Rubbel dir einen … oder: Wieviel Rubbel braucht der Mensch?

Mein privat persönliches Kinheitstrauma ist ein ganz brutales.

Da war damals (und ist noch immer) am ersten August-Wochenende Kirmes in unserem Dorf gewesen. Drei Tage lang hieß es Autoselbstfahrer (der weisse Schimmel unter den Kirmesfortbewegungsmitteln), Hulli Gulli, Raupe und hin und wieder mal die Enterprise oder das Riesenrad. Das nötige Kleingeld kam von den Eltern und mit 20 DM pro Tag waren rein theoretisch immer noch 20 bis 15 Karusselfahrten möglich.

Anfangs.

Inflationistisch wurden die Möglichkeiten mit den Jahren immer weniger. Irgendwann waren es nur noch 10.

Aber eines hat mich immer wieder – verdammt noch eins – wie Hölle fasziniert: Kaum hatte die Kirmes begonnen, stiefelten bereits die ersten stolz wie Oskar mit einem dicken Plüschtier über die Kirmes rund um die Kirche.

Klar, dass ich auch sowas haben wollte. Und ich erinnere mich noch daran wie gestern, dass ich eines Jahres meine 20 Märker komplett in Lose investierte. Vier Asse benötigte ich für den Hauptgewinn, drei Asse hatte ich schon, aber das verdammte Kreuz-Ass wollte und wollte einfach nicht kommen. Egal wieviel Lose ich aufriss.

Meine Eltern konnten sich mein Elend nicht mit ansehen und haben dann mitgekauft.

Aber das verdammte Kreus-Ass.

Das elende.

Warum immer nur die anderen? Warum nicht wir?

Gelb vor Neid war ich, wenn ich dann sah, wie so ein riesig weißer Plüsch-Teddy aus dem Regal gezogen wurde und der Hansel von der Losbude beim Überreichen ein „Und wieder ein Hauptgewinn! Immer nur Hauptgewinne!“ ins Mikrofon trötete.

Nein, ich hatte an jenem Wochenende in einem Asche-Berg voller Kirmes ge- und nicht die Welt verstanden.

Die Kirche blieb im Dorf wie mein Glück jenseits von Eden.

Und mit „Pech im Spiel und Glück in der Liebe“ war da auch nichts.

Zu meinem Pech lief in Liebesglück auch alles wie ein Griff ins Klo.

Ich bin ja eigentlich nicht der Meinung, dass das wirklich ein „Kindheitstrauma“ sei, sondern das schlichtweg persönlich mir anhaftende Nicht-Erfolg-haben-sollen.

Schicksal.

Kismet.

Karma.

Chaos.

Lustverlusmaximierung.

Egal, welchem Namen man dieser Theorie geben möchte.

Da kam ich doch letztens an einer Bäckerei vorbei und irgendwie zog mich der Brötchenduft hinein. Halb trieb es mich, halb sog es mich. Auf dem Tresen sah ich dann die Rubbellose. „Wir verdoppeln ihr Gehalt“ verkündet in schwarzer Fettschrift die Überschrift unter den 28 Rubbelfeldern. In einer Münchener Tageszeitung werden täglich 6 Nummern veröffentlicht. Stimmt eine Nummer auf dem Rubbelschein mit der veröffentlichten überein, darf das Feld aufgerubbelt werden. Solange darunter Euro-Beträge sich wiederfinden, gibt es noch nichts. Erst wenn ein Glückssymbol auftaucht, gibt es die dann zuvor freigerubbelten Beträge.

Jetzt hatte ich mir beim Bäcker acht Scheine mitgenommen und rubbel jetzt fleissig Tag für Tag. Wenn denn was zu rubbeln ist. Manche scheine sind schon recht freigerubbelt, aber unter den letzten veröffentlichen Zahlen finde ich keine Treffer mehr.

Und irgendwie kommt jenes „Kindheitstrauma“ und jener bittere Beigeschmack des „ewigen Losers“ in mir hoch.

Doch die Rubbellose einfach weg zu werfen … das trau ich mich auch nicht. Denn nach Murphy Gesetzen würde ich dann sicherlich den Hauptgewinn …

Aber andererseits, wenn ich die Scheine behalte, dann gelten ebenfalls Murphys Gesetze und ich gewinne ich auch nichts …

Vielleicht enthalten meine Scheine auch kein Glückssymbol. Das könnte ich rausfinden, würde ich gleich alles aufrubbeln, aber dann wären die Scheine ungültig …

Egal, was ich zu tun gedenke, es wird nichts werden. Es wird immer genau das Gegenteil von dem eintreffen, was ich hoffen richtiges zu tun gedenke.

Was tun?, sprach Zeus, schnappte sich zwei Eier und verfiel in dumpfes Brüten.

Und wenn er sie ausgebrütet hat, dann werde ich hoffentlich entweder den Hauptgewinn errubbelt haben oder wissen, was ich mir zu rubbeln habe.

Nebenbei:

Heutzutage kommt man mit 10 Euro nicht wirklich weit. Maximal dreimal Karussel sind das heutzutage. Auf dem Münchener Oktoberfest bedeuten zehn Euro eine Maß Bier plus ein klitzekleines Tütchen gebrannter Mandeln (alternativ ein Hauch von Zuckerwatte).

Und am Glückslosstand besteht nach einer Maß Bier dann eh nun nur eine Chance. Die erste Losziehung muss sitzen …

2 Gedanken zu „Rubbel dir einen … oder: Wieviel Rubbel braucht der Mensch?

  1. Ich habe inzwischen den Verdacht, dass auf meinen Rubbellosen überhaupt kein Glückssymbol verborgen ist.
    Aber du hast Recht. Ich denke mir jetzt einfach, dass ich mit jedem Los Erfolg haben werde. :>>

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  2. Kennst du die Theorie der sich selbst erfüllenden Vorhersage –
    sag‘ dir doch mal einen ordentlichen Gewinn voraus –
    vielleicht klappt es dann auch mit der Losbude, Liebe … ;)

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