Immer wieder Donnerstags das jährliche Gemeinschaftsevent

„Guten Tag, der Herr. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“

„Ich hätte gerne einen Tisch.“

„Einen Tisch. Davon haben wir viele. Haben Sie irgendwelche besonderen Vorstellungen?“

„Ja. Dreizehn Personen müssen dran Platz haben.“

„Dreizehn? Na, wenn das nicht mal Unglück bringt. Da hätten wir dort drüben unser Modell ‚Großfamilie‘ aus importiertem Eichenholz und spezial behandelter Oberfläche …“

„Nein, nein, der ist zu klein. Es müssen dreizehn Leute auf einer Seite passen.“

„Auf einer Seite? Lassen Sie mich mal überlegen.“

„Das war der Wunsch der Gruppe. Alle auf einer Seite und der, der in der Mitte sitzt, so, dass er im Lichte der Abendsonne beleuchtet sitzen kann. Soll übrigens ein Mann vom Fach sein. Der kennt sich angeblich aus. Sein Vater war auch Tischler. Also mir heute keinen Schrott andrehen, okay.“

„Was ist denn das für eine Gruppe, wenn ich mal fragen dürfte?“

„Keine Ahnung. Sie bringen noch vier Hobby-Autoren und einen Auftragsmaler mit.“

„Künstler?“

„Vielleicht.“

„Hoffentlich nichts, was nachher meinen Ruf als Tischler schädigt. Ich liefere nichts für Terroristen, Sex-Orgien oder Verschwörungstheoretiker. Ich muss auch an meinen Ruf denken.“

„Keine Sorge. Es ist sogar angeblich ein Banker dabei. Die Autoren sollen alles aufschreiben und der Maler bringt seine Staffelei mit, um die Szene auf Leinwand festzuhalten. Also wird es schon nichts weltbewegendes werden.“

„Banker? Sind das nicht Geldwäscher? Hm. Also, wir hätten dann noch das Modell ‚Abendmahl‘. Der letzte Tisch, den ich davon noch hier habe, handgetischlert aus Zedernholz. 1a Qualität. Edel und dem Zwecke angemessen. Ein sehr lang gestreckter Tisch, dafür aber schmal. Ich hoffe, es wird in der Gruppe nicht üppig geschlemmt? Ansonsten ist die Breite kritisch.“

„Nein, nein, die wollen angeblich nur Wasser und Brot haben. Der Maler an der Staffelei beherrscht die bildliche Darstellung komplexer Gerichte noch nicht so, soll aber unheimlich gut Portraits malen können. Einer aus Rom. Nennt sich Leonardo. Malt am liebsten lächelnde Menschen.“

„Nur Wasser wollen die? Ich hätte da noch paar guten Wein aus der Gegend nördlich von Rom im Lager. Ich könnte ….“

„Nein, nein. Nur Wasser und Brot war deren ausdrücklicher Wunsch. Haben Sie übrigens Wasser aus den Bergen vorrätig? Die Leute wollen das normale Wasser nicht. Die meinen, das wäre verschmutzt durch die vielen Abwässer und bestanden aus Bergwasser. Biologisch und vegan muss es sein.“

„Habe ich, habe ich. Erst gestern ist eine neue Ladung reingekommen. Geht immer weg wie warmes Fladenbrot.“

„Nun gut, dann nehme ich diesen Tisch hier, Ihren letzten ‚Abendmahl‘-Tisch, dazu achtzehn einfach Schemel und einen Behälter Bergwasser.“

„Gerne. Bis wann soll ich liefern?“

„Bis heute Abend um fünf vor Sonnenuntergang. Die wollen sich um sechse treffen und danach noch ein wenig in den Garten hier um der Ecke.“

„Bereiten die sich etwa auch auf das morgen stattfindende alljährlich Freitag-Nachmittag Casting auf dem Marktplatz vor? Es wird wieder spannend, welcher der Kandidaten ausscheidet und nach Hause gehen muss. Wenn der Pontius Pilatus dann wieder sein berühmte Verzögerungstaktik anwendet, dieses ‚und du mein lieber Gefangener, du bist es … du bist es …. heute leider nicht, du darfst in die letzte Runde zur Kreuzigung‚. Das ist jedes Jahr immer die gleiche Show. Barnabas ist wieder dieses Jahr dabei. Vielleicht schafft er es diesmal endlich mal in die letzte Runde. Verdient hätte er es.“

„Ich interessiere mich nicht für dieses ‚Jerusalem sucht den Superstar‚. Langweilt mich. Immer diese Theatralik. Ist doch alles gescriptet. Alles nur Show. Also, dann ist es abgemacht? Ich krieg den Tisch bis spätestens heute um fünfe, damit die Gruppe dort ihre Abendessen durchführen kann?“

„Geht in Ordnung.“

„Okay, dann bis später.“

„Bis später.“

4 Gedanken zu „Immer wieder Donnerstags das jährliche Gemeinschaftsevent

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