Kollege Blechkamerad, Beherrscher des Planeten

»Biege rechts ab! Fahre 100 Meter!«

Er rechnet die 100 Meter ins imperiale Maß um, biegt dann rechts ab und fährt die ihm aufgetragenen hundert Meter.

»Foto nach vorne!«

Ein Klick ertönt. Foto gemacht.

»Mach Foto vom Helikopter!«

Das Gefährt tat wie ihm geheißen. Die Kameralinse ist auf den Heli ausgerichtet. Es ist Zeit, den Heli zu beschäftigen.

»Los, Heli, hebe ab!«

Der Helikopter hebt ab.

»Flieg zu den vorgegebenen Koordinaten und mache Foto!«

Der Helikopter arbeitet seine Befehl ab. Braver Heli-Roboter.

Neulich ist der Heli abgestürzt. Kollateralschaden. Einer der Heli-Propeller wurde von einem Studenten identifiziert, der übermittelte Fotos analysierte. Unweit des Flugkörpers lag der Propeller im Sand. Der Name des Helis ist »Ingenuity«. »Einfallsreichtum« auf deutsch. Dumm gelaufen. Ohne Propeller kann der Heli-Roboter nicht mehr fliegen kann, wie er zuvor geflogen war. Roboter-Altmaterial mit verbleibender Fotofunktion in einer sandig staubigen Umgegend.

Indessen, sein Gefährte fährt weiter, erkundet seine Umgegend. Wie man es von dem Roboter erwartet.

So einfach lässt sich ein Planet beherrschen. Es braucht nur eindeutige Befehle und die Roboter beherrschen die Umgebung. Ein Planet beherrscht von Robotern. Und kein Mensch weit und breit.

Planet der Roboter.

Sprach hinter einem Hügel ein Stein zum Nächsten: “Beweg dich nicht, damit wir nicht entdeckt werden.”

Nebenbei, mein Name findet sich auf dem Robotergefährt wieder. Damit man von mir weiß, wenn ich schon längst nicht mehr wissen werde. Etwas wird mich überdauern und an mich auf dem Planeten erinnern.Sollten Erdlinge die Daten des Roboters zuvor nicht vernichten.

Aliens werden meinen Namen lesen und mich als Eroberer einordnen. Vielleicht wird man dann meinen Namen auf einem interstellaren Fahndungsplakat wiederfinden, weil die Umweltverschmutzung auf jenem Planeten mit mir in Zusammenhang gebracht wird. Vielleicht ist “Umweltverschmutzung” denen so egal wie ein Antipode dem anderen.

Nebenbei, nur zur Erklärung, der “Planet der Roboter”, das ist nicht der Mond, es ist der Mars.

Where no man has gone before.

Boldly going, by robots.

Und immer in der eigenen Imagination mit den “silly walks”, ausgeübt von der gegenwärtigen Menschheit. Ohne dass jene dabei auch vor Ort ist …

Dystopie 2035: Bodenstation an Major Tom, ist dort Leben auf dem Mars?

Im ganzen politischen Lärm landete letzte Woche ein Weltraumschiff. Im handlichen PKW-Format parkte es sich auf dem Mars. Seine blaue  Parkscheibe – von außen unverdeckt einsehbar – war schon vorher korrekt eingestellt worden. Potentielle Knöllchen, verteilt von irgendwelchen schreibwütigen Politeurs und Politessen der marsianen Parkraumbewirtschaftung waren im Raumfahrt-Budget nicht vorgesehen. Der US-Senat wollte sie aus Kostengründen nicht bewilligen. Auch sollte es auf den Namen “Mach mal hinne” getauft werden. Nur erschien der Name sperrig und hörte sich unverblümt fordernd an. Also beschloss man es ganz kurz “Perseverance” zu nennen.

Auf dieser Weise glänzte das weiße High-Tech-Gefährt einsam unter der strahlenden Sonne auf rostbraunem Untergrund. Es stellte seine 4K-HDR-Pixelshift-Selfie-Kamera auf und richtete seine beiden High-End-Puschel-Mikrofone auf die steinerne Öde aus. Indessen taten es dem Gefährt hunderte Selfie-bewegte Pandemie-Besorgte dieser Welt gleiches und bauten sich vor deren mit Schrumpffolien versiegelten Mikrofonen auf, schauten in 4K-HDR-Kameras und wedelten fahrig mit ihren Armen Hubschrauber-gleich, um die Spannweite der Virusbedrohung zu erklären.

Indessen startete das Mars-Gefährt mit seiner Kerntätigkeit: fahrend und munter propellernd mit seiner Drohne seine Umgebung zu erfahren. Und so funkte der Satellit aus seiner Parkbucht seine ersten 360-Grad-Impressionen und Open-Air-Takes zu dem einsamen Menschen an dessen Schaltpult. Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2021. Und jener wollte schon immer in die Unendlichkeit reinhorchen, wollte von der Menschheit unberührte Klänge erlauschen und so den Lebenssinn “42” mit Klängen erfüllen. Er wollte wissen, was denn sonst so das Thema andere Entitäten wäre, womit jene sich denn so beschäftigen, wenn die nicht gerade ihrer Radio-Soap “Corona-Nachrichten der Erde” lauschten.

Übernächtigt hörte jenes Menschlein sich die Tonspur an. Ein Pfeifen und Rauschen erfüllte seine Gehörgänge. Er hörte das Gleiche, wie wenn er einsam und alleine ohne Handynetz mit leeren Tank seines Chevrolet Bel Air Impala von 1958 auf dem Highway 66 bei praller Sonne stehen würde. Leise würde der Wind um seine Ohren wehen und sein Radio würde vergeblich einen Sender suchend undefinierbare Pfeiftöne von sich geben. Seufzend ob seiner Assoziation stellte also jenes Menschlein der Welt auf dem kleinen Drecksball Erde in deren Internet jene marsiane Tonspur zur Verfügung.

Habt ihr diese Tonspur gehört? Dann hört hier rein. Wenn man die sechste bis achte Sekunde und die zehnten bis zwölften Sekunde mit einem Open-Source-Software-Tool verzögert, passend pitched, dann noch mit passend kalibrierten Hochpass- und genau rebubierten Niederpass-Filter invers abspielt, dabei auch noch die höchsten Ultraschall-Höhen raus subtrahiert und den Infraschall-Bass ins Hörbare rein nivelliert, die violinartigen Mitten mittels Doppler-Effekt reduziert, dann hört man es ganz deutlich:

Verpiss dich, ey! Oder es setzt Haue, wa!

Das hatte der linke kleine Fels zum rechten großen Fels gesagt, der kaum verständlich ein “Ich geh ja schon” danach murmelte. Die beiden felsenfesten Gesteine sind auch auf dem ersten hochauflösenden, immersiven 360-Grad-Panarama hinten links (hier) zu erkennen. Und das witzige wird sein: Der rechte Fels wird der Ansage Folge leisten und in den nächsten vierhundert Jahren das Feld räumen.

Und wir werden weiterhin nach intelligentem Leben auf dem Mars suchen. Dumm gelaufen. Es hat halt mal wieder keiner aufgepasst. Genau wie in der Schule, als der Lehrer fragte, wer die Frage nach dem Sinn des Lebens beantworten würde, schauten alle wie beim Vokabel-Lernen ostentativ stumm vor sich hin, den Blick des Lehrers vermeidend. Dabei blieb ungesehen, wie der Lehrer in ein Stulle biss und Marmelade aus der Stulle aus seinem Mundwinkel zu seinem Doppelkinn rann …  .

War’s das?

Nö.

Am 16. März 2020 wurde auf dem Gefährt, dem “Perseverance Mars Rover” als Folge der NASA-Kampagne „Send Your Name to Mars“ eine Plakette mit einem freundlichen Symbol angebracht. Drei fingernagelgroße Siliziumchips, die an der oberen linken Ecke der Plakette eingefügt wurden, tragen die Namen von 10.932.295 Teilnehmern. Diese Namen wurden einzeln mittels Elektronenstrahl auf den Chips eingraviert. Am 31. Juli startete das Gefährt von der Cape Canaveral aus mittels einer Rakete als Transportmittel und landete dieses Jahr auf dem Mars am Tage meines Geburtstags um 21:55 Uhr, zwölfeinhalb Stunden nach meiner registrierten Geburtszeit.

Was daran so beunruhigend ist? Wenn Aliens kommen – und wir wissen ja alle, dass es sie gibt, also jene Aliens, Predatoren, Borgs, Skynets T-1000s, Fraggles, Pow Patrols und Co – dann stellen diese Chips später mal die natürlichsten Todesliste der Welt dar. Und mit diesen werden die Außerirdischen die Erde verwüsten, um jene 11 Millionen Selfie-süchtigen Narzissten zu neutralisieren, zu banalisieren und schließlich zu vaporisieren. Hasta la vista, Baby. Dabei werden sie halt nur die Erde verwüsten und dem Rest wird lediglich ein Heulen und Zähneklappern übrig bleiben …

Dystopie 2035.

Here am I floating round my tin can
Far above the Moon
Planet Earth is blue
And there’s nothing I can do

David Bowie

Perseverance boarding pass

Ticket to the Mars

Lass mich abheben, einfach nur abheben. Einmal fremde Welten erforschen, Pionier sein. Und dann mit gehöriger Distanz zum vorherigen Leben zurück zu blicken. Dabei Wehmut verspüren. Sehen und erkennen, dass es noch so viel hatte, was noch erledigt hätte werden können. Das nicht so bleibt, wie es vorhergesagt wurde. Dass Vorhersagen auch nur immer von den eigenen Wünschen geleitet werden.

Lass mich meinen Namen auf dem Mars hinterlassen. Lass mich ein Ticket zum Mars nehmen. Den Rückflug kann ich vor Ort buchen. Oder per Internet-Bestellung bei der NASA.

Oder auch nicht. Dann könnte ich immerhin noch versuchen, auch nur im Entferntesten wie Mark Watney zu handeln, zu überleben und zu hoffen, dass ich wieder zurück komme. Zur Erde. Vom Mars aus vielleicht als bläulich schimmernder Punkt zu erkennen. Ganz blass bläulich.

Blau. Die Farbe der Harmonie, des Vertrauens, der klaren Gedanken, des Wassers, des Überirdischen, des Göttlichen, des Irrealen. Die alten Griechen hatten kein Wort für die Farbe “blau”. In Homers Werke findet sich keine einzige Beschreibung dieser Farbe, lediglich Umschreibungen, welche sich der Farbe des Rotweins entlehnten.

Im Norden Namibias leben heute ca. 6.000 Menschen in halbnomadischer Kultur. Als die Menschen vor ca. 100 Jahren überfallen und komplett ausgeraubt wurden, hing deren Überleben von Almosen der Nachbarvölker ab. Sie wurden darauf von jenen als Bettler bezeichnet. “Himba” ist das entsprechende Bantu-Wort und so werden die Hinzugehörigen dieses Volkes auch heute noch bezeichnet. Das Volk der Himba hat für die Farbe “blau” kein Wort. Sie können “blau” auch fast gar nicht von “grün” unterscheiden.

Warum ist der Himmel blau? Warum das Meer? Wobei wir da schon manchmal richtig differenzieren. Mag das Meer tiefblau sein, wie es uns erscheint, ein türkisfarbenes Meer jedoch gilt als die Krönung des Urlaubs. Blaues Meer, weißer Stand, sonnengebräunte Körper, leuchtend gelbe Bikinis, rote Sonnenbrände.

Warum ist der Himmel blau? fragen gerne Kinder. Vom Mars aus ist die Erde vielleicht als bläulich schimmernder Punkt zu erkennen. Die Erde. Dahin, wo doch die eigentliche Mission hätte hingehen sollen. Mit viel Technik und ganz vielen Robotern, die unermüdlich Proben von dem Planeten “Erde” nehmen und diese in deren Minilaboren durchanalysieren. EKG positiv? Ist sie noch zu retten? Sind wir noch zu retten?

“Seid Ihr noch zu retten?”, hatten uns die Eltern als Kinder immer wieder mal fassungslos an den Kopf geworfen, hatten wir etwas ausgefressen, was niemand erwartet hätte, dass es jemals aufgetischt worden war.

Sind wir noch zu retten? Sollten wir die Beantwortung dieser Frage nicht lieber den Experten überlassen? Oder doch lieber “Friday for Future”? Oder gar den anderen? Oder uns?

“Zerstörung”. Es wird von Zerstörung geredet und wir Älteren verstehen darunter nur destruktives. Nur, die erheblich Jüngeren verwenden dieses Wort im urbanen Sinne von etwas in Fraktale zu zerlegen und erneut zusammenzusetzen. “Die Zerstörung der CDU” als Titel eines Videos von Rezo wurde bereits von den Hinzugehörigen jener Partei nicht verstanden. Der Titel von den meisten eh nicht. Somit zeigt es sehr gut, wie groß die sprachliche Kluft einer jüngeren Kultur und der meiner Generation der U50er geworden ist. Da reicht es kaum, Kinder zu haben, wenn diese ihren Slang nur unter sich pflegen, wir jedoch dauernd verlangen “Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing”.

Warum konnten die Menschen des Altertums die Farbe “blau” nicht direkt beschreiben? Warum konnten es aber die alten Ägypter, die auch explizit ihre Kleidung mit blauer Farbe versahen? Die alten Ägypter waren auch eines der wenigen Volker dieser Welt, welche die großartigen Errungenschaft der eigenen Schrift für sich erarbeitet hatten. Und vergaßen. Würden die alten Ägypter zum Mars fliegen? Hätten sie es getan, hätten sie die Dampfmaschine und den Explosionsmotor für sich zuvor erfunden? Oder wären sie dann auch lieber mit ihren SUVs über eben ausgebaute Wege geflitzt?

Ach, ich verdrängte, die neuen alten Ägypter tun das doch bereits. Alles eine Frage des Auskommen mit dem eigenen heutigen Einkommen. Und auch sie würden heute gerne die Gelegenheit ergreifen, auf den Mars zu fliegen, wenn sie könnten, falls sie dürften. Ihre eigenen Fußstapfen dort hinterlassen. Oder zumindest ihren eigenen Namen.

Aber das letztere ist ja heuer nicht mehr das Problem. Es gibt ja das Internet. Und es ist kein Thema den Boarding Pass für das “Ticket to the Mars” von der NASA zu erhalten. Im Juli 2020 geht es los. Weltraumbahnhof Cape Canaveral im sonnigen Florida. Pünktlich dran zu denken. Jeder kann in seiner Phantasie mit dem Boarding Pass zusteigen und selber zu einem Mark Watney werden, um sehnsüchtig auf den bläulich schimmernden Punkt am schwarzen Himmel zu blicken. Tut es. Es kann nie schaden …

BoardingPass_MyNameOnMars2020 (careca)