Man lernt nie. Aus. (Teil 4)

Was bisher geschah: Teil 1, Teil 2, Teil 3

Freilich hatte das Internet Leute in Brot und Arbeit gebracht. Nirgendwo lässt sich das deutlicher als in Silicon Valey erkennen, wo sich die Spitzenkräfte der Internet-Softwareprogrammierung nieder gelassen haben. Jene verdienten viel Geld, zahlten es auf ihre Bankkonten ein und kauften sich in Silicon Valey Wohnungen. Social-Media-Gewinner. Die Verlierer dieses Booms mussten dagegen deren Wohnungen verlassen , weil sie deren Stadtteilpreise nicht mehr zahlen könnten und dann obdachlos wurden. Sie lebten auf den Straßen Silicon Valeys. Und was machten die Gewinner der sozialen Medien mit ihren Geld auf den Bankkonten? Sozial, edel, hilfreich und gut? Nun, diese Social-Media-Experten erfanden Roboter für die Obdachlosen. Jene Roboter fuhren auf den Gehwegen in der Innenstadt hin und her und sollten sie einen Obdachlosen antreffen, dann stellten sie sich neben dem Obdachlosen und … erzeugten äußerst penetrante und unangenehme Geräusche, damit die Obdachlosen das Weite suchten. Google, Uber und Microsoft sollten zu den Kunden dieser Roboter zählen. Social Media macht sozial. Zumindest für sich selber.

“Die von uns geschaffenen kurzfristigen Dopamin-gesteuerten Rückkopplungsschleifen zerstören die Funktionsweise der Gesellschaft. Kein ziviler Diskurs. Keine Zusammenarbeit. Fehlinformation. Falsche Wahrheiten. Und es ist kein amerikanisches Problem. Hier geht es nicht um russische Anzeigen. Dies ist ein globales Problem.” Chamath Palihapitiya, 2017, ehemaliger Manager von Facebook

Gott hatte sein sozialen Medien zum Zerreißen der Grundlagen unserer Gesellschaft und der Teufel seine Derivate als finanzielle Massenvernichtungswaffen. Die Rüstungsspiralen gegeneinander waren im vollen Gange. 

Zur privaten Entspannung saßen die beiden nun mit dem Sensemann und dem Midas beim Pokern. Midas hatte einen Straight Flush auf der Hand und Gott starrte ihn an.

“Du bist menschlich, Midas.”

“Ich weiß, ich bin ein Scharlatan. Dafür bin ich bekannt. Im Gegensatz zu dir bin ich als Scharlatan ehrlich, mein lieber Gott. Denn wärest du ein Scharlatan, dann wärest du des Teufels.”

“Du sollst meinen Namen, deines Satans, nicht missbrauchen! Da habe ich ein Copyright drauf”, warf der Teufel ein.

“Witzbold”, blaffte Gott den Teufel an, “ohne mich hättest du keine Daseins-Berechtigung, du Herr der Fliegen.”

“Ach ja? Ohne mich gäbe es die Erbsünde nicht, die Schuld, mit der wir die Weltenbürger auf deren Existenz zurecht stutzen”, gab der Teufel leicht säuerlich zurück.

“Und ohne mich, hättet ihr beide überhaupt nichts von euren Weltenbürgern. Die würden ewig leben auf deren Pilgerpfad zwischen Bankkonto und Internetkonto.” Der Tod prüfte mit einer seiner Pokerkarten die Schärfe seiner Sensenklinge.

“Liebster Tod, lass dich trösten. Ich streichle dir das Köpfchen”, Midas reckte seine Hand dem Tod entgegen.

“Fass mich nicht an! Gold ist weniger wert als Likes und Kommentare. Die haben höheren Status. Umsonst ist nur der Tod, kostenlos ist er aber nicht. Den Spruch kennst du doch, oder?” Der Tod zog seine schwarze Kapuze ein wenig tiefer ins Gesicht und blickte zu Gott. “Und du, du mit deiner Idee, deinen Sohn mir zu überlassen, hatte sich bekanntlich nicht gelohnt. Er brachte dir lediglich 30 Silberlinge. Das hatte ich dir schon vorher prophezeit gehabt. 30 Silberlingen reichten halt nicht, die Mehrheit an dem teuflisch systemischen Banksystem zu erwerben. Aber du wolltest ja nicht hören. Jetzt ist dein Sohn genagelt und die Freier dieser Welt nutzen es als Wortspiel.”

“Du bist niveaulos. Gefällt mir nicht. Kein Like. Außerdem besitze ich das Hirn der Weltenbürger, deren Internet”, grummelte Gott den Tod an.

“Dafür hatte ich mit deinem Sohn in der Wüste Spaß”, warf der Teufel feixend ein.

“Ruhe”, donnerte Gott in alter Odin-Manier und nahm sein Blatt hoch. “Mein Algorithmus sagt mir, dass dein Straight Flush, liebster Midas, zu niedrig ist, um zu gewinnen.”

“Vielleicht habe ich doch einen Royal Flush auf der Hand. Vielleicht habe ich vorhin nur geblufft, als ich von Straight Flush redete? Setzt du dein Internet dagegen?” schlug Midas vor.

“Gott, lass dir gesagt sein, nur mal so vom göttlichen Teufel wie mir und nem teuflischen Gott wie dir”, mischte sich der Teufel ein, “solche Karten haben selten Spieler auf der Hand. Zum Schluss gewinnt immer die Bank, also ich. Gehe also nicht all-in.”

“Was ich anpacke, wird zu Gold,” warf der Midas ungefragt in den Raum. “Wenn wir Freunde bleiben sollen, dann sollte es euch gefallen. Und freundlich sollten eure Kommentare ausfallen.”

Gott und Teufel schauten sich unschlüssig an. Midas wedelte ungeduldig mit seinen goldenen Karten und blickte abwechselnd von Gott und zu Teufel und von Teufel zu Gott.

Lediglich der Tod verharrte bewegungslos und unter seiner Kapuze drang nur der Satz hervor: “Egal wie ihr jetzt pokert, am Schluss krieg ich euch beide.”

Im Hintergrund ertönten Hammerschläge. Die Stewardess schaute beängstigt in Richtung Heck Boing 737 Max. Die Hammerschläge hörten sich vielmehr wie Steinkeulenhiebe an. Als ob jemand durch ein Stück Wassermelone mit einer Steinkeule Nägel in ein Holz treiben würde.

Leise pfiff und gurrte als Untermalung der Szene im Hintergrund in g-Moll ein 56-kBit-Modem, die Flugzeugsimulation stockte und auf dem daneben stehenden Herkules-Monitor formierte sich der pixelige Schriftzug “Game over”. Kain war nicht dumm und konnte 1 und 1 zusammen zählen. Kain hatte gelernt. Wütend zog Kain den Stecker.

Aus.

Ende

 

 

Man lernt nie. Aus. (Teil 3)

Was bisher geschah: Teil 1, Teil 2

Aber es gab auch Verräter. Unbotmäßige Mitmenschen, welche sich die Beschuldigung gefallen lassen mussten, im Internet Trollwiesen zu schaffen. Welche angeschuldigt wurden, aus dem Wohlfühl-Areal einer Seifenblasenlandschaft mit Regenbogenstaub und rosa Einhörnern eine Mördergrube zu machen:

„Bei dem Gedankengang, der zum Erstellen dieser Anwendungen erforderlich war, ging es darum: „Wie verbrauchen wir so viel deiner Zeit und deiner bewussten Aufmerksamkeit wie möglich?“ Und das bedeutet, dass wir dir ab und zu einen kleinen Dopamin-Kick geben müssen, eben weil jemand ein Foto, einen Beitrag oder was auch immer gern hat oder kommentiert. Und das wird dich dazu bringen, mehr Inhalte beizutragen, und genau das wird dich einfangen… mehr Likes und mehr Kommentare. Das ist eine soziale Rückkopplungsschleife der Anerkennung … genau diese Art von Sache, mit welcher ein Hacker wie ich kommen würde, weil es eine Schwachstelle in der menschlichen Psyche ausnützt. Die Erfinder und Schöpfer wie ich, Mark Zuckerberg, Kevin Systrom mit Instagram, all solche Leute eben, verstanden diese Schwachstelle bewusst. Aber wir haben es trotzdem durchgeführt.“  (Sean Parker, 2017, Gründer von Napster und ehemaliger Mitgründungspräsident von Facebook)

Gott und Teufel war das egal, ob Mitdenkern im Internet Raum zur Kritik zugestanden wurde. Für beide war jeder im Internet bereits korrumpiert und nicht Ernst zu nehmen. Wer nimmt schon jemanden Ernst, der an dem Ast sägt, auf dem er sitzt. Ganz im Gegentum. Mitmenschen, welche es nur darauf abgesehen hatten, eben die Glückshormonausschüttung zu vermiesen, würden schon von Menschen gemaßregelt und eingenordet werden. Denn es galt weiterhin das alte Steinzeitalter-Gesetz: Willst du nicht mein Bruder sein, dann dann ist die Würde des Menschen bereits vom Kopf an antastbar. Gibst du mir nicht das, was ich mit dem mir angestammten Recht einfordere – also Likes und Kommentare, meinen täglichen Dopamin-Kick, meine Währung im Paralleluniversum – dann werde ich mich dir bar meines Verstandes erkenntlich zeigen.

Als der sogenannte “Arabische Frühling” auf Twitter der Freiheit wegen seine Sternschnuppen-Karriere machte und Twitter in Folge als das Instrument der Freiheit mutiger Individuen abgefeiert wurde, grinste Gott lediglich. Den Menschen war es zu jener Zeit noch undenkbar, dass Jahre später Twitter und sein Dopamin-Belohnungssystem auch von Regierungen massiv systematisch genutzt werden würde. Und nicht nur mittels Twitter entstanden jene Blasen, in welchen Hofnarren-Onanie weitere Dopamin-Kick-Möglichkeiten bereitstellt. Die Anzahl der Twitter-, Instagram-, FB-, Blog-Follower dient als Rechtfertigung und als Rückkopplung zur eigenen Existenzberechtigung im Internet. Der Nutzer giert süchtig nach dem Kick, nach Glücksgefühle. So wie es bereits zuvor in Foren, Blog-Communities und anderen Gemeinschaften Gang und Gebe war. Wer dem “Du bist nicht wie wir, welches wir unser ich ist” entsprach, setzt sich der Gefahr der aktiv betriebenen Ausgrenzung, dem Shit-Storm, aus. Dem Mitmenschen mit der eigenen Internet-Steinkeule zum Blockieren, Löschen, Ignorieren. Gott gefiel es. Blasen waren für ihm keine Konkurrenz, da sie rein technisch waren.

Es gibt ein ganzes Spielbuch mit Techniken, mit denen Sie das Produkt so lange wie möglich verwenden können … . Ob sie [Inhalt erzeugende Menschen] wollen oder nicht, sie formen unabsichtlich die Gedanken und Gefühle und Handlungen der Menschen … . Es gibt immer diese Erzählung, dass Technologie neutral ist. Und es liegt an uns zu entscheiden, wie wir es verwenden. Das stimmt einfach nicht.”  Tristan Harris (2017, Google Produkt Manager )

Doch was kümmern Gott und Teufel jene Rufer in der Wüste, welche eh niemanden niemandem das Wasser reichen können. Besonders nicht in der Wüste, wo es eh kaum Wasser zum Abschöpfen gibt. Menschen können zwar Wüsten zum Erblühen bringen, aber warum sollten solche Menschen gerade mit ihrer eigenen Wüste über deren Augenhöhe anfangen?

Und somit klinkte sich der Teufel in die Vermarktung ein. Er streute Verdienstmöglichkeiten. Jedes Mal, wenn Nutzer der Social-Media-Plattformen dann um deren Verdienst an Likes und Geld fürchten, dann regen sich diese Nutzer und brachten sich selber mit ihren Beiträgen ein, um die Befriedigung an Likes und Geld sicher zu stellen. Ansonsten verrichten sie nur das Werk jenes Antipoden, der seine Erde zurück haben wollte.

Und jenes Werk geht weiter. Gott erschuf Algorithmen. Die Menschen folgten den Algorithmen wie Schafe ihrem Schlachter zur Schlachtbank. Standen Wahlen an, dann sagt der Wahl-O-Mat, ob man aufgrund seiner Antworten eher ein Wähler der CDU/CSU, SPD, Grünen, AfD, FDP, Linken oder der MdB wäre. Algorithmen erklärten, ob der Regenschirm sinnvoll am Arm baumelte, ob der Eisprung termingerecht eintrat oder ob der vorzeitige Samenerguss in Korrelation mit Mondphase, Kussfrequenz und Aszendenten stand und wo man gegen die Mondphasen Super Kamagra unerwischt einkaufen konnte. Der Mensch denkt, der Algorithmus lenkt. Der Mensch dachte, Gott und Teufel lachte.

Der Algorithmus diktierte Menschen das Leben auf der Suche nach dem Glück. Die Lottozahlen für nächsten Samstag. Die Wahlergebnisse der nächsten EU-Wahlen. Wir können uns gerne darüber in einem Restaurant über dieses Thema uns weiter vertiefend unterhalten. Kennst du ein gutes Restaurant? Nicht? Lass uns mal unter TripAdvisor, Foursquare oder Yelp schauen und Bewertungen vergleichen. Oder ich kenne einen Blog, der empfiehlt gutes. Und irgendwann führt urplötzlich am Karfreitag der Weg in ein Haus, in dem aus Hunderten von Kehlen in g-Moll intoniert “Oh Haupt voll Blut und Wunden” erschallt. Trauriges Lied gesungen mit glückseligen Gesichtern, weil ein Algorithmus versichert, der Typ dort am Kreuz kommt in paar Tagen eh ungeschunden davon.

Der Algorithmus unbestechbar, logisch, alternativlos: “Wie alt bist du?” “Über 50.” “Hast du ein Haustier?” “Nein.” Wollen deine Kinder keins?” “Ich habe keine Kinder.” “Was sagt denn deine Frau dazu?” “Ich bin nicht verheiratet.” “Schwule Sau!” Wieder was gelernt.

Oder man sitzt per Algorithmus in einem Flieger Richtung Düsseldorf, weil einem das Navi geraten hat, dem Verkehrschaos am Kölner Ring zu entgehen, und hört dann den Piloten zuvorkommend und höflich die Passagiere fragen, ob sich jemand mit dem neuen Board-Computer-Software der Boing-737-Max auskenne. Und in der letzten Reihe sitzen Gott, Tod und Teufel und pokern mit Midas um das Leben der Stewardess am Versorgungswägelchen mit den Sektflaschen.

Fortsetzung folgt

Man lernt nie. Aus. (Teil 2)

Was bisher geschah: Teil 1

Mit diesen zusätzlichen Zutaten klappte es schon ganz gut. Selbst die ungewöhnlichste Sucht der Menschheit, welche ihm damals die Erde gekostet hatte, verfeinerte er: die Sucht nach Freiheit. Das Dogma der Freiheit wirkte stärker als alles zuvor. Tod oder Freiheit. Freiheit statt Sozialismus. Freie Fahrt für freie Bürger. Freiheit als Ismus. Als Liberalismus. Liberté, Égalité, Fraternité. Freiheit, Gleichheit und – frei übersetzt – willst du nicht mein Bruder sein, schlage ich dir den Schädel ein. Gezeichnet im Namen Kain versus Abel.

Als höchste Ausdrucksform etablierte sich in der Gesellschaft das Dogma der “Demokratie”. Mit deren Steigerung der “freiheitlichen Demokratie” als demokratische Freiheit. Der Teufel ahnte, was ablief und versuchte gegen zu steuern. Er erschuf Götter und Gotteskrieger. Und in der nächsten Stufe Deregulierer und Deregulierungskrieger gegen Götter und Gotteskrieger. Darüber konnte Gott nur in seine geballte Faust lachen. Denn der naive Apfelbaumbank-Belzebub hatte Gottes gewitzten Schachzug übersehen, den jener bereits bei der Schöpfung des Menschen in den Menschen wie ein Samenkorn angelegt hatte. Gott hatte in der menschlichen Psyche eine kleine Schwäche eingebaut: immer wenn dem Menschen etwas gefällt, führt dieses zu einer Glückshormonausschüttung, welche Suchtmechanismen auslösen. Der Mensch sucht nach dieser Glückshormonausschüttung, er hechelt förmlich danach, eine Gefallensbekundung zu bekommen. Erhält er diese nicht, wird er aggressiv und destruktiv, greift zur Steinkeule und brät seinem Mitmenschen eine über. Der Dopamin-Kick als Antrieb zur sozialen Interaktion. Und das Samenkorn wurde zum Sämling, erblühte und trug Früchte.

Der Teufel erahnte diese Schwäche zum ersten Mal, als Menschen anfingen, andere Mitmenschen systematisch zu vernichten, sich dabei distanzierend von anderen abkapselten und dabei geschlossen Glück empfanden. Hitlers Holocaust und Porajmos, Stalins Großer Terror, Maos Großer Sprung, Pol Pots Killing Fields, Trumans Hiroshima und Nagasaki, Mladićs Srebrenica, Ruanda, die weltweiten Pogrome der Rechtsextremen, all diese führten zu Glückshormonausschüttungen bei deren Befürwortern. Und es waren derer nicht wenig, welche sich danach glücklicher und zufriedener fühlten als vorher.

Der Teufel sah Gottes Werk anfangs ohnmächtig zu und wollte dann auch seinen Beitrag leisten. Mit systematische Finanzkrisen – organisiert über die Spiel- und Wettsucht der Menschen – strebte er danach, die Herrschaft über die Menschheit zurück gewinnen. Jedoch sah er, dass sein Wirken eben nur des Teufels Beitrag zu Gottes Werk war. Schlimmer noch: er sah seinen Ruhm schwinden. Denn Gott hatte etwas anderes gestartet, systematisches, welches Teufels Beitrag nun mal eben verschwindend gering erscheinen ließ: Gott war dabei, das Paralleluniversum zu schaffen, um wieder der angestammte Besitzer seines eigene Sonnensystems zu werden. Er hatte dem Menschen geholfen, ein riesiges Netz untereinander zu schaffen.

Menschen saßen vor elektronischen Bestandteilen und ließen sich von diesen in ein Paralleluniversum saugen, um dort ihren Dopamin-Kick zu bekommen. Der Mensch nennt es “sozial”, denn er definierte sich trotz aller Kriege, Massaker und Morde als soziales Wesen. Und weil der Mensch seit Boulevard, Radio und Fernsehen ins mediale Zeitalter eingetreten war, erweiterte der Mensch das Wort “sozial” um das Wort “Medien”, einfach weil es erheblich sozialer klingt.

Der Teufel erkannte zu spät das Teuflische an Gottes Plan. Und Gott amüsierte sich über des Teufels ungläubigen Staunen ob seines göttlichen Plans: er hatte ein Universum geknüpft, in dem sich die Menschen wie in einem Fischernetz verfangen sollten. Dem Menschen hatte er das Netz auf der gleichen heimtückischen Weise verkauft, so wie die Spinne der Fliege weis machen möchte, sie stricke ihr einen Pullover.

Der Mensch gab dem Universum den Namen “Internet” und definierte es als Zufluchtsstätte seiner Sehnsüchte. Der Mensch wollte sich darin mitteilen dürfen, wie es ihm gefalle. Und aus diesem unendlichen Meer des Universums “Internet” kristallisierten sich Inseln heraus, Blogs, Foren, Communities, und bildeten Gemeinschaften, die sich dem Dopamin-Kick verschrieben hatte. Dem simplen Dopamin-Kick mittels Gefallen-Bekundungen. “Daumen-Hoch” und “Gefällt-mir” als neue Währung. Das Goldene Kalb, um dem herum zu tanzen sei, um Glück zu erfahren.

Fortsetzung folgt

Man lernt nie. Aus. (Teil 1)

Am Anfang stand die Steinkeule und ein Mensch der seinem Mitmenschen damit in dem Augenblick eine übergebraten hatte, als er den anderen als Bedrohung empfand.

Gott blickte in seinen Garten Eden und fragte den Kain, wo denn Abel wäre, worauf Kain kurz angebunden auf die Rechtsabteilung seines Managements “Adam&Eva Gesellschaft mit beschränkter Haftung” verwies. Gott wurde sauer ob der justiziablen Antwort und verbannte Kain umgehend des Garten Edens. Kain reagierte unverzüglich, informierte sein Management und das trat sofort in Aktion: Gott erhielt eine Rechnung in saftiger Höhe wegen unbegründeter Kündigung von 510 Millionen Quadratkilometer paradiesischen Wohnraums mittels vorgeschobenem Grunde einer ungerechtfertigten Eigenbedarfskündigung. Begründung: Gott sei weder verheiratet, noch habe er Kinder oder andere bucklige Verwandtschaft, weswegen eine Eigenbedarfskündigung nicht nur haltlos, sondern dem Kläger zu dessen erheblichen finanziellen Nachteil auf dem irdischen Mietmarkt unzumutbaren Zuständen aussetzen würde. Wert der Klage: umgerechnet 75 Schekel pro Quadratmeter plus Anwaltskosten.

Als Gott angesichts der zu erwartenden Strafzahlung bei der paradiesisch teuflischen Bank direkt neben seinem gepflanzten Apfelbaum nach einen Kredit zur Zahlung der Rechnung anfragte, erhielt er mit maliziöses Lächeln den Rat, die Erde lieber gleich an das treuhändlerische “Kain-Adam-Eva Konsortium” abzutreten. Zumindest vorübergehend, also gewissermaßen temporär. Schweren Herzens löste Gott nun die Erde aus seinem heliozentrischen Sonnensystem heraus und überantwortete sie der geozentrischen Verantwortung der Menschen. Per Pachtvertrag über deren Lebenszeit für Luft und Liebe als Pachtzins. Ohne Inflationsausgleich.

Trotz allem gelang es Gott, in dem Vertrag noch eine Klausel einzuschmuggeln, welche ihm garantierte, den Klumpen kosmischen Drecks zurückzuerhalten, würde er es schaffen, auf der Erde ein Paralleluniversum zu gründen. Ein Paralleluniversum, welches den Menschen völlig in dessen Abhängig zwingen würde.

Der Teufel lachte dazu nur dreimal kurz und einmal trocken, baute sein Bankensystem aus und machte es für die Erde systemisch, indem er derer Banken viele gründete. Der Kitt, der alles unlösbar verknüpfte, war das einzige weltbewegende Wort, welches wie ein dicker Felsen über den Mariannengraben schwebte und alle Existenzen darin hinunter ziehen konnte: “Geld”. Denn sollten die Menschen an seine Bankenflechte rütteln, würden sie ihre Existenz aufs Spiel setzen. Denn ohne Geld lief bald schon gar nichts mehr. Noch mehr lachte der Teufel, als die Menschen erkannten, wie sehr die scheuernden Ketten um deren wunden Fußknöcheln eben mit dieser Felsenkugel untrennbar verbunden waren. In Folge wurden die Menschen demütig und opferten vieles – Glück, Liebe und Leben –, damit sie nicht eines Tages auf den Grund jenes Mariannengrabens aufwachen würden, weil sie des Kitts nicht mehr hatten. Der Kitt war für sie der Leim des Lebens, auf dem die Menschen gingen.

Nur Gott gab sich längst noch nicht geschlagen. Immer wieder setzte er seine eigenen Ideen dagegen, um dem Teufel das Leben schwer zu machen. Er konstruierte Weltreiche und lies darin eigene Regeln und Philosophien erschaffen, um sie nachher mit einem Handwisch hinweg zu fegen, wenn sie dem Teufel zu sehr auf dem Leim gingen. Immer wieder bedrohte er das Geldsystems des Teufels mit eigenen Strategien. Irgendwann jedoch nahm er Abstand von national orientierten Lösungen. Gott dachte nachhaltiger und globalisierte seine Strategien. Sein erster Versuch war die Tulpenmanie im Goldenen Zeitalter der Niederlande. Der wurde aber zu einem Schlag ins Wasser. Es gelang ihm noch nicht, die Menschen vom Geld zu entfernen. Er modifizierte daher seine Strategie und eines seiner ersten Meisterwerke war dann, als er es mittels der britischen East India Company schaffte, von Europa aus Millionen von Menschen östlich des Fruchtbaren Halbmondes in Drogenabhängigkeit zu versetzen und sie so in deren Drogenrausch dem Bankensystem zu entziehen. Was er jedoch nicht bedachte, dass die Einnahmen aus dem East India Company Drogenmonopol dem Bankensystem westlich des Fruchtbaren Halbmondes zugute kamen. Mit dieser Erkenntnis holte Gott zum vernichtenden Gegenschlag aus. Wenn schon nicht die Opiumsucht im Osten nicht die Lösung brachte, dann weitere Süchte in stetiger Kombination. Opium für das westliche Volk angerichtet mit den Zutaten Religion, Alkohol, Tabak, Spiele, Fernsehen, Sex für jedermann. Die Erde sollte endlich wieder in seine Gewalt kommen.

Fortsetzung folgt

Kneipengespräch: Postfaktische Ostereier

Tresen 0

“Und?”

“Genau.”

“Aber?”

“Ich habe es noch nicht verstanden.”

“Dem Manne kann geholfen werden. Herr Oberspielleiter, ein Kölsch für den Grübler an meiner Seite!”

Der Wirt blickte nur kurz auf, polierte eine Kölsch-Stange, füllte sie und schob sie neben dem anderen halbvollem Kölsch und widmete sich danach einer anderen Stange.

“Bassemauff. Da ist auf der einen Seite der US-Milliardär Robert Mercer”, er schob das volle Kölsch direkt neben dem halbvollem, “und da ist Cambridge Analytica und so”, er nahm das volle Glas, schüttete etwas in das halbvolle. Von dem nun aufschäumenden fast vollem Glas schüttete er wieder etwas in das jetzt dreiviertel Volle. Beide schüttelte er noch vorsichtig und schon schauten die Kölsch wie frisch gezapft aus, “und beide sollen die amerikanische Wahl beeinflusst haben?”

“Ja”, der andere schaute auf die beiden schäumenden Kölsch-Stangen, “die haben über Facebook die Wähler manipuliert.”

Weiterlesen

Pop … pop … populär: Tagebuch-Leak

Geheimer Auszug aus meinem eigenen, skandalösen Tagebuch. Von mir unbarmherzig veröffentlich, damit jeder die Wahrheit erfährt. Jeder. Aber auch wirklich jeder. Echt jetzt. Macht man doch so, oder etwa nicht? Egal. Total egal. Mir total schnurzpiepegal.

Heute ist mein Facebook-Tag. Ein knalliger Eintrag muss her. Aber end-knallig! Das letzte Katzenfoto hatte nur zwei magere Likes eingebracht. Irgendetwas, was zündet. Womit ich bekannter werde. Womit ich richtig stark geliked werde. Es muss doch möglich sein, dass ich mal bekannter werde. Höherer Bekanntheitsgrad, mehr Facebook-Likes, mehr Facebook-Freunde, mehr Leser von meinem Blog. Da geht doch was.

Böhmermann als Beispiel? Schon mal ein Anfang. Hat unheimlich viel Bekanntheit bekommen für ein Schmähgedicht, von dem er selber sagte, dass er es als Beispiel veröffentlicht, was nicht veröffentlicht werden darf, oder so. Aber nachher die Staatsanwaltschaft vor der Türe, muss nicht sein. Dann lieber ne andere Strategie.

Oder mal ne vorsätzlich fake news auf Facebook streuen und diese dann direkt als ‚fake news‘  bezeichnen? Hm. Nicht so gut, dieses ‚fake news‘. Da kommen dann die ganzen Pedanten aus den Löchern gekrochen und schimpfen mich wegen dem englischen Ausdruck ‚fake news‘, weil es bereits das ur-deutsche Wort ‚Falschmeldung‘ gibt. Nur ‚Falschmeldung‘ klingt einfach negativ. Schreib ich jedoch ‚Zeitungsente‘, dann kommt der Bundesagrarminister, dieser Freiheitskämpfer wider den fleischlosen Fleischbällchen, aber völlig-nicht-wider die literweise, vegane Kalthopfenschale, also dann kommt jener Bundesagrarminister Christian Schmidt der CSU und meckert, weil das wieder eine Täuschung des Verbrauchers sei. Facebook sei ja keine fleischhaltige Flugnachricht-Zuchtanstalt, und außerdem kenne er nur halbe, gebratene Enten mit Blaukraut aus Muttis Küche. Und dann noch, weil, mit Essen spiele man nicht.

Hm. Brauch ich nicht.

Oder doch!

Politikerschelte ist ja richtig populär. Die CSU-Flugente ‚Münchener Merkur‘  schrieb neulich, dass die als ‚Kabarettistin‘ bezeichnete Gruber Monika (schreibt man in Bayern so), also jene hat Zehntausend Likes erhalten, weil diese Gruber letztens eine Politikerin, jene Simone Peter aus NRW, als ‚dürrer Veggie-Hintern‘ und als ‚GrüPri‘  – Grubers Abkürzung für ‚Grünen-Pritschn‘ – bezeichnet hat. Nebenbei, ‚Pritschn‘ heißt ins Normaldeutsch übersetzt ‚Vagina‘, ‚Prostituierte‘. Es wird benutzt, um damit eine bösartige, aufsässige, klatschsüchtige Frau von einer ehrhaften, folgsamen, schweigsamen Frau abzugrenzen. Die eigene Wertsteigerung durch Abwertung einer anderen Person als Zeitgeist-Masche. Zehntausend Likes als Dreingabe zur Aufwertung und der Wertschätzung willen. Nur, wenn ich ‚GrüPri‘ und ‚dürrer Veggie-Hintern‘ verwendet hätte, also ich wäre dann als mieser Sexist und zusätzlich noch als elender Rassist öffentlich in Zeitungen gebrandmarkt worden.

Aber Frauen dürfen das. Und Christian Schmidt hat wohl auch nichts dagegen, dass der Hintern von jener Simone Peter als vegan klassifiziert wurde, obwohl da Fleisch drin ist. Die Bayern an sich dürfen das ja erst recht. Insbesonderes bei Leuten nördlich des Weißwurstäquators, auf welche die Bayern laut Grundgesetz ja eh nicht mehr schießen dürfen, auch wenn sie’s noch so sehr wollten. Tja, Stutenbissigkeit leben, das können nur Frauen wie Monika Gruber. Ausnahme vielleicht Mario Barth: bei dessen Programmen weiß ich nicht wirklich so genau, ob der in Wahrheit nicht doch ne Frau und dann auch noch mit Desiree Nick verheiratet ist.

Ich brauch ne Beleidigung, die sich gewaschen hat. Mit der ich auf Facebook geliked werde. Ich könnte was gegen Flüchtlinge, Mutti Merkel und Sarah Wagenknecht schreiben. Dann liest es vielleicht Dieter Nuhr und Alice Schwarzer, beide liken und teilen es mit wohlwollendem Kommentar. Das macht dann die ersten Tausend Likes. Eine Viertel Stunde später wird die AfD auf Schwarzers Vermerk aufmerksam und – Schwupps – habe ich fast ne Million Likes.

Nein, das ist es mir nicht wert. Zu billig. Und ich möchte auch nicht mit der AfD in Verbindung gebracht werden. Dieser parteigewordenen Kreuzung aus schlechten NRW-Witzen und Berliner Kalauern …

Es muss auch noch ein anderen Weg geben, um nach Komplimenten zu fischen. Katzenfotos bringen es nicht mehr. Außer vielleicht ein Foto von fünf, süßen, kleinen Katzenbabys. Putzig aus einem braunen Kartoffelsack schauend. Im starken Regen. Mitten auf dem Rhein. Und im Hintergrund, knapp zwei Meter dahinter, die riesige Bugwelle eines Schleppkahns …

Hätte wiederum etwas von AfD-Niveau. Mit Katzenfotos und AfD spielt man nicht. Obwohl, wenn ich so an Tiere denke … Tierschützer passen immer gut als Feindbild. Da sitze ich in einem Boot mit Christian Schmidt. Im gleichen Schleppkahn. Katzen ahoi!

Also. Nochmal. Es muss etwas her, was Aufmerksamkeit erregt. Irgendetwas, was zündet. Heureka, ich hab’s! Das ist es! Ich erstelle ne öffentliche Veranstaltung in Facebook. Einladung an alle:

Sonntag Abend, 21:00 Uhr, im Scheine des Mondes, öffentliche Dackel-Verbrennung auf dem romantisch verschneiten Münchner Marienplatz. Unterhalb der goldenen Mariensäule. Um Spenden an Zamperl, Reisigholz und guten Brandbeschleunigern wird gebeten. Mit anschließendem Absingen der Europa-Hymne am wärmenden Feuer. Hot-Dogs gibt’s gratis!

Genau. Absingen der Hymne an Freiheit, Frieden und Solidarität. Die ‚Ode an der Freude‘. Seid umschlungen Millionen! Töchter aus Elysium! Und Söhne freilich auch. Ludwig van ist doch immer passend zu so einem Event …, pardon, ‚Veranstaltung‘ heißt das.

Und weil die Hymne gesungen wird, kann ich es auch als politische Demonstration mit Partycharakter verkaufen. Sobald dann der erste Tierschützer auf meinem Eintrag meckert, kontere ich mit ‚Brunzbisslbled Verkloghafei‘ in Verbindung mit ‚deppater Kletznsepp‘ oder ‚damische Bluzn‘. Ist halt normaler bairischer Gendertalk. Und zack gehen die Likes in die Höhe. Der ‚Münchner Merkur‘ schreibt dann darüber, und Agrarminister Christian Schmidt kann darauf den Söder fragen, ob Dobrindt und Seehofer auch zum ‚Hot-Dog-Essen‘ auf den Münchner Marienplatz kommen. Singen können die ja, auch wenn deren Zungenschlag komplett nicht stimmt.

Hm. Vielleicht sollte ich auch vegan-vegetarsches Freibier organisieren, traditionell gebraut nach dem bayrischen Reinheitsgebot. Denn ansonsten kommt der Hintern von Seehofer garantiert nicht …