Über Kölsch, Alt-Bier, Konvertiten und Gefährder

– Was ist denn das?

Die Stimme kam mir bekannt vor.

– Kein Kölsch? Ist das ein Alt-Bier?

Ich schaute mich um. Er war wieder da.

– Herr Oberspielleiter, dunn mir ne Kölsch! Das ist ein Alt-Bier, nicht wahr? Du bist umgeschwenkt?

– Das ist kein Alt-Bier, das ist Alt mit einem Schuß Malzbier.

– Aber Alt-Bier! Du bist doch nicht krank? Oder machste jetzt auch auf Konvertit?

– Auf was?

– Auf einer von den Konvertiten.

Was sollte das jetzt sein? Mühsam hatte ich mir beigebracht, was Stalagmiten sind. Dass diese das Gegenteil von Stalagtiten sind widerum aber kein Stalagtitten, auch wenn beides hängt.
Und jetzt er mit einem super neuen Fremdwort daher …
Angeber, elender.
Ich nahm ein Schluck des süßen Alt-Bieres und schaute ihn fragend an.
Der Wirt schob ihm ein Kölsch herüber und er nahm schnell einen Schluck.

– Die drei Terrositen neulich, die die Polizei hopps genommen hatte. Die beiden Deutschen der drei hatten die Glaubensseiten gewechselt. Einfach zu dem Islam kontertiert. Daher nennt man solche auch Konvertiten.

– Also sowas wie der Moslem Muhammad Ali, der vorher der Christ Cassius Clay war?

– Genau. Wie Malik Abdul Aziz oder Franck Bilal.

– Wer sollen diese sein?

– Der eine nannte sich zuvor Mike Thyson. Der andere begeistert als Franck Ribéry in der laufenden Fußballsaison Fussballfans. Wussten Sie übrigens, dass selbst in der Familie der Bushs Konvertiten gibt? Den Georg W. und seinen Bruder Jeb.

– Sind die jetzt auch Moslems?

– Nein, der eine Konvertit ist jetzt Methodist und der andere Katholik.

– Ich dachte der erstere wäre Präsident. Egal. Wenn ich also meine Glaubensansichten ändere, bin ich also Konvertit?

– Richtig.

– Und wen interessiert es? Glaubenswechsler gibt es viele und es hat niemand großartig interessiert. Der ehemalige Innenminister Otto Schilly war erst Rechtsanwalt der RAF, dann wurde er Grüner. Dann wechselte er zu SPD und wurde dann Innenminister unter Schröder. Jeder soll halt nach seiner eigenen Fasson glücklich werden.

– Der bayrische Innenminister Beckstein hat jetzt dem Handelblatt gesagt, dass Konvertiten eindeutig dazu neigen, sich durch besonderen Fanatismus der neuen Glaubensrichtung als würdig erweisen zu wollen und somit zu 150%igen werden.

– Wie Otto Schilly oder Georg W..

– Nicht ganz. Beckstein dachte dabei mehr an den Paragraphen §129, der sich mit kriminellen Vereinigungen befaßt.

– Stimmt. Eine kriminelle Vereinigung ist ja nur als solche anzusehen, wenn es keine Partei ist, hatten Sie mir mal erklärt.

– Aber klar. Beckstein redete eher über Fritz und Daniel, unsere beiden Wasserstoffperoxid-Experten.

Ruhe.
Mir kam der Gedanke, dass die Deutschen im Ausland immer gerne „Fritz“ gerufen werden. Und „Fritz“ ist auch immer gerne blond. Und jetzt hat Fritz auch noch Wasserstoffperoxid gehortet. Wenn jetzt in solchen BILDartigen Zeitungen wie SUN etc. stehen sollte, „Fritz plante Attentat mit Wasserstoffperoxid in Deutschland“, dann bleibt zu hoffen, der Leser versteht es trotzdem.
Nun ja, Terroristen sind im Grunde ihres Herzens und Gemüts ja immer recht blond. Da bräuchte es normalerweise kein Wasserstoffperoxid. Daher hatte es die Polizei ja auch schnell ausgetauscht.
„Wasser, Stoff und per Oxid sind für kleine Fritzchen nix.“
So oder so ähnlich wird wahrscheinlich bei der Polizei gekalauert.
Ich schätze, Fritzchen-Witze sind seit den beiden Fritz und Daniel ganz groß im Kommen …

Während ich mir langsam einen Schluck vom Alt-Bier gönnte, setzte er neben mir schon die zweite Kölsch-Stange an.

Hätte ich ihm jetzt sagen sollen, dass ich Otto Schilly und Georg W. aufgrund deren 150%igen Politik nicht wirklich mag? Der eine hatte hier entschieden den Orwellschen Staat vorangetrieben. Die Art von Staat, die er als Grüner zuvor politisch bekämpft hatte. Und der andere redet dauernd von Frieden und Freiheit. Seine Taten heißen aber Guantanamo, Afganistan und Irak. Rechtsfreies Gefängnis und menschenmordender Krieg.

Ein weiterer sehr bekannter Konvertit war Saulus. Er hatte vorher als Römer fleissig gegen Juden und deren Sektierer gehetzt und gemeuchelt, wo er sie nur traf. Da wurde er ganz schnell durch einen Blitz erleuchtet, es haute ihn aus seinem 1-PS-Sitz, in Folge nannte er sich Paulus und hetzte dann ungerührt gegen die Juden weiter.

Von ehemaligen Rauchern sagt man auch, dass es 150%ige seien. Das seien die militanten Nichtraucher, die bisweilen recht rabiat gegen Raucher hetzen. Und das obwohl diese brav ihre Tabaksteuer zahlen und die Abstinenz der Ex-Raucher zum Wohl der nie-rauchenden Steuerzahler auf deren eigenen Schultern umverteilen. Denn wer raucht, hilft nicht nur das finanzielle Staatssäckel zu füllen. Nein, seit November 2001 unterstützt der Raucher mit jeder Zigarette aktiv den Kampf gegen den Terrorismus durch eine erlassene Tabakzusatzsteuer. Rauchen im Kampf gegen solche wie Daniel und Fritz.
Ob diese beiden gefährlichen Möchtegern-Terroristen Raucher sind? Sie hätten somit den Kampf gegen sich selber finanziell unterstützt. Aber da dürfen die beiden 150%ig sicher sein, dass dieses vor Gericht dann nicht strafmildernd gewertet wird.

Während ich meiner Gedankenonanie noch ein wenig nachhing, schob er mir ein Kölsch vor die Nase und nahm mir das Alt weg.

– Komm trink mal wieder was vernünftiges. Das schönste am Konvertitentum ist ja, wenn man danach wieder heim kommt, gelle? Man konvertiert ja nur, um dann wieder zu Muttern zurück zu kehren. Stößcken!

Er stieß mit seiner Stange – inzwischen der dritten – an mein Kölsch und nickte mir aufmunternd zu. Ich hätte zwar gern mein Alt noch ausgetrunken, aber es gibt Dinge, die müssen getan werden. Oder wie hieß es noch in dem Adolf Winkelmann’schen Film „Jede Menge Kohle“ (der erste in Dolby-Stereo aufgenommene Film weltweit):
„Es kommt der Tag, da muss die Kettensäge sägen.“

Ich ergriff meine Kölschstange, prostete zurück und nahm ein Schluck.
Naja. Ne Cola wäre mir da jetzt lieber gewesen. Egal.
Er stubste mich freundschaftlich an die Schulter.

– Wissen Sie, was ich in diesem ganzen Terroristenkuddelmuddel erstaunlich fand? Gestern jenes Video mit dem Osama bin Laden.

– Ich hab es mir nicht angeschaut. Es war nicht nur nicht mit Unterttitel sondern auch nicht synchronisiert. Sowas schaue ich mir dann nicht an.

– Ist Ihnen der Bart von diesem Osama aufgefallen? Der war schwarz!

– Schwarz?

– Der hatte sonst doch immer so einen straßenkötergrauen Bart.

– Hm, sollte Osama auf sein Alter eitel werden und ihn sich schwarz gefärbt haben?

– Oder er hatte sich damals seine Barthaare schon immer grau gebleicht.

– Ja, das könnte passen. Früher hatte er noch selber seine Bomben mit Wasserstoffperoxid gebastelt. Heute lässt er die Fritz und Daniels dieser Welt basteln. Das entfärbt seinen Bart nicht mehr so. Er wird wieder schön schwarz. Nebenbei, man könnte Osama nach diesem Video auch in die Reihe der Glaubenswechsler und Konvertiten stellen. Er hat in dem Video kaum mehr von seinem alten Glauben, dem Islam, gesprochen. Er sprach jetzt von seinem neuen Glauben, der politischen Überzeugung. Osama als Terrorist war ja schon immer mies. Aber als Politiker-Konvertit? Dann wird er garantiert 150% mieser …

– Und vom Beckstein beobachtet. Jetzt wird mir einiges klarer, warum manche eher als Gefährder eingestuft werden als andere.

Er nahm einen Schluck und schaute mich fragend an.

– Warum?

– Wer eine bestimmte Einstellung schon seit langem hat und dort wohnt, wo sie beheimatet ist, der brauch‘ nicht beobachtet werden.

– Von welchen Gegenden reden Sie?

Er schaute mich verständnislos verstört an.

– Ich rede von Gebieten in Ost- und West-Deutschland, wo es keinerlei Konvertiten gibt. Die Neonazis in den No-Go-Gebieten. Da, wo man noch ungestraft Ausländer jagen darf, und von der Politik noch Rückenwind bekommt.

Er schaute mich befremdet an, nahm einen letzten Schluck und warf einen Zehner in Richtung des Wirtes. Er hob zum Einwand seine Hand hoch. Aber jetzt wollte ich meinen Gedanken noch zuende bringen.

– Wenn der Politiker Gauweiler beispielsweise, die Grundeinstellung des politisch korrekten Großlagers in Deutschland gegen rechts in Frage stellt und diesen wenig Nachdenken, viel Hysterie und noch mehr Selbstgerechtigkeit beim Kampf gegen Rechtsradikale vorwirft, dann wird klar, dass der Staat gegen Rechtsradikale erst was unternimmt, wenn diese zu Linksradikale konvertieren, oder? Weil dann sind es die 150%igen und nicht nur ein Mob, der eine Pizzeria mit Indern belagert.

Er ließ die Hand sinken, schaute mich finster an und das letzte, was ich von ihm hörte, bevor er die Kneipe verließ, war ein verärgertes:

– So ein Quatsch!

Der Wirt kam zu mir herüber und schaute mich fragend an:

– Na? Vertreibste mir wieder meine Gäste?

– Nein, ich versuche mir nur schwierige Fragen einfach zu stellen.

– Welche?

– Bin ich Konvertit? Oder was trinke ich als nächstes?

– Und? Was kann ich dir bringen?

– Keine Ahnung. Bring mir mal ein Kölsch im Altbierbecher …

5 Gedanken zu „Über Kölsch, Alt-Bier, Konvertiten und Gefährder

  1. Aufgrund der eigenen Biographie betrachte ich die Katholen als größte Verbrecherorgansation des Jahrtausends. Deshalb bin ich in dieser Frage betriebsblind, denn Du hast vollkommen Recht: es hätte »christliche Kirchen« heißen müssen!

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  2. Religions- und Gedankenfreiheit sind eigentlich ja nur Reklamationsrichtlinien. Denn sie werden eingefordert. Aber stattgegeben werden sie von sich aus nicht wirklich.

    Hättest du geschrieben „christliche Kirche“ hätte ich dir Recht gegeben. Denn die katholische Glaubensrichtung ist nicht so staatskompatibel wie die protestantische. Und gerade die Protestanten sind jene die solche Grabenkämpfe betont säkular führen. Preußens Gloria und auch das unseelige 3. Reich beruhen auf diese Art der Säkularisierung der Protestanten. Katholiken sind da erheblich schwieriger von Staatsseite zu händeln. Und die „Passt verstärkt auf die Moslems auf“-Rufe kommen nicht nur von katholischer Seite sondern insbesondere von staatlicher Seite. Die katholische Seite will ich damit nicht unschuldig reden. Die hat freilich auch ihr Interesse ihre alte Wasser- und Blutmissionarstätigkeit (erst taufen, dann enthaupten) verwirklicht zu sehen. Der Ratzinger-Papst hat sich in der Richtung „Islam“ ja schon mal „verplaudert“ gehabt.

    Wir leben momentan in einem Zeitalter der Religionskriege: Christentum gegen Islam gegen Judentum. Und mittenmang dabei mischen diejenigen, die alle drei in der Bedeutungslosigkeit verschwinden sehen wollen.
    Alle vier Parteien interessiert es herzlich wenig, wer die Opfer dieses Religionskrieges sind. Hauptsache ihr Ziel wird erreicht. Hauptsache es wird alles mit Blut abgezeichnet. :(

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  3. Religions- und Gedankenfreiheit sind nur noch hohle Phrasen.

    Mich entsetzt an der Debatte die Stoßrichtung: es geht nur gegen die Anhänger des Korans. Ich glaube, hier hat die katholische Kirche ihre schmutzigen Finger im Salat und versucht, uralte Grabenkämpfe wieder aufleben zu lassen.

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  4. Da stimme ich dir zu. Das ganze ist eine reine opportunistische Gunstdebatte ohne Sinn und Verstand. Leider. Man sucht Opfer, die man sich vorher schafft.

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  5. Diese neue Debatte, jeden Konvertiten als verdächtig anzusehen, ist pures Mittelalter! Interessant ist, das natürlich nur die Hauptgegner Roms als gefährlich angesehen werden. Die Hirnwäscher von Scientology und anderen Supersekten bleiben unbescholten und durchdringen das öffentliche Denken. So kommt es wahrscheinlich bald dazu, dass Moscheen zu No-Go-Areas werden, vor denen Glatzen lauern, die mit Sheriffstern am Braunhemd die Besucher »kontrollieren«.

    Prost!

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