Ertrage die Clowns (13): Huh, because I’m happy

Im Jahr 1949 steckte sich der junge Joachim Fest einen Zettel ins Portemonnaie, den er bis zu seinem Tode mit sich führte. Auf dem Zettel stand der Satz:

„Ertrage die Clowns!“

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“Alter?”

“54.”

“Familienstand?”

“Ledig.”

“Zumindest geschieden?”

“Nein.”

“Kinder?”

“Null.”

“Glücklich?”

“Ja.”

„Wie?”

“Ja.”

“Was ‘ja’?”

“Ja wie ja.”

“Sie wollen mich vergackeiern?”

“Nein.”

“Hört sich aber so an. Nochmals von vorne. Verheiratet? Kinder?”

“Nein. Nein. Nein. Nein. Nein. Ja. Ja.”

“Was ‘nein’?”

“Weder verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden, verkindert. Und glücklich.”

“Wofür stand das letzte ‘Ja’?”

“Ob ich Hedonist bin.”

“Aha. Also Ballermann all night long, was?“

“Wie bitte?”

“Sie sind garantiert einer dieser Urlauber, die sich verantwortungslos daneben benehmen, wenn sie rausgehen. Sei es Leopoldstraße, Berlin-City, Ibiza, Balearen, Ballermann, Las Palmas, Kanaren, Cap d’Agde, Oktoberfest, Ibiza.”

“Ich verstehe nicht. Sie erwähnen so völlig indiskret meine Verhältnisse und Destination. Ist das üblich?”

“Ledig, unverbandelt, ohne Verantwortung, in den 50ern mit 50mal 200er-Viagra im Gepäck, ohne Nachdenken ob der Probleme von Familien. Hirn frei, aber feierwütig. Und dann alles ohne Mundschutz. Und Bussi Bussi.”

“Heißt es nicht ‘Feiern in Bayern’? Wer braucht dazu plärrende Kinder, die einem die ganze Feierstimmung auf im heißen Wasser platzende Weißwürste reduzieren?”

Er holte Atem: ”Ganz am Rande meine Meinung: Echt gut, dass bald eine Vermögenssteuer für Singles eingeführt werden soll. Bin ich voll für.”

“Wer will das?”

“Ich. Und viele andere werktätigen, rechtschaffende deutsche Bürger, die Familie haben. Die jeden Euro umdrehen müssen, weil die Corona-freien Länder so weit weg sind zum Urlauben, weil unverantwortliche alte weiße Sackgesichter Ü50 wie Sie die klassischen Urlaubsgegenden mit Covid-19 verseuchen..”

“Soso.”

“Jaja. Jetzt ist mal Schluss mit der billigen Bums- und Feiermeile aufm Ballermann. Einfach feiern und Bier saufen, während …”

“… unsere Soldaten und Jungs in Afghanistan oder sonst wo erschossen werden?Recht so.”

“Wie meinen?”

“Dass Kriege mehr Opfer fordert als Covid-19, aber keine Sau wegen einem Krieg jemals einen Lock-Down hier durchgeführt hat, wenn im Bundestag Bundeswehrmandate für Auslandseinsätze verabschiedet wurden.”

“Was hat das mit einer Pandemie zu tun, Sie elender Honk von Ritchie Rich? Haben wir hier Kriege in Deutschland, Sie Tatsachenwämser? Ihr Whataboutism nervt!”

“Die größte Pandemie dieses schmutzigen Klumpens Weltraumsdreck mit humaner Atmosphäre ist das Virus des Bellizismus.”

“Oh Gott. Schon wieder so ein weltenentrückter und weltfremder Pazifist. Könnt ihr euch nicht eigentlich alle eine Rakete Richtung Mars kaufen? Dann wären wir euch Pazifistengesocks für immer los. Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, wie viel Leben unsere Bundeswehr bewahrt hat? Ohne den Armeen dieser Welt gäbe es mehr ungerichteten Mord und Totschlag als ohne.”

“Lassen Sie Gott aus dem Spiel. Um Himmelswillen, das hat den Soldaten mit deren Koppel in Stalingrad damals auch nicht das Leben gerettet.”

“Arschloch!”

“Because I’m happy. Falls Sie überhaupt wissen, was happy ist.”

“Ich weiß, was Glück ist, aber deswegen werde ich nicht applaudieren, nur damit Sie besoffen, fickend und glücklich überm Ballermann wanken können, um alle mit Corona zu infizieren! Nochmals! Wir sind hier hart arbeitende Menschen, denen es nur gut geht, wenn es unserer Wirtschaft gut geht. Ohne gut gehender Wirtschaft, ist Glück lediglich eine Illusion zwischen dem Ausfüllen zweier Lottoscheine und der Ziehung im Fernsehen.”

“Das haben Sie aber schön gesagt. Und wohin geht die Wirtschaft, wenn es ihr gut geht? Schon mal drüber nachgedacht?”

“Nee, nö. Solche wie Sie gilt es zu bekämpfen. Wer Sie als Freund hat, braucht keine Feinde mehr. Es kann nicht sein, dass das Glück des Einzelnen wie Ihrem dem Glück aller entgegensteht.”

“Warum denn nicht?”

“Ins Hirn geschissen, oder was? Die Kette ist nur so stark, wie ihr schwächstes Glied es ist!”

Ich nickte freundlich aufmunternd dem jungen Mann am Schalter zu. Es erfreute mich, dass es offensichtlich mehr differenziert denkende Menschen in systemischen Jobs gibt, als ich dachte. Nun gut. Jener war nicht gerade ein ideal mündig denkender Bürger, weil er mein bescheidendes großes Vermögen in Frage stellte, aber er war immerhin auf den Weg dahin. Er musste halt noch lernen. Junger Hüpfer.

Zumindest war er jemand, der meine Interessen nicht gleich in Bausch und Bogen verdammt hatte. Und das, obwohl er locker erkennen konnte, wie viel mehr ich als er verdiene. Ihm musste doch beim Check-In aufgefallen sein, dass sein Jahresgehalt gerade die Charterkosten meines Jet decken würden. Nur, dass er deswegen nicht gleich die Revolution ausgerufen hatte, das hielt ich ihm als Bonus entgegen. Kein Revoluzzer eben. Den Sozialismus in seinem Lauf kommt  für mich weiter eine Stufe weiter rauf, dank der unermüdlichen, systemischen Servicekraft am Check-in …

Ich nahm mein Smartphone und telefonierte, ob mein Charterjet gen Ibiza schon vollgetankt wäre und ließ den planlosen Meckerer am Check-In allein in seinem München zurück.

Auf zum Feiern in erlauchter Runde. Senhor St. Rache hatte sich auch zu Besuch gemeldet. Er benötigte mal wieder ne Auszeit von den Journalisten, schrieb er mir per Threema. Ein paar sexy Doppel-D-Russinnen oder langhaarige Rumäninnen als Serviererinnen könnte er sich nach der geschäftlichen Besprechung vorstellen. Nur vorher sollten jene gefälligst mittels PCR kontrolliert werden, ansonsten könne er nicht kommen. Seine Frau ließe das nicht zu. Sie wolle schließlich nicht 14 Tage in Quarantäne wegen seiner Feierei …

Endlich reich ins Heim! Die Rente ist gesichert …

So, das war’s.
Ich bin jetzt vermögend.
Sauvermögend. Supersauvermögend. Stinkreich sozusagen.
Gerade erhielt ich über LinkedLin folgende Mail:

Dear Careca da Silva ,
I am Mrs. XXX I am a citizen of Denmark, I am currently working with Natwest Bank. I have been working here for 17 years now, and I have a good working record with my bank.. I am Making an offer to you in relation to the death of my deceased client who left a huge amount of money £15,812,664 (Fifteen Million, Eight Hundred and Twelve Thousand six hundred and sixty four GBP.) in our bank. After unsuccessful attempts to find his relative then I decided to contact you since you have the same surname with him. For more information, If this proposal is alright by you then kindly get back to me via e-mail (***@hotmail.com) for confidential reasons.I anticipate your co-operation.
Thanks you for your time and do have a great day.
Regards,
XXX
Managing Director Natwest Bank

Habe schon mal bei Sixt nen Transporter bestellt. Schließlich wollen die 15 Millionen Pfund aus Dänemark von mir abtransportiert werden, woll.
Und dann?
Ganz klar: Meine Tochter macht dann in Wuppertal mit dem Papst ne Butike auf. Darin werden wir dann den Modezaren Deutschlands das Fürchten lehren, woll.

Aber jetzt erstmal nen Champagner köpfen. Ich gönn‘ mir ja sonst nichts.

Liebe Grüße vom Neu-Reichen

Careca

P.S.:
Bettelbriefe werde ich gnadenlos nicht lesen und dem Recycling der Wertstoffhöfe durch meinen noch einzustellenden Buttler zuführen lassen.

Vom schnellen Reichtum komplett überrascht

So, meine Lieben, es ist vollendet. Mein Sargdeckel wird definitiv golden sein. Denn soviel, wie ich jetzt bald haben werde, kann ich einfach nicht ausgeben.
Lindsay schrieb mir.
Ihr kennt Lindsay nicht? Da seht ihr es mal wieder. Ich bin auf der Sonnenseite des Lebens und nicht im Schatten der Tür von Dagobert Ducks Geldspeicher. Lindsay Rogers meine ich und sie schrieb mir heute folgende Email:

Von: „Rogers, Lindsay“ lindsay. rogers ( ) ubc. ca
Datum/Uhrzeit: 24.01.2014 / 09:50(Empfang)
Betreff: Antworten für Details

Es tut mir leid, um Ihre Privatsphäre auf diese Weise stören. Es gibt eine gewisse verstorbenen Kunden von meiner Bank, die hinter US $ 18 Millionen übrig. Ich suche Ihre Partnerschaft in Empfang dieses Fonds. Wenn Sie interessiert sind, sofort zu antworten für detaillierte Informationen.

Danke,

S.L

Schon klar, Lindsay arbeitet wohl in der kannadischen Niederlassung der „Union Bank of California“. Richtig gelesen. Kalifornien. Kennt jeder. Liegt direkt bei Hollywood, da wo alle Reichen und Schönen leben. Demnächst auch ich. Ätsch.
Lindsay ist schon verdammt raffiniert, sie kürzt ihren Namen voll diskret mit „S.L“ ab. Klar, sie will ja nicht wie Snowden enden. Ein wenig die NSA nasführen muss schon sein, nicht wahr? Aber ich hab die Finte sofort erkannt, Lindsay Rogers, du geschicktes Luder! Ich spiel mit, du. Lass uns in finanziellen Kontakt treten, hey. Ich habe noch ne leere Abstellkammer, da kannste das Geld deponieren, woll!
18 Millionen US-Dollar. Das sind über 13 Millionen Euro! Und wie aus der Mail zu entnehmen ist, denke ich, wird das Ganze mir netto angeboten.
Leute, mir scheint die Sonne aus dem Allerwertesten und ich bin demnächst ein Star und rufe bald: „Nehmt mich hier raus! Aus Deutschland, ihr Finanzberater“. Und dann geht’s reich ins Heim statt heim ins Reich. In Geldmünzen werde ich baden, in Geldscheinen tauchen und zwischen all den Säcken mit Geld nicht mehr auffallen.

Endlich.

Jetzt muss ich nur noch auf jenes einmalige Angebot antworten. Wo ist nochmal der Antwort-Knopf des Email-Programms?
Hm.
Frau Oberpflegerin, könnten Sie sich mal wieder um mich kümmern und nicht um die Strickgruppe? Wie antworte ich hier?