Das Corona-Tagebuch: Provinznotizen aus Deutschland Süd bei Südost (23): Triftige Gründe

Mit “triftigen” Grund war ich heute in der Innenstadt. Ich wollte mir bei Banken (die im Internet als “geöffnet” markiert waren) 50-Cent-Rollen einkaufen. Damit ich die Waschmaschine und den Trockner im Keller nutzen kann. Aber ich war zu gutgläubig. Banken hatten alle zu.

Mit dem Bus fuhr ich in die Stadt. Er kam an einer sehr langen Menschenschlange (geschätzt 100 Meter) mit “Hackenporschen” (Einkaufskörbe auf Räder) vorbei. Jeder der in der Schlange stand, hielt den Eins-Fünfzig-Abstand. Und am Kopf der Schlange standen zwei Männer mit Mundschutz und Schürze, welche die Schlange am Kopf instruierten. Auf deren Schürze las ich “Münchner Tafel e.V.”. Mir wurde klar, dass dort nicht die Toilettenpapier-Suchenden sich befanden. Sondern wahrscheinlich vielmehr die, welche jetzt plötzlich noch weniger zu beißen haben. Eigentlich habe ich es doch noch ganz gut erwischt, ging mir als Gedanke durch den Kopf.

Die Fußgängerzone in der Innenstadt erinnerte mich eher an “Sonntagmorgen” als an “Dienstag Nachmittag”. Ich war dort schon mal paar mal an Sonntagmorgen, nachdem ich aus Clubs kam. Im Vergleich zu heute stand damals aber die Sonne noch immer recht tief (oder es war noch dunkel) und nüchtern war ich dabei dann auch kaum. Aber jetzt strahlte die Sonne vom blauen Nachmittagshimmel. Jeder Mensch und jedes Paar in der Fußgängerzone war auf Sicherheitsabstand. Selbst entgegenkommende Polizisten waren näher an sich dran, als manch andere Passanten. Der Stacchus, der sonst vor Personen nur so wimmelt, war spärlich bevölkert von Leuten, die einfach nur die Sonne genössen. Die Imbiss-Geschäfte hatten auf, aber Stress sieht bei dem Personal immer anders aus. Sie verkauften wohl wenig bis nichts. Es stand kein einziger Kunde wartend vor denen. Langeweile beim Verkaufspersonal. Mir fiel die Menschenschlange an der Tafel von vorher wieder ein. Ein Kontrastgedanke.

Mundschutze werden immer häufiger sichtbar. Es gibt die einfachen, die hochwertigen, die Selbstgenähten und dann die stylischen. Und immer mehr erinnern mich solche an einen Maulkorb, so wie die getragen werden. Der Mundschutz als Unterstützung zur Ruhe, der ersten Bürgerpflicht. Es lässt das Seufzen undeutlich werden. Am seltsamsten wirkten Mundschutze jedoch bei diejenigen Menschen, die den Mundschutz runter gezogen haben, um zu rauchen. In deren Sinne gefährden sich jene Raucher doppelt und dreifach: weil sie den Schutz entfernen, weil sie rauchen und weil sie somit zur Risikogruppe zählen. Nur wirklich wichtig ist das nicht. Sonst wäre Rauchen ja auch schon völlig verboten.

Ich habe das Gefühl, es fahren wieder mehr Autos. An meiner Fußgängerampel unweit meiner Wohnung hatte ich diesmal auf mein “Grün” gewartet, welches den Verkehrsfluss der Autos zum Stocken brachte. Vor einer Woche konnte ich locker über die Straße gehen, da benötigte ich die Ampel nicht. In Autos fühlen sich die Menschen wohl sicherer als an der offenen Luft.

Der Tag kam, der Tag ging. Der Blick auf Zahlen ist mittlerweile Routine. Ebenso ihre weitere Entwicklung nach oben. Ansonsten?

Im Südosten nichts Neues.