Kneipengespräch: Zahlemann und Söhne

Tresen 0

„Also, das waren jetzt drei Kinder-Kölsch. Macht sechs sechzig.“

Der Gast beugte sich lässig vor und, abgestützt durch seinen Ellenbogen auf dem Tresen, ließ mit lockerer Nonchalance zwischen Zeige- und Mittelfinger eingeklemmt eine Kreditkarte vorschnellen: „Mach sieben Euro. Der Rest ist Trinkgeld.“

„Hm. Kreditkarte nehmen wir aber nur erst nach zehn Kölsch und fünf Schabaus.“

„Was? Zehn Kölsch und fünf Schnäpse? Dann bin ich ja blau und kriege die Unterschrift nicht mehr hin.“

„Das geht schon. Geht mit Chip-Zahlung und 10 Euro Kreditkartenzahlungsgebühr. Schabau määt schlau! Weeßte“, lächelte ihn der Wirt verschwörerisch an.

„Glaub ich nicht. Okay. Gut. Dann zahl ich mit EC-Karte“, sagte der Gast, holte seine Geldbörse hervor, schob die eine Karte rein und holte die andere raus.

„EC-Kartenzahlung erst ab fünf Kölsch und einen Schabau. Plus zwei Euro fuffzich EC-Kartenzahlungsgebühr.“

„Sach ma, von den Toten könnt ihr nichts nehmen, aber von den Lebenden dann doppelt, oder was?“

„Ich kann auch nichts dafür. Die Banken wollen das so.“

„Hallo? Wenn ich mit der Kreditkarte zahle, gebe ich der Bank drei Kölsch und nen Schnaps aus? Und bei EC-Zahlung ein Kölsch für die Bank extra? Hamma jetzt Alkoholiker in der Wirtschaft, oder was?“

„Naja, Sie können ja auch bar zahlen.“

„Bargeld? Hab ich nicht. Das Geldscheinzeugs gehört abgeschafft. Ist ja gesundheitsgefährdend. Neun von zehn Scheine sind bekanntlich mit Kokain kontaminiert.“

„Das weiß ich. Deshalb habe ich auch ein Sonderangebot: Zahl mit neun Fünf-Euro-Scheinen, deinen Zehnten nehme ich gratis.“

„Halsabschneider!“

„Okay, für dich mach ich nen Sonderpreis: Zahl fünfzehn Euro und wir beide trinken gemeinsam noch ein Kölsch und nen Schabau. Das macht für dich eine Preisersparnis von einem Euro zum normalen Preis und du kannst mit Kreditkarte kostenlos zahlen.“

„Mit Trinkgeld?“

„Das gib mir bitte extra. Ein Fünfer passt. Ich gebe dir dann vier Euro zurück, also vierzich Cent mehr als das, was du gerade als Trinkgeld angeboten hast, aber weniger als das übliche 10%ige Trinkgeld, da ich den Fünfer an nen Dealer weiterverkaufen werde. Der macht dann für euch Kreditkarten-Gesellen die Linien, die ihr ihm in der Disko dann mit Rabatt abkauft und euch auf der Toilette zieht.“

Der Gast wog nachdenklich seinen Kopf. Auf seiner Stirn waren die Zahlen und Berechnungen dieses Handelvorschlags eindeutig an der Anzahl der Furchen abzulesen.

„Hört sich gut an. Okay. Deal, machen wir so. Hauptsache, ich muss nicht alles mit Bargeld zahlen.“ Aus seiner Jackentasche holte er ein Röhrchen, wickelte es ab und strich den Fünfer auf der Theke glatt.

„Bargeld gehört eh abgeschafft“, meinte der Gast noch, reichte den Fünfer dem Wirt und nahm ein Kölsch in Empfang.

 

3 Gedanken zu „Kneipengespräch: Zahlemann und Söhne

  1. Das es einen engen Zusammenhang von Kohle und Koks gibt, weiß jeder, der in einer Bergbauregion aufgewachsen ist, dass dieser Zusammenhang aber auch nach dem Ende des Bergbaus – aber immer noch in Verbindung mit einer Zeche – eine Rolle spielt, ist schon eine seltsame Schleife in unserer Sprachentwicklung. Schöne Geschichte, die allerdings etwas ernüchternd wirkt.

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