Über Strohwische und Schäfer

Ein Eintrag über ein schriftloses Territorialzeichen, der Strohwisch am Weidenpfahl bei Trithemius lies alte Erinnerungen an vergangene Zeiten aufsteigen.
Hier geht es zum originalen Post von Trithemius.

Eine Passage des Posts brachte mich dabei zum Nachdenken.

Hier mal zitiert:

„Früher gab’s kaum Strohwische auf meinem Weg. Die alten Bauern hatten alle Verständnis für unsereins“, klagt ein Schäfermeister in einer Reportage der Aachener Nachrichten vom 15.3.1995. Die jungen Landwirte würden den Schafen nicht einmal mehr das bisschen Gras gönnen, das sie während ihres Zugs fressen. „Leider nimmt diese Form des Futterneids immer mehr zu.“

Selbst vor 30 Jahren waren Schäfer bei uns nicht gern gelitten. Immer wenn ein Schäfer in der Umgebung war, lief dies wie ein Strohfeuer umher.

Meine Eltern möchten diese nicht. Denn wenn die Schäfer mit ihren Schafen Schäden anrichteten, dann waren sie über Nacht weg und nicht mehr greifbar. Das Verladen und Verschicken einer Schafherde ging auch damals recht schnell. Die Romantik des umherziehenden Schäfers entsprach auch damals nur dem von Geschichtenbüchern.

Die Realität sah da anders, unromatisch aus:

Schäfer auf Weiden zu lassen oder nicht, das hatte damals überhaupt nichts mit Futterneid zu tun. Sondern es war reines wirtschaftliches Kalkül der Bauern. Weiden dienten als Futter des eigenen Viehs oder zur Heuernte.

Eine Schafherde funktioniert da wie ein überdimensionaler Rasenmäher. Nur dass bei einem Rasenmäher etwas zur Heugewinnung übrig bleibt. Bei einer Schafherde bleibt zu guter letzt nichts verwertbares übrig. Entweder wurde es bis zu den Wurzeln runtergegrast oder schlichtweg platt getrampelt.

Wenn der Winter hart wurde, war der Bauer immer froh Heu als Ersatz- und Zusatzfutter zu haben. Wurde der Winter aber zu hart, dann musste teures Ersatzfutter bei den Genossenschaften nachgekauft werden. Und das ging immer in das Privatvermögen, welches im nächsten Frühjahr zur Ernteplanung des nächsten Herbstes eingesetzt werden musste.

So eine Schafherde im Sommer oder Spätsommer konnte den betroffenen Bauern schon mal die Winterplanungen durcheinander bringen. Mit Futterneid hatte das nun wirklich nichts zu tun. Anfangs hatten meine Eltern Schäfern den Durchzug gewährt. Aber dann war es ihnen zuviel, jedesmal die Schäden an den Zaunanlagen und anderen Installationen zu reparieren, welche die Schäfer einfach zurück ließen, ohne sich drum zu kümmern. Zum Teil wurden auch Installationen einfach mitgenommen (sprich: gestohlen).

Letztendlich war dann die Nächstenliebe meiner Eltern von den Schäfern abgeliebt worden. Und dass schon in den 70ern. Die Schäfer waren bei uns in der Gegend aufgrund ihrer Rücksichtslosigkeit verhasst.

Wurden bei bestimmten nomadisierenden ethnischen Volksgruppen alle Tore und Türe bei meinen Eltern und auch in der Nachbarschaft doppelt abgesichert (schlechte Erfahrungen mit jenen), so wurde bei Schäfern drauf gedrungen, dass jene sofort abzogen und Schäden vor Ort mit Bargeld beglichen. Die meisten zogen trotzdem ohne Schadenswiedergutmachung ab. Die ehrlichen beglichen ihre angerichteten Schäden. Aber das war eher selten.

Ja.
Schäferleben hört sich romantisch an. Ein bisschen wie bei Paulo Coelhos „Der Alchemist“ auf der Suche nach dem großen Schatz.

Aber die Wahrheit bei den Anwohnern war immer eine andere …

Der Strohwisch, er hat seine vollste Berechtigung als Warnzeichen an bestimmte Artgenossen.

Ein Gedanke zu „Über Strohwische und Schäfer

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