Planquadrat H1.
C: H1? H1?! Wieso H1? Was sucht er in der Ecke? Das macht doch keinen Sinn! Was heckt der wieder aus? Der springt mir zu sehr.
H: Chef, das ist sein Naturell.
C: Willst du mich belehren? Das weiß ich selber!
H: Nein, Chef, nein, das wollte ich nicht, ich wollte …
C: Schnauze halten! Jetzt werden wir ihm eine verpassen, ihn matt setzen, den Kaffeehausspieler. Alles bereit und warte auf meine Anweisungen!
D: Wie war das nochmal mit dem Spanier? Sie erinnern sich an den Spanier?
C: Der Spanier? Der geschlossene Spanier?
D: Naja, so geschlossen war er nicht. Ich habe ihn aufgemacht, fein seziert und zerlegt. Und dann zurück gelegt. Er hat nie wieder sich gegen mich erhoben. Es sah so natürlich aus, als man ihn mit verdrehten Augen fand.
C: Du meinst wohl, wir spielen hier ein Gambit, Dunderhead? Du liebst es, Opfer vor dir liegen zu sehen?
D: Was denn sonst? Gambit ist die höchste Kunst der Künste. Königsgambit. Und Sie, mein Bester, sind ein König. Sie sind heute dran. Heute sind Sie mein Ziel, mein Opfer. Niemals werde ich ruhen, bis dann alle Könige vor mir zu Kreuze kriechen werden.
C: Du kommst dir wohl ganz groß und mächtig vor, Dunderhead, nicht wahr. Aber wir beide hier verfolgen dich, wir kennen jeder deiner Schritte und wir berechnen alle deine zukünftigen im Voraus. Wir kriegen dich, bevor du überhaupt in meine Nähe kommst. Überhaupt in mein Quartier eindringen kannst. Du Superhirn für Arme! Und dich werden wir …
D: Kennen Sie die Aljechin-Pulaski-Variante des Doppel-Turm-Gambits?
C: Aljechin war Großmeister des 20. Jahrhunderts. Und wer soll Pulaski sein?
D: Der Begründer der amerikanischen Kavallerie des 18. Jahrhunderts..
C: Aljechin und Pulaski haben nicht im Geringsten etwas miteinander zu tun!
D: Nichts? Sicher?
C: Und was soll ein Doppel-Turm-Gambit sein? Wieder so eine Erfindung von dir, Dunderhead?
D: Doppel-Turm-Gambit ist, wenn alle Türme gleichzeitig fallen. Kennen Sie das nicht? Und noch etwas: Sie sollten mich nicht immer „Dunderhead“ nennen. Sie wissen, das macht mich wütend. Und wenn ich wütend bin, dann bin ich gefährlich und unberechenbar.
C: Ach ja, Dunderhead? Was Sie nicht sagen, Dunderhead.
H: Chef. Er ist verschwunden, wir haben ihn verloren!
C: Was haben wir?
H: Chef, vorhin war er noch klar lokalisierbar in Planquadrat H1. Aber jetzt ist er weg.
C: Weg? Wie „weg“?
H: Chef, weg, einfach weg, fort, futschikato, verschwindikowski, Chef.
C: Ich verstehe nichts. Dunderhead! Dunderhead, Du lausiger Springer! Was hast du vor? Glaube ja nicht, wer du bist! Wir kriegen dich! Dunderhead, du mieser Schachbrettfigurenschubser!
D: Nun ich bin noch nicht fort. Sie kennen den Rösselsprung, mein Bester?
C: Rösselsprung?
D: Der Springer beherrscht ihn. Tja, und jetzt ist ihr lieber „Dunderhead“ einfach mal so vom Brett gesprungen, ihr geliebter Springer „Dunderhead“. Einfach so. Von H1 direkt neben das Brett neben der dritten Reihe. Und wissen Sie, was ihr geliebter „Dunderhead“ jetzt machen wird?
C: Dunderhead! Unterstehe dich! Lass das!
H: Mein Bester, jetzt beginnt das Königsgambit kombiniert mit dem Doppel-Turm-Gambit, das Tödlichste und Vernichtenste aller Schachgambits.
C: Dunderhead! Spiele fair! Ich gebe Dir auch ne Chance, ich nehme dort vorne auch meinen Bauern vor der Grundlinie weg. Einfach so. Ist das nicht ein faires Angebot? Dunderhead? Dunderhead!
H: Chef, das Brett kippt. Dunderhead kippt das Brett!
C: Was? Dunderhead! Dunderhead!
H: Chef, wir kippen! Die ersten Schachfiguren fallen bereits vom Brett!
C: Dunderhead, Du charakterloses Arschloch! Lass das! Spiele fair! Dunderhead, höre damit auf, Daaaan-daaaa-heeeeeeeeee ….
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Wie verschiedene Presseagenturen in etwa gleichlautend mitteilten, soll nach noch nicht bestätigten Berichten wieder ein Schachspieler beim internationalen Schachturnier gegen die künstliche Internetintelligenz „AlphaOmega“ verstorben sein. Diesmal handele es sich offenbar gar um den englischen Schachgroßmeister „Blacky Klein“. Berichten entsprechend wurde „Blacky Klein“ leblos vor seinem Schachrechner-Clusterverbund aus zwanzig Großrechnern von seinem Helfer und Adjutanten Emanuel Reksal aufgefunden worden sein. Tragisch daran ist besonders, dass „Blacky Klein“ wohl schon das dritte Mitglied einer Familie von mehreren Schachgroßmeistern ist, welches bei dem derzeit stattfinden, internationalen Schachturnier im Internet gegen „AlphaOmega“ gestorben ist. Schätzungen gehen davon aus, das in den letzten beiden Wochen bislang zu dreißig Todesfällen bei diesem Turnier gekommen sein könnte. Politiker vieler Nationen forderten bereits das Abschalten von „AlphaOmega“. Jedoch wird das von führenden Wirtschaftsexperten vehement abgelehnt. Ein Eliminieren von „AlphaOmega“ würde gleichzeitig bedeuten, dass das Internet komplett über Tage abgeschaltet und danach neu aufgebaut werden müsste. Dieses brächte der Weltwirtschaft unverantwortbare Auswirkungen und unabsehbare Negativkonsequenzen für den Wohlstand der führenden Industrienationen. Eine Expertenkomission aus bedeutenden Software-Programmierern soll nächste Woche in New York gegründet werden, die sich des Themas annehmen, um eine Lösung zu finden.
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Solange „AlphaOmega“ nicht bloggt, sondern dich braucht, um im Dialog aufzutrumpfen, ist eigentlich alles gut.
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Wir sollten uns eben mit überlegenen Intelligenzen nicht auf ihrem Gebiet messen wollen. Dafür haben wir eigene Stärken, Spaziergehen oder Essen, Trinken, Rauchen. Das soll uns erst mal ein Computer nachmachen.
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