Man lernt nie. Aus. (Teil 2)

Was bisher geschah: Teil 1

Mit diesen zusätzlichen Zutaten klappte es schon ganz gut. Selbst die ungewöhnlichste Sucht der Menschheit, welche ihm damals die Erde gekostet hatte, verfeinerte er: die Sucht nach Freiheit. Das Dogma der Freiheit wirkte stärker als alles zuvor. Tod oder Freiheit. Freiheit statt Sozialismus. Freie Fahrt für freie Bürger. Freiheit als Ismus. Als Liberalismus. Liberté, Égalité, Fraternité. Freiheit, Gleichheit und – frei übersetzt – willst du nicht mein Bruder sein, schlage ich dir den Schädel ein. Gezeichnet im Namen Kain versus Abel.

Als höchste Ausdrucksform etablierte sich in der Gesellschaft das Dogma der “Demokratie”. Mit deren Steigerung der “freiheitlichen Demokratie” als demokratische Freiheit. Der Teufel ahnte, was ablief und versuchte gegen zu steuern. Er erschuf Götter und Gotteskrieger. Und in der nächsten Stufe Deregulierer und Deregulierungskrieger gegen Götter und Gotteskrieger. Darüber konnte Gott nur in seine geballte Faust lachen. Denn der naive Apfelbaumbank-Belzebub hatte Gottes gewitzten Schachzug übersehen, den jener bereits bei der Schöpfung des Menschen in den Menschen wie ein Samenkorn angelegt hatte. Gott hatte in der menschlichen Psyche eine kleine Schwäche eingebaut: immer wenn dem Menschen etwas gefällt, führt dieses zu einer Glückshormonausschüttung, welche Suchtmechanismen auslösen. Der Mensch sucht nach dieser Glückshormonausschüttung, er hechelt förmlich danach, eine Gefallensbekundung zu bekommen. Erhält er diese nicht, wird er aggressiv und destruktiv, greift zur Steinkeule und brät seinem Mitmenschen eine über. Der Dopamin-Kick als Antrieb zur sozialen Interaktion. Und das Samenkorn wurde zum Sämling, erblühte und trug Früchte.

Der Teufel erahnte diese Schwäche zum ersten Mal, als Menschen anfingen, andere Mitmenschen systematisch zu vernichten, sich dabei distanzierend von anderen abkapselten und dabei geschlossen Glück empfanden. Hitlers Holocaust und Porajmos, Stalins Großer Terror, Maos Großer Sprung, Pol Pots Killing Fields, Trumans Hiroshima und Nagasaki, Mladićs Srebrenica, Ruanda, die weltweiten Pogrome der Rechtsextremen, all diese führten zu Glückshormonausschüttungen bei deren Befürwortern. Und es waren derer nicht wenig, welche sich danach glücklicher und zufriedener fühlten als vorher.

Der Teufel sah Gottes Werk anfangs ohnmächtig zu und wollte dann auch seinen Beitrag leisten. Mit systematische Finanzkrisen – organisiert über die Spiel- und Wettsucht der Menschen – strebte er danach, die Herrschaft über die Menschheit zurück gewinnen. Jedoch sah er, dass sein Wirken eben nur des Teufels Beitrag zu Gottes Werk war. Schlimmer noch: er sah seinen Ruhm schwinden. Denn Gott hatte etwas anderes gestartet, systematisches, welches Teufels Beitrag nun mal eben verschwindend gering erscheinen ließ: Gott war dabei, das Paralleluniversum zu schaffen, um wieder der angestammte Besitzer seines eigene Sonnensystems zu werden. Er hatte dem Menschen geholfen, ein riesiges Netz untereinander zu schaffen.

Menschen saßen vor elektronischen Bestandteilen und ließen sich von diesen in ein Paralleluniversum saugen, um dort ihren Dopamin-Kick zu bekommen. Der Mensch nennt es “sozial”, denn er definierte sich trotz aller Kriege, Massaker und Morde als soziales Wesen. Und weil der Mensch seit Boulevard, Radio und Fernsehen ins mediale Zeitalter eingetreten war, erweiterte der Mensch das Wort “sozial” um das Wort “Medien”, einfach weil es erheblich sozialer klingt.

Der Teufel erkannte zu spät das Teuflische an Gottes Plan. Und Gott amüsierte sich über des Teufels ungläubigen Staunen ob seines göttlichen Plans: er hatte ein Universum geknüpft, in dem sich die Menschen wie in einem Fischernetz verfangen sollten. Dem Menschen hatte er das Netz auf der gleichen heimtückischen Weise verkauft, so wie die Spinne der Fliege weis machen möchte, sie stricke ihr einen Pullover.

Der Mensch gab dem Universum den Namen “Internet” und definierte es als Zufluchtsstätte seiner Sehnsüchte. Der Mensch wollte sich darin mitteilen dürfen, wie es ihm gefalle. Und aus diesem unendlichen Meer des Universums “Internet” kristallisierten sich Inseln heraus, Blogs, Foren, Communities, und bildeten Gemeinschaften, die sich dem Dopamin-Kick verschrieben hatte. Dem simplen Dopamin-Kick mittels Gefallen-Bekundungen. “Daumen-Hoch” und “Gefällt-mir” als neue Währung. Das Goldene Kalb, um dem herum zu tanzen sei, um Glück zu erfahren.

Fortsetzung folgt