Sohn des Helios

So ist denn wieder ein bekanntes Gesicht Opfer der Mobilität geworden.
Mit 141 km/h in den Tod, dort wo nur 70 km/h erlaubt sind und wo kurz danach nur noch 50 km/h gefahren werden darf.

Die ersten Vermutungen waren ja, das österreichische Unfallopfer hätte Mercedes gefahren. Aber für das perfekte Understatement wäre ein Mercedes der S-Klasse nicht tauglich gewesen. Der Jörg Haider fuhr einen VW Phaeton.

Phaeton ist der Sohn des griechischen Sonnengottes „Helios“, einem der aus dem Göttergeschlecht der Titanen stammte.

Das Fahrzeug „Phaeton“ der Volkswagen-Schmiede war das Prestige-Projekt des VW-Titanen Ferdinand Piëch, ebenfalls ein Österreicher wie der Haider.
Für Piëch war der „Phaeton“ der Versuch, sich von dem Image des nur-Volks-Auto-bauenden Konzerns zu emanzipieren.

Als 1998 Ferdinand Piëch beim Bieten um „Rolls-Royce Motor Cars“ gegenüber BMW gewann, musste er feststellen, dass ihm zwar Bentley und Rolls-Royce gehörten, aber nicht die Rechte am Namen „Rolls-Royce“. Die gehörten und gehören BMW, welches eh schon immer die Motoren für die Rolls geliefert hatte. So fuhren eine Zeit lang Volkswagen Bentleys mit den Triebwerken von BMW durch die Gegend. Jetzt sind Bentleys Volkswagenfahrzeuge ohne VW-Label.

Ferdinand Piëch persönlich forcierte die Entwicklung des Sohnes der Sonne. Als Projekt „D1“ wurde es voran getrieben. Aber bis zum Verkaufsstart des Fahrzeugs sollte es noch bis zum Mai 2002 dauern.

Viele Sachen verzögerten die Marktreife des Fahrzeugs. Es waren vor allem Unfälle. Nach dem die ersten Prototypen gebaut waren, verunglückten zwei Entwicklungsingenieure mit dem Fahrzeug tödlich. Das Projekt „D1“ schien zum traurigen Rohrkrepierer des VW-Konzerns zu werden.

Aber Piëch trieb es trotz allem weiter. Eine weitere Geschichte besagt, dass Piëch selber mit dem „D1“ einen Unfall hatte, der aber glimpflich ausging. Er kam mit einem verbessertem Prototypen von der Straße ab und flog in einen der niedersächsischen Äcker. Statt jedoch die Polizei zu verständigen, rief er beim Wolfsburger Werksschutz an und ließ von diesen die Unfallstelle sichern.

Der Unfall war von vorbeifahrenden Verkehrsteilnehmern nicht unbemerkt geblieben. Diese verständigten die Polizei. Die eintreffende Polizei fand Sicherheitspersonal vor, welches den Unfallwagen mit Planen abgedeckt hatte und welches sich einer Unfallaufnahme durch die Polizei widersetzte.

Als der erste „D1“ schließlich die gläserne Manufaktur Dresdens Richtung Markt verließ, wurde ernüchtert festgestellt, der Phaeton sähe wie ein luxuriöser Passat aus. Und so muss man schon genauer hinschauen, will man den „Phaeton“ erkennen. Er wurde inzwischen zum beliebten Understatement von Leuten, denen ein Audi A8, ein 7er BMW oder gar ein S-Klasse-Benz zu prahlend erscheint.

Im November 2003 präsentierte VW in einer Kampagne in den USA eine auf dem Dach liegenden Phaeton. Das Motto dazu hieß „How to look at a luxury car“.

Phaeton

Phaeton war in der griechischen Mythologie das, was man heute langläufig als „Chaot“ bezeichnet. Er bedrängte seinen Vater Helios „nur einmal, bitte“ dessen Sonnenwagen lenken zu dürfen. Der Vater sagt zwar „Nein“, aber dem Sohnemann ist es egal und prescht mit dem Sonnenwagen übers Himmelszelt. Er schafft es aber nicht die feurigen Pferdestärken des Sonnenwagens unter Kontrolle zu halten und es kommt zur grandiosen Katastrophe, als er vom Himmel auf die Erde Äthiopiens donnert. Der antike Dichter Ovid beschreibt diesen Verkehrsunfall, was wir aus Schilderungen über die ersten Minuten nach den Bombenexplosionen von Nagasaki und Hiroshima wissen. Zeus hatte das ganze jedenfalls ganz und gar nicht gefallen und schleuderte einen seiner Blitze gegen Phaeton und …

… Phaeton stirbt bei diesem Unfall mit dem Sonnenwagen.
So wie die beiden VW Ingenieure.
So wie Jörg Haider.
So wie viele Menschen auch.

Der Dichter Ovid beendete seine Chronisten-Pflicht über die Geschichte von dem Titanengottsohn Phaeton mit der Inschrift auf dessen Grabstein:

„Hier ruht Phaeton, der Lenker des väterlichen Wagens. Er konnte ihn zwar nicht halten, aber er starb als einer, der Großes gewagt hat.“

Über Haider sagen viele inzwischen auch nichts anderes …

Ein Gedanke zu „Sohn des Helios

  1. 2 machtbesessene Österreicher.
    Der eine baut ‚Volkswagen‘ für die Oberschicht, der andere stirbt darin…
    Schade, daß Hitler sich damals nicht mit einem Käfer um einen Baum gewickelt hat.

    Zurück zur Gegenwart:
    Wer von uns braucht einen VW Phaeton, Audi Q7, BMW X6, Mercedes GL?
    Aber wir alle brauchen eine Zukunft, die wir nur durch weniger Gefahr im Straßenverkehr und sparsamere Autos realisieren können.
    Also weg von 2-Tonnen schweren, 250 km/h schnellen Boliden und her mit den Gesetzen, die solche Autos durch horrende Steuern und Tempolimits unsinnig machen.

    Zum Glück hat Haider’s Unfall keinen Unschuldigen getötet.

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