Mit Sicherheit

Seit dem 11. September und diversen anderen Terroraktionen fühlt sich die USA (und nicht nur die USA) durch Reisende verstärkt bedroht. Eine Folge daraus sind verschärfte gesetzliche Sicherheitsanforderungen an Flugreisende. So darf zum Beispiel nicht mehr als 100 ml Flüssigkeit in einer Flasche in den Sicherheitsbereich eines Flughafens eingeführt werden.

Wer sich eine Flasche Wasser kauft, dem wird diese abgenommen und kompromisslos vom Sicherheitspersonal in den Mülleimern der Sicherheitssperren geschmissen. Denn es könnte sich um Sprengstoff handeln. Da brauchen die gar nicht drüber nachdenken, da haben die ihre Anweisungen. Die schmeißen einfach weg, ohne nachzuprüfen, um welche Flüssigkeit es sich in der Flasche handeln könnte. Ob Wasser oder Nitroglyzerin in der Flasche ist, dem Sicherheitsbeauftragten ist es egal. Der hat die Vorschrift, alles über 100 ml dem Reisenden wegzunehmen und in den Müllsammelbehälter zu werfen … .
Ob sich dann irgendwer im Sicherheitsbereich des Flughafens hochprozentige Spirituosen im Duty-Free-Laden kauft, dass wird als gefährdungsneutral eingestuft. Selbst Wasser in Flaschen ist dort wieder frei käuflich. Die Wasserflaschen kosten dann zwar locker das vierfache, aber sind sicherheitstechnisch unbedenklich.

Die USA selber behält sich zudem vor, nicht nur auf die Daten der Reisenden zuzugreifen, den Reisenden buchstäblich zu durchleuchten, sondern auch in deren Koffer zu schauen. Seitdem gibt es Kofferschlösser, welche dem Sicherheitsstandard (mit einem Zentralschlüssel leicht zu öffnen) entsprechen. Alle anderen Kofferschlösser werden erbarmungslos mit einem Bolzenschneider geöffnet. Und sollte das Schloss zu stabil sein, wird der Koffer anderweitig zerstörend geöffnet. So ist die eindeutige Rechtslage. Es dient ja alles der Sicherheit der Reisenden.

Nachdem mir die amerikanische Sicherheitsbehörde TSA wieder ein TSA-zertifiziertes Schloss geraubt hat (- Koffer geöffnet und dann das 7-Euro-Schloss nicht wieder angebracht und erst recht nicht den erforderlichen Zettel der TSA eingelegt, wie es der TSA gesetzlich vorgeschrieben ist -), hatte ich beschlossen, zum Verschließen einfach einen Kabelbinder (2-US-Cent) zu verwenden. Am Flughafen ergab sich dann folgende Diskussion beim Einchecken:

– Das ist kein TSA-Schloss.
– Ich weiß.
– Sie müssen das da (- *auf den Kabelbinder deutend* -) entfernen, damit die TSA in den Koffer reinschauen kann.
– Nein, das mache ich nicht.
– Dann wird das da (- *auf den Kabelbinder deutend* -) abgeschnitten.
– Okay, die TSA wird doch wohl noch eine Schere haben, oder sollte es daran scheitern?
– Ja, aber dann ist das da zerstört.
– Sollten die den Kabelbinder nicht zerschneiden, bleibt er dann unzerstört.
– Ich habe Sie gewarnt.
– Ich habe Sie verstanden.

Die Frau schaute mich kopfschüttelnd zweifelnd an, nahm den Koffer aber schließlich mit unzerstörten Kabelbinder an.

Am nächsten Flughafen erhielt ich den Koffer zurück. Ohne Kabelbinder. Aber diesmal mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Zettel der TSA im Koffer, dass der Koffer durch die TSA inspiziert wurde.

Und die Quintessenz?
Für USA-Reisen einfach immer Kabelbinder statt Schlösser verwenden. Dann ist der geldwerte Verlust geringer, wenn die TSA mal wieder deren zertifizierte Schlösser verschlampt/zerstört/unbrauchbar macht.

Nebenbei:
Niemals sollte ein TSA-zertifiziertes Zahlenschloss verwenden werden. Außer man möchte Zahlenschlossknacker werden. Einem Bekannten hatte die TSA einfach mal (wohl unbeabsichtigt) die Zahlenkombination verstellt gehabt.

Kofferhoffer

„Wann fliegst du?“
„Morgen.“
„Na dann viel Spass.“
„Wieso?“
„Denk dran, nur mit einem speziellen Sicherheitsschloss, dem TSA-Schloss, darfst du deinen Koffer verschließen.“
„Hab ich gekauft.“
„Die Zöllner haben das Recht deinen Koffer zu durchsuchen.“
„Ich weiß, Kollegen wurde dann ein Zettel im Koffer gelegt, dass sie ihn geöffnet hatten.“
„Bei mir nicht.“
„Nicht?“
„Die haben mein Schloss mit einem Bolzenschneider durchknipst haben. Und dabei noch eine Reissverschlusslasche von meinem Koffer abgerissen.“
„Dann war es kein TSA-Schloss.“
„Es war aber ein entsprechend der Norm gekennzeichnetes.“
„Du konntest ja reklamieren.“
„Hab ich. Die Fluggesellschaft meinte, dass, wenn es abgeknipst wurde, das Schloss garantiert kein normiertes TSA-Schloss war. Also wäre es mein Verschulden.“
„Und der Zoll?“
„Sagte, dass sie keine Schlösser aufknipsen, ohne nachher einen Zettel reinzulegen, dass mein Koffer geöffnet worden wäre. Also ohne Zettel, kein Anspruch, weil auch nie von denen geöffnet wäre.“
„Hm.“
„Beim nächsten Flug war mein niegelnagelneues TSA-Schloss wieder beschädigt.“
„Aufgeknipst?“
„Die komplette Ummantelung des Schloss war weg. Das Schloss lag blank, leicht zu öffnen.“
„Zettel?“
„Keiner.“
„Fluggesellschaft?“
„Eindeutig eine Beschädigung durch den Zoll.“
„Zoll?“
„Kein Zettel, keine Inspektion passiert. Unschuldig.“
„Sympathisierst du mit dem oppositionellen Staaten? Hast militärisches Hoheiten gar in Frage gestellt?“
„Die Sicherheitsbehörde hat alle meine Daten vor meiner Einreise bereits zur Durchsicht erhalten. Sie konnten sich ein umfassendes Bild von mir verschaffen.“
„Nazi? Oder direkter Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte?“
„Nichts von alledem. Bereits zu DDR-Zeiten wurde ich von den Sicherheitsbehörden durchleuchtet. Die wollten auch alles wissen. Sogar, was in meinem Koffer war. Ob ich deren Staatssicherheit gefährden würde. Bis in die letzte mitgeführte, beschriftete Papierseite.“
„Die DDR war eine Diktatur. Unrechtsstaat. Paranoid wie jede Diktatur. Für die war jeder Mensch ein Gefährder.“
„Ich weiß.“
„Die USA ist das nicht. Lediglich auf ihre Sicherheit ihrer Bürger bedacht. Es gibt zu viele unverdächtige Schurken, die gefährlich sein könnten. Sie muss vorsichtig sein. Dafür müssen wir auch selber mal Opfer bringen. Und TSA-Schlösser kosten ja nicht die Welt.“
„Wann fliegst du?“
„Morgen.“
„Na dann viel Spass.“

Der psychedelische Tunnel

Flughafen Detroit 2

Am Flughafen von Detroit gibt es eine Verbindung zwischen den Terminals. Durch diesen Tunnel laufen jeden Tag unendlich viele Flugreisende. Das Besondere ist hierbei, dass der Tunnel durch eine Licht-Musik-Show illuminiert wird. Viele hetzten über die Laufbänder von einer Flugverbindung zur nächsten durch den Tunnel. Es wirkt surreal. Es hat ein wenig davon, als ob Jean-Michel Jarre eine Show-Bühne erhalten hätte.

Flughafen Detroit 1

Es gibt die Reisenden, welche die Laufbänder nutzen und dann die, welche sich die Zeit nehmen durch die Mitte des Tunnels zu gehen. Oder die sich fast fünf Minuten lang auf den Laufbändern durch den Tunnel transportieren lassen. Und jeder der Fußgänger oder Laufbandnutzer ist umgeben von dem Wechselspiel der Lichter und der psychedelischen Musik.
Aber alles wird untermalt durch die Rollen der Koffer, welche auf den geriffelten Laufbändern ein Sirren erzeugen. Je höher dieses Sirren ist, desto eiliger hat es der Kofferbesitzer. Und häufig werden die Laufbänder als Geh-Beschleuniger genutzt, denn viele sind Geschäftsreisende und haben zeitlich knapp gebuchte Anschlussflüge.
Dieser Verbindungstunnel am Flughafen von Detroit ist sicherlich ein Erlebnis. Nur, wer ihn mehrmals erleben muss, wird vielleicht nach einiger Zeit beschließen, rasch hindurch zu eilen.

Vielleicht kann das nachfolgende Video ein wenig, den Eindruck davon beim Betrachter hinterlassen, was einem in jenen Tunnel erwartet: Psychedelisches pur …

Quelle: Youtube

Im Fokus: Südamerika Abenteuer Amazonas (DVD)

Och nööö! Nicht schon wieder eine DVD-Vorstellung zu Brasilien!
Das ist doch schon die hunderste DVD auf dem Markt. Wetten, der schreibt gleich was von schönen Bildern? Wie toll Brasilien ausschaut? Dass die DVD genial ist?

Ich habe schon immer davon geträumt, dort arbeiten zu dürfen, wo andere Urlaub machen. Dass das ganze aber ein Traum geblieben ist, kann der Leser daraus ableiten, dass ich aus München schreibe und nicht aus Brasilien. Aber andere haben dieses Glück. Oder Geschick. Oder haben es sich hart erarbeitet.

Nun, die ARD unterhält in Lateinamerika zwei Sendestudios. Das eine liegt in Rio de Janeiro, das andere hat seinen Sitz in Mexiko-City. Das Studio in Rio de Janeiro deckt den südamerikanischen Kontinent ab. Das Studio muss also eine Fläche journalistisch beobachten, welches 48 mal so groß ist wie Deutschland. Oder vielleicht ein wenig griffiger ausgedrückt, einen Kontinent, der in etwa die Größe Russlands hat.

Dass das ARD-Studio Südamerikas gerade in Rio de Janeiro liegt, lässt freilich Träume aufkommen. Strand, Sonne, Meer und alles, was dazu gehört.

Allein die Berichte aus dem südamerikanischen Kontinent, die immer wieder in ARD, arte, 3Sat, Phoenix oder den anderen ARD-Programmen (wie den Dritten, EinsPlus, etc.) laufen, demonstrieren, dass die Redakteure dort nicht einfach nur ne ruhige Kugel schieben. Oder doch?

Dr. Thomas Aders ist ARD-Korrespondent, der seine Berichte immer wieder dem ARD überspielt. Zwei seiner Berichte sind nun auf DVD erhältlich:
„Im Fokus: Südamerika Abenteuer Amazonas“ heißt die DVD und ist im Handel (z.B. amazon.de) für 9,95 Euro erhältlich.

Die DVD enthält die beiden Dokumentation einer Amazonas-Flussfahrt, welche das ARD-Team dort von der brasilianisch-peruanischen Grenze bis zur Amazonas-Mündung gedreht hat.

Die Dokumentation schwankt immer wieder zwischen berauschenden Bildern eines gigantischen Flusses und Betrachtungen der Menschen die dort leben. Es beginnt mit der Dokumentation des Indio-Stammes der Matis und deren Probleme mit der modernen Zivilisation. Geht weiter über Hahnenkämpfe auf peruanischer Seite bis nach Manaus. Die Holzrhodung des Amazonas findet dort ebenso seinen Platz wie Betrachtungen der Stadt Manaus, dessen Theaters und der Honda-Motorrad-Fabrik in Manaus. Sie geht weiter zu dem farbenprächtigen und großen Volksfest auf der Amazonas-Insel Parintins. Letztendlich landet das Team in Belem, der Stadt an der Mündung des Amazonas und deren Marienfest.

Der Film kann nicht alles darstellen und beschränkt sich somit immer wieder auf bestimmte Geschichten und den Personen hinter den Geschichten. Er bietet bunte Mosaiksteine vom Amazonas ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die verschiedensten Facetten des Lebens am Amazonas finden sich wieder.

Besonders interessant fand ich hierbei die Dokumentation der in Brasilien Low-Income-Strategie. Diese ist gerade in Brasilien geschäftlich weit verbreitet und hat in Brasilien auch seinen Anteil daran, dass sich die Immobilien- und Bankenkrise in Brasilien nicht so ausgewirkt hat wie beispielsweise in Europa oder Amerika.

Insgesamt gesehen ist diese DVD lohnenswert. Insbesondere auch wegen dem Extra-Bericht über die Insel „Fernando de Noronha“ mit seinen vielen Unterwasseraufnahmen.

Meine Kaufempfehlung.

"Brasilien im Original" von Peter Reinhold: Eine Buchrezension

Brasilien hat Schönheit.
Brasilien hat Schönheit und Klasse.
Brasilien hat Schönheit, Klasse und Flair.
Brasilien hat Schönheit, Klasse, Flair und am achten Tag der Schöpfung verfügte Gott die erste Ausweisung aus seinem Garten „Eden“, um damit dort die Lebensqualität im Paradies zu steigern. Er siedelte Menschen aus dem Paradies jenseits von „Eden“ in Brasilien an.

Nein, das steht jetzt nicht in der Bibel, aber so erzählen sich die Menschen der ganzen Welt, wenn sie sich über die Situation der Menschen Brasiliens unterhalten.

Brasilien ist nun mal einzigartig. Dessen Land und dessen Leute sucht man in der Welt ein zweites Mal vergebens. Die meisten Menschen, die Brasilien kennen gelernt haben, lässt jenes Land nicht mehr los.
Und so kann es schon passieren, dass dann das ein oder andere Buch darüber geschrieben wird.

Peter Reinhold hat seine Erfahrungen im „Books on demand“-Verlag unter dem Titel „Brasilien im Original“ veröffentlicht.

Der Autor
Wolf Peter Reinhold ist mit 54 Jahren im Jahr 1997 zusammen mit seiner damals 25-jährigen Frau Tina nach Brasilien ausgewandert. Der gebürtige Dresdener kappte seine erfolgreiche Werbetexterkarriere und tauschte seinen damaligen Lebensmittelpunkt Düsseldorf mit dem in Brasilien. Dort lebte er in den zehn Jahren an vier verschiedenen Orten, kehrte dann aber 2007 mit seiner Frau nach Europa zurück. Zuerst zog es ihn nach Lissabon, dann nach Berlin. Seit September 2009 sind Peter und Tina Reinhold wieder nach Brasilien zurück gekehrt: „Nun endgültig“, wie er in seinem im Juli 2009 veröffentlichten Buch „Brasilien im Original“ am Schluss schrieb.

Das Buch
„Meine 10 Jahre auf einem anderen Planeten“ so lautet der Untertitel des Buches. Auf 438 Seiten versucht Peter Reinhold nicht nur spannende Lektüre zu bieten, sondern auch Anregung für Urlaubsplaner und Hilfe für Auswanderer. Höhepunkte des Buches sind nicht nur die Tagebuch-ähnliche Beschreibungen seiner Rundreise durch halb Brasilien (ca. 11.000 km in 26 Tagen) und die diversen Schicksale von deutschen Auswanderern mit Träumen, die von der brasilianischen Realität mehr oder weniger einkassiert werden, sondern auch die Beschreibungen der Umgebung im Nordosten in der Nähe des Amazonas-Deltas.
Peter Reinhold hatte vor seinem Leben in Brasilien bereits Erfahrungen als Camel-Trophy-Fahrer in Papua-Neuguinea sammeln können. Diese konnte er dann in Brasilien entsprechend bei seinen Fahrten über Dünen und unwegsamen Straßen mit seinem Landrover einbringen. In Randbereichen seines Buches geht er auch kurz auf brasilianische Realitäten ein, die ziemlich drastisch und kontrastreich dem zuvor beschriebenem entgegen stehen.

Meine Bewertung
Das Buch ist im Grunde kurzweilig und auch interessant geschrieben. Reiseberichte und Reisebeschreibungen sind lesenswert und detailliert. Das Buch hat zwar die Anwandlungen eines Romans. Es ist aber eher ein Zwitter aus reiner Reiseberichterstattung und Betrachtungen der brasilianischen Realität.
Allerdings liegt hier auch die Schwäche des Buches. Der Autor und seine Frau sind einerseits die Protagonisten des Buches, die als Klammer der Handlung dienen, andererseits bringt der Autor sich nur distanziert in bestimmten Situationen ein und seine Frau taucht eher als Randfigur auf.
Als ich das Buch in meinen Händen hielt und auf dem Buchrücken vom erklärten Ziele des Autors der Aufklärung über das wahre Brasiliens las, steigerten sich meine Ansprüche. Aber ein Buch, welches sowohl als „spannende Lektüre, Urlaubsplaner oder Hilfe für Auswanderer“ dienen soll, muss mehr bieten.
Um es vorweg zu nehmen, Auswanderungswillige nach Brasilien erfahren in diesem Buch zwar einiges detailliertes über Schicksale von Auswanderern, viel mehr als in jeder Doku-Soup der privaten Fernsehprogramme. Aber welche weitreichenden Schwierigkeiten Brasilien einem Einwanderer bietet, das findet sich nicht beschrieben. Dass Brasiliens Bürokratismus organisatorisch alles auf die Verantwortung seiner Bürger abschiebt und somit heftiger ist, als wie man den Bürokratismus aus Deutschland kennt, das wird in einem eigenen Kapitel über die Ummeldung eines Fahrzeugs nach Umzug beschrieben. Aber Tipps, wie man den Bürokratismus Brasiliens erträglicher machen kann, sind nicht beschrieben. Insofern bedient das Buch die Zielgruppe der Auswanderungswilligen nur am Rande. Zudem fehlt auch der eindeutige Hinweis, dass Brasilien längst kein Einwandererland mehr ist und insofern Einwanderer es heute erheblich schwerer haben als noch vor zehn Jahren.

Als „spannende Lektüre“ empfand ich das Buch nicht. Das Buch ist interessant. Das Buch beschreibt Gegenden und gibt merkenswerte Reisetipps.
Nur wenn sich für mich Spannung mal aufgebaut hat, so hat es der Autor geschafft, diese durch seine Ausdrucksweise zu reduzieren. Ich weiß nicht, wie oft ich die Worte „herrlich“, „köstlich“, „schmackhaft“ und „knusprig“ im Zusammenhang mit Essen oder „eisgekühlt“, „eiskalt“ oder „sehr kalt“ in Zusammenhang mit Bier lesen musste. Wie oft er sich Bier oder Kokosnuss-Wasser in den „Schlund geschüttet“ hatte, kann ich jetzt nicht sagen. Es waren viele, viele Male. Und das jedes mal erneut zu lesen, hat doch ermüdet.

Darüber hinaus nervten mich auch noch dann Wiederholungen: Beispielsweise findet sich in dem Buch dreimal an verschiedenen Stellen die Beschreibung, wie der Junge „Pedro“ einem undankbaren Holländer dessen Brille aus dem brauen Wasser eines Flusses gefischt hatte, nachdem jenem Tourist sie ins Wasser fiel. Und diese Beschreibungen waren fast identisch, ohne eine wirkliche Variation. Oder er schreibt über Jürgen Klinsmann in einem Zusammenhang, der in Deutschland schon längst keine Rolle mehr spielt, nachdem Klinsmann zweimal erfolglos Trainerjobs ausgefüllt hat.

Ebenso finden sich in dem Buch Rund-um-Schläge gegen verwöhnte deutsche Europäer, die nur ausgetretene Touristenpfade von Reiseveranstalter betreten möchten, und faule Brasilianer, die zwar höflich bedienen aber ansonsten keine europäische Ethik kennen. Es ist diese Art Überheblichkeit, wie ich sie schon bei anderen Auswanderern beobachten konnte. Eine Überheblichkeit, die die bedingungslose Lufthoheit über jeden Stammtisch sofort für sich einfordert. Ich spreche damit dem Autor nicht seine Kompetenz ab. Nur leidet darunter das Buch, wenn er fast generell kein Einfühlungsvermögen für unterschiedliche Positionen zeigt.

Der Sprachstil des Buches schwankt. Mal anspruchsvoll, dann wieder dahin gerotzt. Schreibt der Autor beispielsweise, wie er sich mit seiner Reisegruppe aufgrund des Fehlens von Trinkhalmen und Bechern „das frische Kokoswasser direkt ins weit geöffnete Maul“ gießt und zwei Sätze später schreibt er von „Reklame mit großmäuligen Qualitätsversprechen“ (bezogen auf ein gebrochenes amerikanischen Bärenmesser), dann ist das ganze nicht nur eine stilistische Blüte. Auf mich machte das eher den Eindruck einer sprachlichen Blutgrätsche als wirklich durchdacht. Solche Dinge mögen vielleicht sogar als Ironie gedacht gewesen sein, aber indirekte Hinweise, dass solche stilistische Blüten vorsätzlich begangen worden sein könnten, fand ich nicht.
Es scheint wohl dem Naturell des 66-jährigen Autors entsprechen.
Der Sprachstil ließ dann auch mehr auf den Autor blicken, als er von sich selber beschreibend frei gab. Aber ich kann mich meines Eindruckes ja auch irren.
Oftmals kratzt das Buch auch nur an der Oberfläche der brasilianischen Realität (jedes persönliche Gespräch mit Brasilianern bringt mehr soziologische Hintergrundinformationen zu Brasilien als dieses Buch).
Verwirrend ist auch, dass der Autor bei der Umrechnung der Landeswährung immer wieder zwischen Euro und D-Mark hin- und herspringt und das obwohl das Buch erst im Juli 2009 rausgebracht wurde.
Das Buch „Brasilien im Original“ von Peter Reinhold ist im Großen und Ganzen schon lesenswert. Der Autor steuert durch den Inhalt seines 10-jährigen Brasilienaufenthalts wie er seine Fahrzeuge durch unwegsames Gelände steuert.
Wer wissen will, welche persönliche Kämpfe der Autor in dem 10-jährigen Brasilienaufenthalt ausfechten musste, der wird nicht fündig.

Die Person „Peter Reinhold“ ist zwar der Motor des Buches, aber nicht Protagonist. Daher kommt das Schlusskapitel „Der Lack ist ab“ mit seiner Erklärung, warum der Autor mit seiner nach Europa zurück kehrte, auch genauso überraschend wie er manche brasilianische Regengüsse beschrieb: Völlig aus dem heiteren Himmel heraus.
In dem ganzen Buch fand sich nicht wirklich ein Hinweis, dass der Autor Probleme in Brasilien nicht souverän bewältigen und lösen könnte. Umso überraschender ist dann im Schlusskapitel die Verkündigung vom Ende des Brasilienaufenthalts.
Im Vergleich zu den ganzen beschriebenen Rückblenden auf des Autors schlechte Erfahrungen mit Deutschland und dessen Nachteile war die Erklärung für die Motivation nach Europa zurück zu kehren schon verdammt dünn.

Und auch hier taucht dann die weitere Schwäche des Buches auf. Seine Frau ging mit. Einfach so. Spannend wäre gewesen, auch von der Position seiner Frau und den Diskussionen zwischen den beiden zu erfahren. Aber in dem ganzen Buch findet ein Dialog zwischen dem Autor und seine Frau nicht statt. Die Frau des Autors taucht nur als beobachtetes Objekt auf.
Und auch die Lebensverhältnisse des Autors werden nie beschrieben. Über die Schicksale anderer deutschen Auswanderer erfährt der Leser mehr Details als über die ökonomischen Wirtschaftsbedingungen des Autors. Es muss nicht sein, aber interessanter wäre es schon gewesen. Denn in jedem Brasilien-Forum findet sich hierzu mehr als in jenem Buch.
Ach ja: Positiv fand ich definitiv, dass Rio de Janeiro in dem Buch nicht existierte. Dieses Reiseziel hat er sich und dem Leser zugunsten anderer guten Detailbeschreibungen erspart.
Wer nach Reise-Alternativen in Brasilien sucht, der wird in dem Buch garantiert fündig. Der Werbetexter Perter Reinhold hat seine Arbeitsprobe mit diesem Buch geleistet. Meine Anerkennung.
Wer Auswanderinformationen und behördliche Details in dem Buch sucht, wird nicht direkt fündig. Als Behörden-Reiseführer Brasiliens ist das Buch absolut ungeeignet.

Zusammenfassung
Auf einer Schulnoten-Skala zwischen 1 und 6 gebe ich dem Buch eine „3“ mit Tendenz zur „2“. Ausschnittsweise werde ich das Buch sicherlich noch lesen, aber sicherlich nicht in seiner Gänze.

Nebenbei:
Das Buch hat der Autor seiner brasilianischen Frau Tina gewidmet. Ob sie überhaupt ein bisschen deutsch? Im Buch erfährt der Leser es jedenfalls nicht.
Das Buch „Brasilien im Original“ findet sich bei Amazon hier.

Die perfekte Flugzeugentführung

Abenddämmerung

Reporter: Herr Mozek, wir konnten es bei der Ankunft des Fliegers am Flughafen Kattowiz beobachtet. Die Passagiere erschienen erleichtert beim Aussteigen.
Mozek: So?
Reporter: Ja. Ich würde behaupten, sie waren richtig fröhlich.
Mozek: Was Sie nicht sagen.
R: Aber ja. Ich sag es mal offen heraus: Sie haben das perfekte Verbrechen vollzogen.
M: Wie?
R: Nicht wahr? Sie haben das Flugzeug entführt.
M: Lächerlich! Ich bin Pilot. So ein Quatsch.
R: Würde ich nicht sagen. Noch nie sah ich Passagiere so froh einem Flugzeug entsteigen. Es musste sogar jemand die Leute beim Ausstieg bremsen.

Passagiere

M: Ach ja?
R: Ach ja!
M: Ach ja.
R: Also?
M: Sie sind ein scharfer Beobachter.
R: Danke. Das verlangt meine Profession.
M: Ja, ich und mein Co-Pilot Mizewski tragen hier die volle Verantwortung.
R: Verstehe.
M: Wissen Sie, die Sicherheitsvorkehrungen an europäischen Flughäfen haben uns genervt.
R: Heißt das, keine ideologische oder politische Motivation?
M: Nein, nicht wirklich.
R: Hm.
M: Es hat uns genervt. Und da hatte ich den Plan für das perfekte Verbrechen. Und mein Kollege ist gleich drauf eingestiegen.
R: Er ist Moslem?
M: Nein.
R: Oder mosaischen Glaubens?
M: Nein.
R: Tibeter?
M: Sein Schwippschwager dritten Grades kennt jemanden der evangelisch ist.
R: Also doch religiös motiviert?
M: Nein, nicht wirklich. Er führt im Internet einen Blog mit halbnackten Frauen.
R: Das ist uninteressant.
M: Er spricht ostdeutsch.
R: Aha. Ein Ansatzpunkt. Ist er unzufrieden mit der Bundesrepublik auf globalisierter Ebene bezüglich islamischen Terrorismus?
M: Wir wollten der Welt zeigen, dass die Sicherheitsmaßnahmen an den Flughäfen Hofnarrenonanie der Politiker sind.
R: Aha, also sexuell motiviert? Inzest?
M: Mein Co-Pilot und ich beschlossen einfach die eigene Maschine zu entführen.
R: Die Stewardessen waren eingeweiht?
M: Saftschubserinnen sind schmückendes Beiwerk im Cockpit, aber sonst nicht tauglich.
R: Haben Sie Handyaufnahmen von den Sexorgien im Cockpit gemacht?

Piloten

M: Kollege und ich waren uns einig. Wir wollten die Maschine auf den Weg vom bulgarischen Burgas aus nach Kattowiz entführen.
R: Hatten Sie Explosiva bei sich?
M: Die Servierwagen waren voll damit. Wodka, Sambuca, Whisky und Eau de Parfum massenweise. Alles hochprozentig.
R: Der Knaller schlechthin also.
M: Streichhölzer hatten wir auch dabei.
R: Ich verstehe. Statt dem klassischen Zippo-Benzinfeuerzeug die Streichhölzer als Aufschrei gegen die Urwald-Rodung.
M: Quatsch. Als Notleuchten. Falls mal wieder die Kabinenbeleuchtung ausfallen sollte.
R: Nur deswegen? Genial!
M: Auf der Hälfte des Fluges habe ich dann die Passagiere informiert, dass sie alle 10000 Meter über Normal Null entführt gelten. Und wir sie zu einem Flughafen unserer Wahl bringen würden.
R: Ich verstehe nicht. Sie flogen doch schon nach Kattowiz.
M: Aber das haben die doch nicht mehr mitbekommen. Denn um zu verhindern, dass die Passagiere wie damals in Pennsylvania von hinten die Maschine aufrollen würden, haben wir eine Boardrunde nach der nächsten für die Passagiere geschmissen.
R: Ich verstehe. Die Alkoholika.
M: Hochprozentiges brennt besser. Die Passagiere als lebende Molotow-Cocktaile.

Passagiere2

R: Aber wenn ich richtig verstanden habe, flogen Sie von Burgas nach Kattowiz. Wie soll denn dann eine Entführung nach Kattowiz funktionieren?
M: Nur wenn die Passagiere besoffen gemacht werden, dann ist deren Widerstand am geringsten.
R: Moment: Sie entführen eine Maschine, die auf dem Routineflug nach Kattowiz ist nach Kattowiz?
M: Nicht ich. Sondern ich und mein Co-Pilot. Ohne ihn hätte es nie geklappt.
R: Ich wette, es hat auch kein Passagier bemerkt.
M: Doch. Die haben aus Verzweifelung gesoffen. Wie bekloppt. Die Wodka-Vorräte waren total geplündert.
R: Ja klar. Der Freibier-Effekt.
M: Quatsch. Diese Ablenkung war Bestandteil dieses perfekten Verbrechens.
R: Ihre Meinung.
M: Schauen Sie doch Ihre Fotos an: Sie sehen erleichterte Menschen, die froh sind, diese Flugzeugentführung überlebt zu haben.

Passagiere1

R: Eine Entführung durch Piloten, die das Flugzeug zum Bestimmungsort bringen, aber noch nicht mal die Fluglotsen über die Entführung informieren?
M: Aber Sie haben es doch bemerkt.
R: Bin ich mir nicht mehr so sicher.
M: Gerochen haben Sie es und die Freilassungsfotos gemacht.
R: Knipsereien aus purer Langeweile am Flughafen Kattowiz.

Passagiere3

M: Ach man. Schwätzen Sie doch nicht so altklug daher!
R: Danke für das Interview. Ich hau mir jetzt nen Wodka-Bull hinter die Kiemen. Das habe ich mir jetzt verdient. Tschüss.
M: Sie dürfen das Interview auch ungekürzt und ohne mein Gegenlesen veröffentlichen! Ich zähl auf Ihren journalistischen Verstand!
R: Ja, ja.
M: Was?
R: Ja, ja, ich flieg mal lieber wieder in die Redaktion als raus …
M: …

Katowice